Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)
angehört, und mit Hillary Clinton, die gegen mich um die Präsidentschaft kämpfte.« All das sei in jener Nacht nicht wichtig gewesen. »Warum«, so fragt er die Abgeordneten, »sollten wir im Kongress dem Land nicht ebenso erfolgreich dienen können?«
Seine Rede ist nicht kämpferischer als die letzte, in der er die Republikaner noch stakkatoartig aufforderte, »sein Job-Gesetz zu verabschieden«. Doch sie ist detailliert, entschieden und geschickt. Das Vorbild des Militärs, mit dem er sie einrahmt, kann kein Konservativer kritisieren. Und auch sonst sucht er jede Schneise zu schließen, durch die Boehner, Romney und Gingrich zuletzt ihre Attacken ritten.
Amerika im Würgegriff des Sozialismus? »Wir bekämpfen finanziellen Erfolg nicht, wir bewundern ihn«, kontert er. Aber die Amerikaner wüssten, wenn Millionäre Steuergeschenke erhielten, die sie gar nicht brauchten und die sich das Land nicht leisten könne, dann erhöhe das entweder die Schuldenlast oder andere müssten dafür bezahlen.
Er tue zu wenig gegen die Rekordschulden und nicht genug gegen die Arbeitslosigkeit? »Nehmt die 200 Milliarden, die wir in den nächsten Jahren nicht mehr für Kriege ausgeben«, fordert er, »zahlt mit der Hälfte davon Schulden ab und repariert mit der anderen Hälfte unsere kaputte Infrastruktur.« Ein solches Gesetz unterschreibe er sofort.
Zu lasche Iran-Politik? Das Regime dort sei isolierter denn je, dank seiner Diplomatie. Eine friedliche Lösung sei noch immer möglich. Dennoch lasse er »alle Optionen auf dem Tisch«, um Teherans Bombe zu verhindern.
Klassenkampf im Innern? Jeder im Land solle eine faire Chance haben, aber auch jeder nach den gleichen Regeln spielen. »Wir sind zu weit gekommen, um jetzt wieder umzudrehen«, mahnt er und verweist auf seine Finanzreform, die neue Bank-Bailouts verhindere und besseren Verbraucherschutz gewährleiste, als Lehre aus der Krise. Auch er wolle nicht etwa mehr Regulierung, sondern klügere. »Wir werden jedenfalls nicht zurückkehren«, verspricht er, »zu faulen Krediten und zu erschwindelten Finanzprofiten.«
Seine Abkehr von Versöhnungsangeboten an die Republikaner ist durchkalkuliert. Erstmals messen Obamas Strategen, dass seine Botschaft von der wachsenden Wohlstandslücke nicht nur die eigene Basis motiviert, sondern auch bei Unabhängigen verfängt. Das war nicht immer so. Als Obama zuletzt eine Sondersteuer auf Jahreseinkommen über 250 000 Dollar vorschlug, erntete er auch bei Normalverdienern kaum Applaus dafür. Offenbar hofften zu viele, die Summe liege noch in ihrer Reichweite. Stillschweigend hat Obama sie nun erhöht und zieht die Reichtumsgrenze erst bei einer Million pro Jahr. Jenseits derer solle künftig jeder einen Mindeststeuersatz von 30 Prozent entrichten. Gingrich erfüllt dies, Romney nicht. Doch es ist kein Geheimnis, dass dem Weißen Haus Gingrich als Gegner lieber wäre.
Das konservative Wall Street Journal macht da schon keinen Hehl mehr daraus, dass es die Hoffnung auf die Republikaner aufgegeben hat. »Dieses Kandidatenfeld ist wie Medizin, die einem nicht hilft«, schreibt es in einem Leitartikel und spricht schon von »Gaius Gingrich« als eine Art Cäsar, dessen Kandidatur zwar ein unterhaltsames Finale verspreche, nicht aber die Rückkehr der Republikaner an die Macht. Über Romney richtet das Blatt noch vernichtender. Er sei wie ein Roboter – und im Grunde ein »hohler Mann«, der für nichts stehe. Die Partei verdiene es, gegen Obama zu verlieren.
Auch Beobachter Stephen Hess sieht Obama weiter im Vorteil – und die Republikaner vor einem inneren Desaster. Normalerweise sei eine Partei dafür da, Wahlen zu gewinnen. »Die Ultrarechten treibt stattdessen offenbar eine Art politische Todessehnsucht«, sagt er uns. »Sie ideologisieren die Partei, auch um den Preis, dass sie verliert. Zuletzt erreichte das Barry Goldwater 1964. Auch er verprellte die Gemäßigten in der Partei und stärkte damit letztlich die Demokraten Lyndon Johnsons.«
Der Partei bleibe tatsächlich nur Mitt Romney. Er debattiere geschickt, sei erfahren, habe viel Geld und ein eingespieltes Wahlkampfteam. Alle wüssten, dass er der aussichtsreichste Kandidat sei. Aber er sei kein Ideologe. »Die Frage ist also: Wollen die Republikaner gewinnen oder wollen sie etwas anderes?«
»Konservatismus statt Kleinmut«
Newt Gingrichs Hoffnung, mit dem Rückhalt der Parteirechten Romney früh zu überflügeln, erfüllt sich nicht. Vielmehr macht ihm der
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