Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)
Fertigung zurück ins Kernland. Mal sind es Haushaltsmixer, mal Sportgeräte, deren Hersteller sich umorientieren. Selbst Autobauer Ford will 1400 Jobs heimholen – aus Mexiko. Die Zuwächse am Arbeitsmarkt könnten sich so fortsetzen, gerade für Ungelernte. Der Staat müsse dies fördern, drängt Obama den Kongress, ganz im Sinne Bürgermeister Helds, statt weiter jenen Firmen Steuergeschenke nachzuwerfen, die Jobs wegexportierten.
Wird ihm ein anhaltender Aufschwung die nötigen Stimmen bringen?
»Ich bin nicht sicher, ob er oder ein Republikaner besser für unser Land ist«, sagt uns ein Mann am Fließband. »Ich beobachte das noch.«
Seine Kollegen, darunter viele Latinos, sehen es genauso. Doch die meisten räumen ein, dass sie die Tagespolitik nicht eben interessiert.
Das Netzwerk wächst
»Gewiss, unsere Wirtschaft ist noch nicht robust genug«, sagt uns Obamas Wahlkampfstratege Terry McAuliffe, als er im Bundesstaat Virginia mal wieder ein neues Kampagnenbüro eröffnet.
»Aber es bleibt wahr, dass Obama die schlimmste Krise geerbt hat seit der Großen Depression der Dreißigerjahre. Das verstehen auch die Wähler, ebenso wie sie erkannt haben, wie der Kongress ihn all die Jahre über blockiert hat. Dennoch hat er Millionen Jobs geschaffen, allein im privaten Sektor. Wir haben noch einen langen Weg zu gehen, aber der Trend spricht klar für uns.«
Die mächtige Kampagnenzentrale in Chicago wird bald alles dafür tun, um diese Wahrnehmung im Land zu stärken. Kampagnenmanager Jim Messina schart allein hier 300 Mitarbeiter um sich, darunter Verbraucherforscher, Datenanalysten und Spezialisten für neue soziale Medien, die dafür sorgen, dass ihre Websites passgenau auf allen marktüblichen Smartphones erscheinen. Das sei nicht unwichtig, sagen sie, wenn Nutzer spontan Geld spenden wollen. 750 Milliarden Dollar hatte Obama im letzten Wahlkampf zur Verfügung. Dieses Mal will die Kampagne noch weit mehr einsammeln. Allein auf Facebook folgen ihr 25 Millionen Anhänger. Mitt Romney kommt da lediglich auf 1,5 Millionen. Mag sein, dass dies den Wahlausgang nur marginal beeinflusst, doch auch das könnte entscheidend sein. »Wir machen uns keine Illusionen«, sagt Messina, während die konservativen Kandidaten einander noch bekriegen, »wir bereiten uns auf ein knappes Rennen vor. Das haben wir immer getan.« Zwar werde man auch für diesen Wahlkampf das Rad nicht neu erfinden. Aber dieses Rad werde bis Ende 2012 größer sein als je zuvor – und sich zudem schneller drehen.
Auch McAuliffe und seine Helfer im Außenbüro Virginias sehen das so: »Ein Drittel der Wähler neigt traditionell den Republikanern zu, ebenso wie ein Drittel auf unserer Seite steht«, zieht er Linien auf ein Blatt Papier, als wäre es ein Football-Spielfeld. »Dazwischen ist die breite, unabhängige Mitte, die sich erst ein bis zwei Wochen vor der Wahl entscheidet. Aber ich bin sicher, dass man dort nicht mit einer derart rechtslastigen Programmatik punkten kann wie unser Gegner, gegen Frauenrechte, gegen Schwule, gegen soziale Gerechtigkeit. Das mag deren rechte Basis attraktiv finden, aber Amerika ist so längst nicht mehr.«
Die Freiwilligen, die sich für Obamas Wahlkampfnetzwerk melden, sind noch motivierter als vor vier Jahren. Frauen und Männer jeden Alters, die McAuliffe nicht mehr überzeugen muss. Sie sind es schon lange leid, draußen die Tea-Party-Parolen gegen ihren Präsidenten anzuhören. Nun endlich wollen sie gegenhalten, termingerecht und durchorganisiert.
Tatsächlich tobt in Virginia der Richtungsstreit gerade noch heftiger als im Rest des Landes, seit konservative Hardliner das Abtreibungsgesetz verschärfen wollen. Zudem kippten sie die letzte, lächerliche Einschränkung für Waffenkäufer – wonach jeder pro Monat nur eine Handfeuerwaffe erwerben durfte.
»Die Republikaner sind so sehr von Hass getrieben«, sagt ein Mann, »und es geht ihnen immer nur ums Geld. Wir denken nicht so. Wir helfen einander und achten auch ein wenig auf Gerechtigkeit. Wenn du Kinder hast, die noch aufs College gehen oder eine Ausbildung machen, sind sie jetzt bei dir mitversichert. Will deine Krankenversicherung dir den Vertrag kündigen, weil Behandlungskosten angeblich von einem alten Leiden kommen, geht das nicht mehr. Studentendarlehen werden billiger, die Verbrauchswerte der Autos niedriger. All das verdanken wir Obama.«
»Amerika brauchte ihn«, findet ein Student, »um die Soldaten aus dem Irak heimzuholen
Weitere Kostenlose Bücher