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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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Käufer, auch solche, die eine gute Ausbildung und einen soliden Job haben.«
    Sie fühle sich wie in einem dunklen Loch, wischt sich die Schuldnerin die Tränen. »Ich werde lange klettern müssen, bis da wieder Licht ist.«
    Im Firmenbüro sichten Swodecks Mitarbeiter derweil die Kreditverträge derer, die das Kleingedruckte besser gleich gelesen hätten. Und raufen sich die Haare über vieles, was da üblich war. »Du konntest Kaufgeschäfte abschließen, ohne dass irgendwer nach Sicherheiten fragte«, schüttelt Partner Pete Gliniak den Kopf. »Da wurden einfach fiktive Vermögen als Sicherheiten eingetragen. Und das bei Kaufpreisen bis zu 700 000 Dollar.«
    Das Erste, was er und Swodeck von neuen Kunden wissen müssen, ist der wahre Kontostand. Doch auch da erlebten sie schon Überraschungen. »Der Letzte, den wir hier nach seinen Bankauszügen fragten, um Spielraum auszuloten«, erzählt Gliniak, »gab am Ende offen zu, dass er nie ein Bankkonto besessen habe. Er hatte auch nie Geld und nie einen Job.« Er sei schließlich erst vor Kurzem aus dem Knast entlassen worden, nach fünf Jahren Haft, habe er ihnen gebeichtet. »Trotzdem hat er es hinbekommen, sich sieben Häuser zu kaufen. Alle auf Pump.«
    »Den Leuten wurde vorgegaukelt, es gebe keine Grenzen für ihre Wünsche mehr«, sagt Swodeck, als sein Arbeitstag endet. Mit nur einem Prozent Anfangszins wurden die Käufer in Verträge gelockt. In den Fußnoten fanden sie später, was sie endgültig in den Ruin trieb, sobald die Wertzuwächse ausblieben: Zinsraten, die schon nach kurzer Zeit auf 16 Prozent nach oben schossen.
    Nahe Washington treffen wir später Spezialermittler der Bundespolizei. Auf den Termin haben wir lange gewartet. Sie wollen uns darlegen, wer sich auf dem Hypothekenmarkt noch alles herumtreibt – auch ohne je zu zahlen. Und wie das funktioniert. Der Dienstsitz ihrer Sondereinheit ist ein klotziger Plattenbau jenseits der Grenze zum Bundesstaat Virginia. Hinter der Sicherheitsschleuse erwarten uns Fahndungsleiter Michael Mines und sein Kollege Jason Pack, beide im dunklen Anzug, eher aufgeräumte Powerpoint-Presenter als Schlapphut-Detektive. Aus ihren Fotodateien zeigen sie mir Mittelklasse-Einfamilienhäuser. In Pastellfarben gestrichene Holzfassaden, Frontgiebel, Veranda mit Schaukelstuhl.
    »Damit fing vor Jahren alles an«, sagen sie. Der Markt sei attraktiv gewesen. Das sei auch Gangstern aufgefallen.
    »Nehmen wir an, die kauften so ein Haus für 100 000 Dollar«, erklärt mir Pack. »Danach schmierten sie einen Gutachter, damit er den Wert auf das Doppelte schätzte, und besorgten sich damit von der Bank einen Hypo-Kredit von 200 000 Dollar. Damit machten sie sich aus dem Staub. Der Bank blieb die Immobilie zur Zwangsversteigerung. Und 100 000 Dollar Verlust.«
    Es sei denn, das FBI fange die Betrüger, wende ich ein.
    »Wenn denn die Bank es meldet«, erwidert Pack trocken. »Die Immobilienpreise stiegen ja so schnell, dass sie auch Betrugsschäden bald ausglichen. Die Banken riefen gar nicht mehr nach uns, weil sie gar keine Verluste hatten.«
    Umgekehrt habe sich Kreditbetrug für organisierte Kriminelle derart gelohnt, dass diese sogar ihre angestammten Milieus wie Drogenhandel oder Zuhälterei dafür verlassen hätten. Nun stapeln sich beim FBI einerseits die alten Gangsterakten und andererseits neue, die eher hinter die Glitzerfassaden der Finanzwelt führen. »Wir erhalten von unseren Undercover-Quellen, auch an der Wall Street, immer mehr Hinweise auf die windigen Kreditpakete, die im Umlauf sind«, sagt mir Mines. »Da wird es um bewusste Falschaussagen des Managements gehen, was den Zustand ihrer Bank angeht. Etwa wenn sie noch lange nach Beginn der Krise öffentlich beteuerten, ihr Unternehmen sei gesund, obwohl sie wussten, wie viele Problemkredite intern schon identifiziert waren.«
    Auch wegen Insiderhandels werde ermittelt, weil manche Manager vor dem Kurssturz ihre eigenen Bankanteile noch verkauft hätten. »Es ist nicht immer leicht, das nachzuweisen«, räumt Pack ein. »Je öfter ein Betrugskredit weitergereicht wird, desto mehr werden Delikte wie Urkundenfälschung, Datendiebstahl oder Betrug verschleiert.«
    Trotzdem, man komme überall voran. Auf einer Amerika-Karte hatten sie anfangs die auffälligsten Bundesstaaten rot markiert: Kalifornien, Nevada, Florida. Inzwischen ist der halbe Kontinent gefärbt. »Wissen Sie«, sagt Mines, »so mancher, der sich zunächst sicher fühlte, fand es bald klüger,

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