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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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relativ geringste Zahl an Betriebsprüfern, Steuerfahndern und Umsatzsteuersonderprüfern, was zu »massiven Steuerausfällen« führt.
    Die Bayerische Finanzgewerkschaft prangerte an, neben dem Milliardengrab Landesbank sei das eine weitere desaströse Fehlleistung Stoibers gewesen. Dieter Ondracek, der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, erklärte empört, Bayern habe sich zu einer Steueroase entwickelt. Die Münchner Abendzeitung brachte auf der Titelseite: »Bayern – ein Paradies für Steuerbetrüger« – das daneben abgebildete Staatswappen zeigte die Aufschrift »Steuerfreistaat«.
    In der bayerischen Steuerverwaltung sind nicht nur 1900 vorhandene Planstellen nicht besetzt, sondern überdies wären zusätzliche Planstellen dringend erforderlich. Im Durchschnitt erbringt ein Betriebsprüfer jährlich Steuereinnahmen in Höhe von drei Millionen Euro, ein Umsatzsteuersonderprüfer 1 , 5 Millionen Euro und ein Steuerfahnder über eine Million Euro. Dazu der Rechnungshof: »Allein bei der Betriebsprüfung waren mehr als 400 Stellen nicht besetzt. Auch für die Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung wird zu wenig Personal eingesetzt, obwohl es hier um Milliardenbeträge geht.« Wohlgemerkt: um Milliardenbeträge! Der Rechnungshof weiter: »Mit mehr Mitarbeitern würden auch mehr Steuern eingenommen, weitaus mehr, als das zusätzliche Personal kosten würde.«
    Wenn dem so ist, warum hat Stoiber das Steuerpersonal derart reduziert? Warum nur weigerte sich Seehofer selbst dann, als ihm der Rechnungshof zum wiederholten Male diese Rechnung aufmachte, mehr Finanzbeamte einzusetzen? Ruppig fertigte er den Rechnungshof ab: »Zur Politik der Bayerischen Staatsregierung gehört es nicht, dass wir unseren Personalapparat noch deutlich vergrößern. Im Gegenteil, wir müssen eher schauen, dass wir Planstellen abbauen.« Das war unlogisch, denn mehr Steuerbeamte bringen dem Staat weit mehr Geld, als sie kosten. Finanzminister Markus Söder befand, die Forderung des Rechnungshofs sei übertrieben. Denn: »Die bayerischen Bürgen zahlen anständig ihre Steuern.« Träfe das zu, könnte man auch die vorhandenen Prüfer abschaffen – lächerlicher konnte die Antwort nicht sein!
    Doch nicht allein der Bayerische Rechnungshof und die Finanzgewerkschaft, auch der Bundesrechnungshof haben Stoiber und Seehofer seit Jahren diesen Vorwurf der faktischen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in riesigem Umfang gemacht. Warum stellten beide sich taub? Was war ihr Motiv?
    Zu Recht rügte die Finanzgewerkschaft, die Staatsregierung habe »keine plausible Antwort«. Ansonsten ist die Staatsregierung um keine Antwort verlegen. Warum aber hier? Ausgerechnet bei einer so einfachen Frage?
    Die Wahrheit ist schlicht: Man will seit Strauß eine bestimmte Klientel schonen! Strauß hatte als Ministerpräsident zur Betriebsprüfung und Steuerfahndung dekretiert: »Da hilft nur eines, die Planstellen abbauen!« Das war er seinen noblen Gönnern schon schuldig. Es galt das eiserne Prinzip: »Do, ut des!« (»Ich gebe, damit du gibst!«) Und so geschah es auch. Das illegale Vorgehen zahlte sich wohl aus: Unter den deutschen Parteien ist die CSU die Spendenkönigin. Laut Bundestagsverwaltung erhielt sie 2008 von Unternehmen 6 , 4 Millionen Euro, die ungleich größere CDU nur geringfügig mehr: 7 , 5 Millionen Euro, die FDP gar nur 2 , 69 Millionen Euro. Um sich die eigene Position als Ministerpräsident und Minister zu erhalten, schanzt man den Spendern rechtswidrig eine steuerliche Kompensation zu! Eine bodenlose Unverfrorenheit! Um die persönliche Karriere geht es, um nichts anderes. Das erklärt, warum die regierenden Herrschaften »keine plausible Antwort« geben können.
    Die Steuerausfälle mussten und müssen durch Kreditaufnahmen ausgeglichen werden. Man führe sich das Paradoxe einmal vor Augen: Statt die kraft Gesetzes angefallenen Steuern in vollem Umfang einzuziehen, deckt man die Ausgaben durch Kredite! Man praktiziert teilweise genau das, was man den Griechen vorwirft! Die Zinsen hierfür bezahlen alle anderen Steuerzahler, insbesondere die der künftigen Generation. Unter dem ständigen Druck des Rechnungshofs wurden in den Doppelhaushalt 2013 / 14 schließlich 200 Planstellen für Betriebsprüfer eingestellt. Diese stehen jedoch erst in fünf Jahren nach ihrer Ausbildung zur Verfügung – das bereitet Seehofer keine Qualen, denn dann genießt er bereits seinen Ruhestand. Die Zahl ist ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen

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