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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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bisherige Außenseiter Rick Santorum unerwartet Konkurrenz. Als dieser überraschend die Bundesstaaten Colorado, Minnesota und Missouri gewinnt, reklamiert er kühn für sich, nicht nur die konservative Alternative zu Mitt Romney zu sein, sondern auch die zu Barack Obama.
    Prompt vollzieht beim darauffolgenden jährlichen »Wertekongress« der Konservativen der bedrängte Romney eine aufsehenerregende Wende. Aus Sorge, seine gemäßigte Vergangenheit als Gouverneur von Massachusetts – wo er in der Tat eine Gesundheitsreform im Stil Obamas eingeführt, sich für das Recht auf Abtreibung, die Schwulenehe, mehr Umweltschutz und stärkere Waffenkontrolle eingesetzt hatte – könnte ihm hier zum Verhängnis werden, bekennt er sich klar zu den Kernpunkten der Ultrareligiösen. Seine Regierungszeit als Gouverneur verklärt er zum Akt des Widerstands »im liberalsten Bundesstaat Amerikas«. Ohne jeden Zweifel werde er ein »Pro-Life«-Präsident sein und medizinischen Organisationen die staatlichen Zuschüsse streichen, sobald sie auch Abtreibungen durchführten. Er werde das Land in einen »neuen Konservativismus« führen – und zurück zu militärischer Dominanz: »Wenn ihr nicht mehr wollt, dass Amerika die stärkste Macht der Welt ist«, sagt er, »dann werde ich nicht euer Präsident sein.« Einen Präsidenten, der so kleinmütig denke, habe das Land schon.
    Im Weißen Haus verfolgt man Romneys Rechtsruck aufmerksam. Denn die Chance ist groß, dass sich der Frontmann der Republikaner damit in eine Sackgasse begibt, aus der er mit einfachen Fahrmanövern nicht mehr herauskommt. Fast scheint es, als hätte Obama selbst ihn dort hineingelotst. Denn Romney reagierte auf einen Streit zwischen den Ultrareligiösen seiner Partei mit der Regierung um die Kosten von Verhütungsmitteln.
    Obamas Gesundheitsreform sah vor, dass Arbeitgeber über die Krankenversicherung für ihre Mitarbeiter auch Kontrazeptiva mitbezahlen sollten. Vor allem katholische Einrichtungen wehrten sich dagegen. Die Rechten warfen Obama lautstark vor, er wolle die Religionsfreiheit abschaffen. Bald darauf verständigte sich dieser mit den Kirchen auf einen Kompromiss, der die strittigen Kosten nunmehr allein den Versicherern zuordnet. Romney und seine Mitstreiter stürmten dagegen weiter in die alte Richtung. Dabei belegten Umfragen, dass die klare Mehrheit der Amerikaner, einschließlich der katholischen Wählergruppe, sogar Obamas ursprünglichen Entwurf befürwortet. Allein die Ultrarechten lehnen ihn überwiegend ab. Damit hat sich Romney doppelt verrechnet. Denn diese stützen inzwischen ihr Original – Rick Santorum.
    Kein Sieger am Superdienstag
     
    »Wenn ihr Rick gleich die Hand auf die Schulter legen könntet, wäre das schön«, sagt der Kirchensprecher, als Santorum von seinem Redepodest steigt und gesenkten Hauptes in die Raummitte schreitet.
    Kurz darauf beten seine Anhänger im Stillen für seinen Sieg, ein jeder mit der Hand auf der Schulter seines Vordermanns – bis sich die Linien im Zentrum bei Santorum treffen. So führt er seinen Wahlkampf: besinnlich, bibeltreu, stets auf Gott und die Verfassung verweisend. »Auch ich bin in solchen Orten aufgewachsen«, sagt er Anfang März im ländlichen Ohio. »Wenn wir als Kinder den Fahneneid sprachen, waren wir stolz. Und wenn die Stelle kam, an der von Gott die Rede war, sprachen wir sie lauter.«
    Der Sieg im Wechselwählerstaat Ohio, der am wichtigen Superdienstag die Wende für ihn hätte bringen können, bleibt ihm dennoch verwehrt. Die Verhütungsdebatte, die er vorantrieb, hat zwar das radikale Lager motiviert, aber auch Frauen verprellt. Als der ultrarechte Radiomoderator Rush Limbaugh, normalerweise ein verlässliches Sprachrohr rechter Wähler, ohne Scheu verbreitet, Frauen, die Kontrazeptiva benutzten, seien »Nutten«, ist die Front nicht mehr zu halten. Santorum drückt sich in Interviews um eine Distanzierung, während John Boehner den Radiomann öffentlich rüffelt. In Ohios Hauptstadt Columbus, von wo aus ich am Vorwahltag berichte, hören wir in den Wahllokalen drei Arten von Antworten. Die Romney-Wähler pochen darauf, er sei der Einzige, der Obama schlagen könne. Santorums Gefolge reklamiert, allein der Parteirechte sei der wahre Konservative. Und wieder andere geben offen zu, dass sie mit keinem der Kandidaten zufrieden sind. »Begeistert mich auch nur einer von ihnen? Keineswegs«, klagt einer, der zähneknirschend bei Romney sein Kreuz machte.
    Auch Newt Gingrich

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