Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Stein.
Apropos Finanzausgleich: Der Umstand, dass ein Großteil der Steuermehreinnahmen über den Finanzausgleich anderen Bundesländern zufließen würde, rechtfertigt nichts. Denn das Grundgesetz schreibt die ordnungsgemäße Durchführung der Bundesgesetze vor.
Stoiber und Seehofer haben wiederholt mit großem Propagandaaufwand eine Steuerreform zur Entlastung der Bürger angekündigt. Es blieb bei den Ankündigungen. Faktisch aber gab es längst eine »Steuerreform« zugunsten potenter Steuerpflichtiger – durch Steuernachlässe und durch Unterbesetzung der Finanzämter. Es war eine Steuerreform auf kaltem Wege, vorbei am Bundestag und am Bundesrat. Die Eleganz lag darin, dass die Bürger dessen nicht gewahr werden konnten, weil sich alles innerhalb der Verwaltung abspielte.
Um genau zu sein: Einmal gab es dann doch eine Steuersenkung, allerdings eine sehr spezielle und sehr sonderbare.
Ursache Nr. 3: Politische Protektion durch einseitige Steuersenkung
»Horst Seehofers Finanz-Pirouetten« titelte die Süddeutsche Zeitung spöttisch am 19 . Dezember 2009 , nachdem Seehofer zusammen mit der FDP trotz riesiger Etatlöcher milliardenschwere Steuersenkungen durchgeboxt hatte.
Die SZ erinnerte daran, dass er im September 2007 in zwei Interviews geforderte hatte: »Erst neue Schulden weg, dann Steuern senken. Das ist die richtige Reihenfolge. Wer weiter Schulden macht, wird nie die Steuern senken können, da die Zinslast weiter wächst.« Jetzt hatte er genau das Gegenteil durchgesetzt. Hauptnutznießer waren jedoch komischerweise die Hotels, für die der Umsatzsteuersatz gesenkt wurde – die Bürger hingegen spürten so gut wie nichts von einer Entlastung.
Seehofer hatte zuvor die beabsichtigte Steuersenkung so begründet: Angesichts des Volumens der Haushalte »würde die Politik ihre Gestaltungsaufgabe nicht mehr wahrnehmen, wenn sie dazu nicht in der Lage wäre«. Das heißt: Je mehr die staatlichen Haushalte infolge ihrer Ausgaben an Umfang zunehmen, und – wie es in der Bundesrepublik der Fall ist – hierfür zusätzlich Schulden machen, desto eher kann man die Steuern senken! Mit dieser völlig neuen Erkenntnis hat Horst Seehofer die Finanzwissenschaft enorm bereichert und der Politik bis dahin ungeahnte Spielräume eröffnet.
Ursache Nr. 4: Politische Protektion durch den verweigerten Ankauf von Steuer-CDs
Auf der gleichen Linie liegt es, dass Bayern keine Steuer-CDs aus der Schweiz oder Liechtenstein angekauft hat. Es hat sich nur finanziell an den Ankäufen Nordrhein-Westfalens beteiligt – die Gefahr für bayerische Steuerhinterzieher war da ohnehin nicht mehr abzuwenden. Obwohl die Daten aus den Steuer-CDs zusammen mit den durch diese ausgelösten Selbstanzeigen dem bayerischen Fiskus seit 2010 mehr als eine halbe Milliarde Euro an Mehreinnahmen eingebracht haben, erklärte Finanzminister Söder überraschend im Oktober 2012 , er lehne eine weitere Beteiligung am Kauf solcher Datenträger ab: »Das machen wir nicht mit.« Entgeistert konnte man lesen, wie dazu die Presse Horst Seehofer zitierte: »Wir haben genug Steuereinnahmen, wir müssen nix zusammenkaufen.« Wie bitte? Wir haben genug Steuereinnahmen?
Anscheinend war Seehofer entfallen, dass der Freistaat Bayern 32 Milliarden Euro Schulden hat. Für deren Tilgung wollte er aber offenbar nicht das Schwarzgeld der Steuerhinterzieher in der Schweiz und Liechtenstein heranziehen. Zugleich freilich wurde bekannt, dass die Behindertenhilfe im Doppelhaushalt 2013 / 14 um sieben Millionen Euro gekürzt wurde.
Über die Weigerung, Steuer-CDs anzukaufen – das Bundesverfassungsgericht hat einen solchen Erwerb für zulässig befunden –, empörte sich Josef Bugiel, Vorsitzender der Bayerischen Finanzgewerkschaft: Das komme einer strafbaren »Strafvereitelung im Amt« gleich! Die Herren Seehofer und Söder aber ficht das nicht an.
Ganz anders lief das bei den Rentnern. Ende 2009 verschaffte sich der Fiskus Einblick in alle Rentendaten – private wie gesetzliche. 30 Millionen Datensätze wurden bearbeitet. Hunderttausende Rentner wurden vom Finanzamt aufgefordert, Steuererklärungen abzugeben – rückwirkend bis ins Jahr 2006 . Dabei machte Finanzminister Söder dann schon mit.
Der soziale Umgang
Nicht immer verhält sich jeder Spitzenpolitiker so freundlich, zurückhaltend und mitfühlend, wie er sich nach außen hin gibt. Die im Folgenden geschilderten Beispiele sind nicht zu verallgemeinern, werden aber erwähnt, weil es sich um CSU
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