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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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offen mit uns zu reden. Auch darüber, was er über Geschäftspartner wusste. Und siehe da, schon hatten sich unsere Ermittlungen erweitert.«
    Andererseits, so erfahren wir beim Gehen, schauten nun auch die Syndikate nach vorn. »Immer dorthin, wo viel Geld im Umlauf ist«, sagen die Fahnder. »Also nun auf die Milliardenhilfen für Hauskäufer und Wirtschaft.«
    Auf den Kameraschwenk durch das Großraumbüro der Finanzfahnder müssen wir verzichten. Mitarbeiter protestieren dezent gegen den Wunsch. Sie seien als verdeckte Ermittler eingesetzt und müssten Kameras meiden. Mein Hinweis, dass wir allein für die Nachrichten in Deutschland berichten würden, hilft nichts. Natürlich, so verblüffen sie uns, seien sie auch dort unterwegs.
    Ob mit oder ohne ihr Zutun: Im Spätsommer 2011 klagt die US-Regierung 18 internationale Großbanken wegen betrügerischer Kreditgeschäfte im Milliardenumfang an. Darunter ist auch die Deutsche Bank. Zudem sorgt ein New Yorker Gericht für einen Paukenschlag in der Finanzrechtsprechung: Es verurteilt einen Hedgefonds-Manager zu elf Jahren Haft, der höchsten Strafe, die in den USA je wegen Insiderhandels verhängt wurde. Zwei Jahre lang hatten die Strafverfolger ermittelt und in über 50 Fällen Vorwürfe erhoben. Fast alle endeten mit Verurteilungen. »Diese Delikte sind die Folge eines Virus in unserer Wirtschaftskultur, das ausgemerzt werden muss«, begründet der Richter das Urteil. »Sie sind ein Angriff auf den freien Markt.«
    Monate später erzielt die Obama-Regierung mit fünf Großbanken einen Vergleich. Demnach willigen sie ein, an Opfer der Immobilienkrise 25 Milliarden Dollar auszuzahlen. Es ist die umfassendste Entschädigung, die eine US-Regierung gemeinsam mit den Bundesstaaten je ausgehandelt hat.
    Bei Anruf Kreditkarten
     
    Im Schatten riesiger Redwood-Bäume winden wir uns bald darauf am anderen Ende Amerikas eine kurvige Landstraße hoch. Immer wenn sie kurze Blicke über die sonnenwarmen Hänge freigibt, lugen Schindeldächer durch die Wipfel, Kamine, Terrassen mit Aussicht. An Abzweigungen weisen lange Briefkastenreihen darauf hin, dass der Wald dichter bewohnt ist, als es von der Hauptstraße aus scheint. Doch die Adresse, die wir ins Navigationssystem getippt haben, kann es lange nicht orten.
    Etwa eine Autostunde südlich von San Francisco suchen wir einen kranken Mann, der wieder bei seiner Mutter wohnt. Den Kampf gegen die Leukämie hat er bisher gewonnen, den gegen seinen zweiten Feind noch nicht: Amerikas Kreditkarten- und Bankenbranche. Ausgerechnet er jedoch könnte der Erste sein, dem dieser Sieg gelingt.
    Eric Drew, ein freundlicher, hünenhafter Mann um die 40, dem nach der Chemotherapie das dunkle Haar gerade nachwächst, humpelt noch auf Krücken. Doch er ist ein Kämpfer. Er lag schwer krank auf der Krebsstation, als ein Unbekannter seine Bankdaten aus dem Klinikcomputer stahl. Erst als eine Kreditkartenfirma ihm schrieb, um ein erhöhtes Dispo-Limit zu bestätigen, fiel Eric auf, dass etwas nicht stimmte.
    »Ich hielt das für ein Versehen, rief dort an und sagte: ›Ich habe nichts beantragt, löschen Sie das bitte!‹ Ich dachte, damit sei es erledigt, denn ich hatte andere Sorgen«, blickt er zurück. Doch die Banken häuften weiter Schulden an, am Ende Abertausende von Dollar, auf Konten, die er nie eröffnet hatte. Längst hatte ihm da der Betrüger, der sich als sein Schattenmann ausgab, die Identität geraubt. Und Eric musste fortan nachweisen, dass nur er wirklich er selbst war. »Ich wandte mich an die Polizei, an die Postaufsicht, an den Geheimdienst, an alle, die sich um Finanzbetrügereien kümmern. Und alle sagten: ›Wie wollen Sie denn das belegen, was Sie da behaupten?‹ Keiner glaubte mir.«
    In seinem Notebook klickt er Fotos an, auf denen er kahlköpfig im Klinikbett liegt, seine tapfere Mutter steht neben ihm. Ein anderes zeigt ihn mit einer Tropfflasche, die er gerade in einen Rucksack packt, damit die Medizin von dort durch einen Schlauch in seine Venen läuft. So konnte er erstmals das Krankenhaus verlassen. Auf dem letzten Foto posiert er vor einem unscheinbaren Haus, den Rucksack noch immer umgeschnallt, und zeigt auf Eingangstür und Briefkasten.
    Mithilfe eines Lokalreporters und viel Glück hat er den Betrüger selbst ausfindig gemacht. Eine auffällige Buchung auf den Kreditauszügen führte Eric zu einem Supermarkt, der Videoaufnahmen vom Kassenbereich aufbewahrte. Der Abgleich von Kaufdatum und Uhrzeit wies auf

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