Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
den integren Justizminister Alfred Sauter wahrheitswidrig zum Sündenbock der LWS -Affäre gemacht und gefeuert hatte. Profilieren sollte sich Weiß allerdings nur ein einziges Mal. Das aber erst nach seiner kurzen Amtszeit, die im Herbst 2003 endete. Und das kam so:
Etliche Bürger des Städtchens Heideck in Mittelfranken waren mit ihrem CSU -Bürgermeister nicht mehr einverstanden, obwohl sie durchaus für die CSU waren. In einer Versammlung klagten 35 Heidecker dem früheren Justizminister, der jetzt CSU -Kreisvorsitzender war, ihr Leid. Zugleich erklärten sie, in die CSU eintreten zu wollen. Weiß sagte ihnen die Aufnahme zu. Dann aber wurde elf Heideckern die Aufnahme in die Partei verweigert – vermutlich weil der CSU -Kreisverband eine »feindliche Übernahme« befürchtete. Wütend darüber, dass Weiß sein Versprechen nicht eingehalten hatte, protestierten zwei der Abgelehnten, Peter Villhauer und Martin Zeh, zusammen mit einem CSU -Mitglied vor dem Kongresszentrum in Nürnberg, wo gerade der CSU -Parteitag stattfand, mit einem Plakat, auf dem stand: »Stoppt Dr. Weiß! Kein Lügner in den Landtag. Dr. Manfred Weiß hat 35 Heidecker Bürger belogen.«
Der Justizminister a. D. stellte daraufhin Strafantrag. Die Staatsanwaltschaft, von Verfolgungseifer beseelt, erhob Anklage wegen »Verleumdung gegen eine Person des politischen Lebens«. Das Verfahren dauerte 16 Monate, nicht weniger als vier Staatsanwälte waren damit befasst. Das Amtsgericht stellte das Verfahren zunächst ein, wogegen die Staatsanwaltschaft Berufung zum Landgericht einlegte – zugunsten von Weiß. Dieser sagte vor dem Landgericht aus, niemals habe er den Heideckern die Aufnahme in die CSU versprochen. Nachdem der Richter aber fünf Zeugen vernommen hatte, äußerte er, es gebe keinen Zweifel mehr, dass Weiß die Aufnahme zugesagt habe. Das Selbstzeugnis des Manfred Weiß war damit entwertet. Villhauer und Zeh wurden freigesprochen. Der Fall ging groß durch die Presse.
In Schreiben an Ministerpräsident Horst Seehofer und den CSU -Fraktionsvorsitzenden Georg Schmid stellte Villhauer nach dem Urteil die Frage: »Hat ein Abgeordneter, der als Lügner in der Öffentlichkeit steht, überhaupt noch die Legitimation, sein Mandat auszuüben? Ich meine, nein.« Trotzdem blieb Weiß Landtagsabgeordneter.
Doch das Verhalten von Manfred Weiß, der von sich selbst behauptet, Ehrlichkeit und Geradlinigkeit seien stets sein Markenzeichen gewesen, bedarf noch einer weitergehenden kritischen Betrachtung. Wie erwähnt, hat das Landeskriminalamt, als es seinerzeit von der Staatsanwaltschaft Augsburg gebeten war, das gelöschte Datenband von Max Strauß wieder lesbar zu machen, die Amtshilfe verweigert. Als diese skandalösrechtswidrige Weigerung publik wurde, behauptete Weiß am 4 . Mai 2000 im Landtag, dies sei keineswegs mangelnde Mitwirkungsbereitschaft gewesen, vielmehr hätten die technischen Voraussetzungen gefehlt. Darauf hatte sich das Landeskriminalamt in seinem Ablehnungsschreiben jedoch nicht berufen, sondern einen ganz anderen Grund vorgeschützt, nämlich dass sie einen privaten Sachverständigen nicht unterstützen wolle. Demnach sagte Weiß im Landtag die Unwahrheit.
Als Weiß Justizminister war, liefen in Augsburg die Ermittlungsverfahren gegen Max Strauß, Holger Pfahls, Walther Leisler Kiep und andere. Der damit betraute Staatsanwalt Winfried Maier beklagte sich 2001 vor dem Schreiber-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags bitter, wie er »von oben« her in seinen Ermittlungen behindert und schikaniert worden sei, insbesondere von dem damaligen Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer. Daraufhin sagte dieser vor dem Untersuchungsausschuss, er habe stets in Übereinstimmung mit dem Justizministerium gehandelt.
Justizminister Manfred Weiß distanzierte sich in keiner Weise von seinem Generalstaatsanwalt. Im Gegenteil: Als dieser in Pension ging, lobte er in einer Feierstunde die Leistungen Froschauers über alle Maßen. Auch das war ein Selbstzeugnis des Justizministers.
Der »geblitzte« und der bestrafte Landtagsvizepräsident
Ein Polizeibeamter des gehobenen Dienstes schilderte in einem Bericht an das Innenministerium eine Reihe missbräuchlicher Amtsausübungen. Er berichtete unter anderem: Ein CSU -Landtagsvizepräsident sei von Beamten seiner Dienststelle im Stadtgebiet »geblitzt« worden. Es habe ein Fahrverbot gedroht. Daraufhin sei vor Auswertung des Films das Kennzeichen des Politikers aus der Liste der
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