Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
vonnöten wäre, zeigen die immer wieder bekannt gewordenen Steuerskandale.
Die Erwartungen der politischen Spitze an Richter und Staatsanwälte
Politiker erwarten von der Justiz häufig Berücksichtigung ihrer Interessen – erst recht dann, wenn der Justizminister von der eigenen Partei gestellt wird. Die Richter weisen heute selbst darauf hin, dass sich ihre Beförderungsabhängigkeit von der politischen Spitze auf die Entscheidungen auswirken kann. Sie fordern deshalb, dies zu ändern, etwa durch Selbstverwaltung wie zum Beispiel in Italien.
So unglaublich es klingt: Die Justiz kann man im Geheimen als politisches Steuerungsinstrument zum Machterhalt missbrauchen! Eigene Parteigänger und Wohltäter, die üppige Parteispenden geben, werden vor Strafverfolgung verschont – da gibt es angeblich keine »ausreichenden Anhaltspunkte« für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, oder ein Verfahren wird gegen Zahlung einer bescheidenen Geldauflage eingestellt. Gegen Störenfriede und andere missliebige Personen hingegen geht man mit aller Härte oder sogar mit konstruierten Begründungen vor.
Krass sind die Missstände und Missbräuche bei den Staatsanwaltschaften. Vor allem die für die Öffentlichkeit nahezu unsichtbaren Generalstaatsanwälte sind politische Vertrauensposten in Reinkultur. Sie bilden den verlängerten Arm des Justizministers, der über sie unbemerkt die Staatsanwaltschaften steuern kann. In Bayern gibt es drei Generalstaatsanwälte, jeweils bei den Oberlandesgerichten in München, Nürnberg und Bamberg. Bei der Besetzung des Postens in Nürnberg im Jahr 2011 intervenierten der Richterverein und die Staatsanwaltschaftsvertreter bei Justizministerin Merk wegen des Verdachts politischer Stellenbesetzung.
Politische Zuverlässigkeit wird aber auch von den Leitern großer Staatsanwaltschaften erwartet, wie Jörg Hillinger, der unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommene integre Leiter der Staatsanwaltschaft Augsburg, öffentlich kundgetan hat. Er hatte sich massiv gegen Eingriffe von oben wehren müssen und dem Justizministerium vorgeworfen, Vorwarnungen weiterzugeben sowie den Generalstaatsanwalt rechtswidrig dazu veranlasst zu haben, von Richtern unterschriebene Haftbefehle einzubehalten.
Strauß spottete als Kanzlerkandidat 1980 bei Treffen mit Wirtschaftsführern über die gegen die CDU wegen Parteispenden laufenden Strafverfahren: In Bayern gebe es mit Staatsanwälten keine Probleme, die seien an der kurzen Leine.
Der hoch angesehene Steueranwalt Peter Spörlein griff nach dem berüchtigten Steuererlass über 67 Millionen Mark für den Bäderkönig Eduard Zwick und dem ausgefallenen Zwei-Milliarden-Euro-Kredit der Landesbank für Leo Kirch in Strafanzeigen und über die Presse die verantwortlichen Politiker an: Edmund Stoiber, Georg von Waldenfels, Erwin Huber, Kurt Faltlhauser sowie den Justizminister Hermann Leeb. Natürlich vermochte er mit seinen Strafanzeigen nicht durchzudringen. Aber er erzählte mehrmals, dass ihn immer wieder Vorsitzende Richter im Münchner Strafjustizzentrum angesprochen und ermuntert hätten: Geben Sie nicht auf, Herr Spörlein! Machen Sie weiter! Sie glauben ja gar nicht, was bei uns los ist!
Die Außenansicht einer Justizministerin
Am 12 . Juli 2010 leitete Justizministerin Beate Merk im Münchner Justizpalast eine Podiumsdiskussion zum Thema, wie die Polizei gegen gewalttätige Ausschreitungen besser zu schützen sei. »Ich fordere härtere Strafen. Wir müssen drakonischer rangehen!«, war von ihr zu hören. Wer aber schützt die Polizeibeamten vor Beate Merk? Oder vor ihren Dienstmannen? Beamte des Landeskriminalamts, insbesondere der Kriminalhauptkommissar Stephan Sattler und der Kriminalkommissar Robert Mahler, können davon ein Lied singen (s. »Die Kriminalkommissare Stephan Sattler und Robert Mahler«, S. 279 ff.).
Und wer schützt andere Personen vor ihr und ihren Helfern? Der Ingenieur Gustl Mollath, dessen unglaubliche Leidensgeschichte noch geschildert wird (S. 318 ff.), ist ein lebendes Mahnmal. Was mir selbst widerfahren ist, gemeint ist der Fall Strauß, demonstriert, wie man in »politischen« Fällen unter der Aufsicht von Beate Merk vorgeht. Allein schon, dass das von den Geschwistern Strauß initiierte Strafverfahren bisher drei Jahre lang offengehalten wurde – ohne dass man (von einem von der Staatsanwaltschaft Bochum angeregten Rechtshilfeersuchen abgesehen) offenbar überhaupt ermittelt hätte.
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