Wahnsinn
der Meinung, die Marke könne ihm dabei helfen, das Rauchen aufzugeben.
Vor Jahren hatte es hier draußen ein Buschfeuer gegeben. Ungefähr an dieser Stelle hatten sie die Flammen aufgehalten. Ein Stück links von ihm konnte man das neugewachsene Gestrüpp erkennen, auf der anderen Seite standen noch die alten Birken und Ahornbäume.
Das Mädchen war an einen Ahornbaum genagelt.
Der Gerichtsmediziner hatte seine Untersuchung so gut wie abgeschlossen. Die Fotos waren im Kasten. Ein paar Minuten noch, dann würden die Leute von der Spurensicherung sie herunternehmen, in einen Plastiksack stecken, damit Whoorly und die übrigen State Trooper sie ins Labor nach Concord bringen konnten.
»Ich weiß nicht, weshalb er ihre Papiere nicht mitgenommen hat«, sagte Whoorly. »Warum macht er es uns so leicht?«
»Aus Mitleid«, meinte Duggan. »Der Kerl hat ein weiches Herz.«
»Manche von diesen Arschlöchern wollen ja gefasst werden. Vielleicht hat er genug von diesem Scheiß.«
»Ich glaube nicht, dass das hier der Fall ist.«
Ihr Name war Laura Banks – Studentin an der Plymouth State University. Ihr Studentenausweis und der Führerschein hatten in einer Brieftasche aus braunem Leder gesteckt. Die Brieftasche hatten sie zusammen mit allem möglichen anderen Kram in ihrer Handtasche gefunden. Die Handtasche wiederum thronte auf einem Stapel fein säuberlich zusammengefalteter Klamotten – Mantel, Jeans, Hemd, Socken, BH und Höschen – keine zwei Meter vom Baum entfernt auf einem Felsblock. Das Mädchen war offensichtlich praktisch veranlagt gewesen. Das Hemd war aus grobem Cordsamt, die Socken aus dicker, roter Wolle.
Duggan konnte sich nicht vorstellen, wie sehr sie gefroren haben musste. Es war unglaublich.
Bevor der Wahnsinnige sich entschlossen hatte, sie ein bisschen aufzuwärmen.
Schweigen überlagerte die ruhige, trockene Morgenluft. Sie waren zu sechst hier draußen, und keiner verlor ein unnötiges Wort. Offensichtlich waren sie alle tief erschüttert. Der Teenager, dessen großer schwarzer Labrador während des Morgenspaziergangs ausgebüchst war, weil er das Mädchen gewittert hatte, wurde bereits auf dem Polizeirevier verhört. Wieder und wieder wiederholte der Junge dasselbe. Offensichtlich hatte er eine Heidenangst. Irgendwie hatten sie alle ein bisschen Angst.
Lavore kam rüber und Duggan schüttelte eine Newport für ihn aus der Packung. Genau wie Duggan wollte Lavore das Rauchen aufgeben. Im Gegensatz zu Duggan bestand seine Strategie darin, keine Zigaretten mehr zu kaufen, sondern sich nur noch welche zu schnorren.
»Okay. Sie gehört euch«, sagte er.
»Todesursache?«
»Machen Sie Witze?«
»Nur fürs Protokoll.«
»Ein angespitzter Holzpflock. Mitten ins Herz. Sofort tödlich. Wir haben es hier mit einem Irren auf einem Vampirtrip zu tun, der auf Folter steht und sich ziemlich gut mit Anatomie auskennt. Wissen Sie was? Er hat sie nicht einfach so durchbohrt. Er hat den Pflock schön langsam reingeschoben.«
»Todeszeitpunkt?«
»So gegen vier Uhr früh, würde ich schätzen. Also vor fünf, sechs Stunden.«
»Wurde sie vergewaltigt?«
»Mehrfach. Und zwar auf jede nur erdenkliche Art. Vaginal. Anal. Wenn wir ihr den Kiefer öffnen, finden wir da wahrscheinlich auch noch Sperma. Würde mich jedenfalls nicht überraschen.«
Duggan deutete auf eine Stelle in der Nähe eines Felsens ungefähr sechs Fuß zu ihrer Linken.
»Haben Sie das da gesehen?«
»Was? Die Knebel?«
Auf dem Waldboden lagen zwei Geschirrtücher. Eines war mit inzwischen hart gefrorenem Speichel getränkt. Jemand machte sich daran, sie einzutüten.
»Nein. Die Holzspäne daneben. Der Kerl hat da gesessen und geschnitzt. Hat seinen Ast schön sauber angespitzt. Wetten, dass sie dabei zugesehen hat?«
»Krank«, meinte Whoorly.
»Was noch?«
»Soweit ich sehen kann, hat er ihr das alles angetan, bevor sie gestorben ist. Manches vielleicht auch erst post mortem. Genaueres kann ich Ihnen erst sagen, wenn ich sie auf dem Tisch habe.«
Er sah zu der Frau hinüber. Lavore hatte ihm gerade mitgeteilt, dass sie die ganze Zeit über noch am Leben gewesen war.
Was der Kerl getan hatte, ging über jedes Vorstellungsvermögen hinaus. Gott allein wusste, wie lange er dafür gebraucht hatte. Womöglich die ganze Nacht. Womöglich noch länger.
Ihre Leiche hing da wie Gefrierfleisch in einer Kühlkammer. Irgendwann hatte er sie mit Wasser übergossen. Um sie wieder zu Bewusstsein bringen? Oder um zuzusehen, wie sie vor
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