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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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stimmte, so tief in der Klemme gesteckt, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen war, Verantwortung und Verantwortungslosigkeit voneinander zu unterscheiden.
    Der Zeitungsbericht beunruhigte sie.
    » Wo bleibt er denn? Wo bleibt Owen?«
    Andrea Stone stand vor ihr.
    Lydia konnte ihr Parfum riechen: Georgio. Sie trug ein dunkelblaues, maßgeschneidertes Kostüm, dazu eine weiße Bluse und eine schlichte Perlenkette. Sie wirkte aufgedreht und nervös.
    Lydia legte die Zeitung beiseite.
    »Keine Ahnung«, antwortete sie.
    »Burke kann jede Minute hier sein.«
    Lydia sah auf die Uhr. Zehn nach neun.
    Wo zum Teufel steckte er bloß?
    Andrea Stone drehte sich abrupt um und eilte an ihren Tisch zurück.
    »Der Ehrenwerte Thomas J. Burke. Erheben Sie sich.«
    Während Burke noch auf die Richterbank zuging, flogen die Türflügel hinter Lydia auf und Sansom kam durch den Mittelgang gehetzt.
    Die Tatsache, dass er zu spät kam, entging Burke keineswegs, aber er enthielt sich eines Kommentars.
    Sansom sah fürchterlich aus.
    Obwohl er nicht in seinem Anzug geschlafen hatte, sah er dennoch verdächtig danach aus. Die Krawatte war zerknittert, der Hemdkragen hätte dringend gebügelt werden müssen. Und auf seinen Brillengläsern waren wieder einmal Schlieren zu erkennen.
    Sie warf Edward Wood, der neben Arthur stand, einen Seitenblick zu.
    Der Unterschied zwischen den beiden Männern gefiel ihr überhaupt nicht.
    »Geht es Ihnen gut?«, flüsterte sie.
    Er nickte. »Bin spät weggekommen«, erklärte er. »Tut mir leid, wenn Sie sich meinetwegen Sorgen gemacht haben.«
    Ich mache mir immernoch Sorgen, dachte sie.
    »Nehmen Sie Ihre Plätze ein«, sagte Richter Burke, und der Tag begann.

    Bromberg fühlte sich offensichtlich nicht wohl in seiner Haut, er rutschte auf seinem Stuhl herum und nahm immer wieder einen Schluck Wasser, während Sansom ihn zu Roberts Symptomen befragte: seiner Schüchternheit, seinem Stottern, seiner Ungeschicklichkeit, seiner Inkontinenz, seinen Alpträumen.
    »Sind diese Symptome bei Kindesmissbrauch üblich, Doktor?«
    »Das Stottern ist in Roberts Alter ein wenig ungewöhnlich. Davon abgesehen würde ich sagen: ja.«
    Er ließ ihn seine Behandlungsmethode erläutern – die »Spieltherapie«, mit deren Hilfe Robert sich öffnen sollte.
    »Würden Sie sagen, dass er gut oder schlecht darauf anspricht?«
    Bromberg lächelte. »Nicht allzu gut, muss ich leider sagen.«
    »Verschließt er sich vor Ihnen?«
    »Meistens, ja.«
    »Und passt das, Ihrer Auffassung nach, zu einem Kind, das … das … das sexuell missbraucht wurde?«
    »Ja. Missbrauchte Kinder sind häufig verschlossen und halten Informationen zurück, vor allem vor Erwachsenen.«
    »Doktor, ist es auf der Grundlage Ihrer Erfahrungen mit Robert wahrscheinlich, dass er missbraucht wurde?«
    »Wahrscheinlich?«
    »Ja. Oder könnten diese Symptome auch auf etwas anderes zurückzuführen sein? Auf die Scheidung der Eltern zum Beispiel?«
    Sie begriff, was er vorhatte. Er wollte Wood mit dieser Frage den Wind aus den Segeln nehmen.
    Bromberg dachte darüber nach.
    »Nein, dieser Meinung bin ich nicht … Verstehen Sie, bei dieser sogenannten Ungeschicklichkeit handelt es sich nicht um Ungeschicklichkeit im eigentlichen Sinn. Der Junge fügt sich selbst Schaden zu – und zwar regelmäßig. Das ist für mich der deutlichste Hinweis darauf, dass ihm auch jemand anderes Schaden zufügt. Das und die Inkontinenz selbstverständlich.«
    »Sie halten den Missbrauch demnach für wahrscheinlich?«
    »Ja.«
    Wood brachte während des Kreuzverhörs dasselbe Thema zur Sprache – wobei er zunächst, soweit Lydia erkennen konnte, einfach ins Blaue zu fragen schien. Bromberg wirkte jetzt viel entspannter, so dass sie sich fragen musste, in welchem Umfang die beiden Männer sich schon im Vorfeld der Verhandlung abgesprochen hatten.
    Die Antwort auf diese Frage fiel deutlich aus.
    »Ihre Schlussfolgerung lautet also, dass Robert sexuell missbraucht wurde?«
    »Ja.«
    »Sind Sie darüber hinaus zweifelsfrei zu dem Schluss gelangt, dass der Vater der Täter ist?«
    »Nein, zu dem Schluss bin ich nicht gelangt. Nicht zwangsläufig.«
    »Könnte demzufolge mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit seine Mutter den Missbrauch verübt haben? Haben Sie Mrs. Danse nicht sogar persönlich mitgeteilt, dass Sie sie keineswegs aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen?«
    »Ich habe diese Möglichkeit angedeutet, ja.«
    »Was genau haben Sie gesagt?«
    »Ich sagte, dass ich

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