Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
Vom Netzwerk:
eine Spende an Ministerpräsident Edmund Stoiber in Höhe von 25 000 Euro gestoßen. In dem Begleitschreiben sei eine gewisse Erwartungshaltung gegenüber Edmund Stoiber zum Ausdruck gekommen. Über diesen Fund habe das Landeskriminalamt pflichtgemäß die Staatsanwaltschaft informiert.
    Und dann erhob der Kriminalhauptkommissar einen schwerwiegenden Vorwurf: Nachdem man der Staatsanwaltschaft die Erkenntnisse über die Spende Schottdorfs gemeldet hatte, habe seine Sonderkommission »unheimliche Schwierigkeiten« gehabt, weiter zu ermitteln. Sie sei abrupt von 17 auf vier Mann reduziert worden. Außerdem habe er Anweisung bekommen, die Ermittlungen gegen zehn Ärzte in München nicht weiterzuverfolgen. Er rügte zornig: »Ich habe noch nie erlebt, dass in ein Verfahren so massiv eingegriffen wurde.« Dieser Vorwurf der Strafvereitelung im Amt (Paragraf 258 , 25 8 a des Strafgesetzbuchs) war unausgesprochen gerichtet gegen die Staatsanwaltschaft und die polizeilichen Vorgesetzten, aber zugleich gegen Justizministerin Beate Merk als Vorgesetzte der Staatsanwaltschaft sowie gegen Innenminister Günther Beckstein als Vorgesetztem des Landeskriminalamts. Angesichts der Brisanz der aufgefundenen Spendenunterlagen war davon auszugehen, dass sie beide eingeschaltet waren.
    Der Vorwurf von Kriminalhauptkommissar Sattler wurde in der Berichterstattung der Presse von einem zweiten Beamten des Landeskriminalamts bestätigt: »Ab dem Zeitpunkt war es unwahrscheinlich schwierig weiterzuarbeiten«, sagte dieser. Und ein weiteres Mitglied der Sonderkommission beklagte in einem großen Bericht der Süddeutschen Zeitung : »Da wurden viele Monate Ermittlungsarbeit einfach in die Tonne getreten. Das stinkt doch.« Jeder, der weiß, wie ängstlich normalerweise Beamte sind, kann ermessen, welch ohnmächtiger Zorn sich hier bei den Beamten aufgestaut hatte. Offensichtlich brannten sie darauf, die skandalösen Vorgänge in dem anstehenden Prozess dem Gericht und der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen. Die unverhohlene Missachtung der Gesetze »durch die da oben« war das eine, was sie empörte. Die erlittene Demütigung war das andere. Beides zusammen hatte in ihnen eine gewaltige Frustration erzeugt.
    Selbstverständlich widersprachen der Generalstaatsanwalt und Oberstaatsanwälte sofort den schweren Anschuldigungen: Es habe niemals politischen Einfluss auf die Ermittlungen gegeben, alles sei in Ordnung!
    Justizministerin Beate Merk ließ durch einen Sprecher kurioserweise verkünden: »Das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft haben gesagt, dass es keine Einflussnahme gab, also werden wir hier erst einmal nicht intensiver einsteigen.« Das Justizministerium musste ja wohl selbst wissen, ob es Einfluss genommen hatte oder nicht oder ob gar Ministerpräsident Edmund Stoiber hier aktiv geworden war. Deshalb brauchte es wirklich nicht »intensiver ein(zu)steigen«.
    Der Chef der Ermittlungsabteilung des Landeskriminalamts konnte jedoch den Abbau der Sonderkommission nicht bestreiten. Er versuchte ihn gegenüber der Presse damit zu erklären, man habe die Beamten bei anderen Ermittlungen gebraucht. Den Vorwurf Sattlers entkräftete er damit, dass er ihn auf freundliche Art für unzurechnungsfähig erklärte: »Man muss unseren Ermittler verstehen. Er hat viel Herzblut in die Untersuchungen gesteckt und deshalb eine subjektive Sichtweise auf den Fall.« Dazu stand aber in Widerspruch, dass auch der zuständige Staatsanwalt die Ermittlungen energisch vorantrieb. Er wollte, wie er vor Gericht aussagte, den Münchner Fall als Pilotverfahren durchführen, um einen groß angelegten Medizinbetrug aufzudecken. Auffälligerweise wurde er plötzlich als Richter an das Oberlandesgericht München versetzt. Warum löste man einen eingearbeiteten Staatsanwalt gerade dann ab, wenn es um den mit Edmund Stoiber gut bekannten Schottdorf ging? Warum hatte man seinerzeit den gewissenhaften Staatsanwalt Winfried Maier in Augsburg in dem Moment versetzt, als es um Max Strauß, Karlheinz Schreiber und Holger Pfahls ging? Warum ließ man sie diese Verfahren nicht zu Ende führen?
    Wie gewaltig die Wut der Kriminalbeamten war, zeigte sich schon daran, dass sich die Affäre bereits vor dem Prozesstermin herumsprach. Ein Bekannter hat mir den Skandal mit etlichen Details geschildert. Ein Beamter des Landeskriminalamts soll sogar, wie von verschiedener Seite zu erfahren war, einem Vorgesetzten entgegengehalten haben: »Wir sollen gegen die organisierte

Weitere Kostenlose Bücher