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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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sie zusammengestellt.
    Es war eine heikle Angelegenheit. Dove sagte den Dolmetschern, wie sie vorgehen wollten, was Marica tun sollte, falls sie eine der Personen auf den Fotografien erkannte. Aber die Dolmetscher sahen die Fotos nicht.
    Dove gab Marica den roten Stift.
    Er zeigte Villani den ersten Abzug, im Format A4.
    Stuart Koenig.
    Er schob ihn dem Mädchen zu, Gesicht nach unten. Sie beobachteten ihre Miene.
    Marica drehte das Foto um, schaute, runzelte die Stirn, sprach zu der Frau.
    »Sie sagte, man brachte sie in ein Haus«, sagte die Dolmetscherin. »Sie hatte Sex mit ihm, sah ihn aber nicht wieder. «
    Dove zeigte Villani ein anderes Foto, ihre Blicke trafen sich. Er legte den Abzug auf den Tisch, mit dem Gesicht nach unten.
    Mervyn Brody, Authändler, Rennpferdbesitzer.
    Sie sah es an, legte es wieder hin, mit dem Gesicht nach unten.

    Und so ging es weiter. Ein Foto wurde Villani gezeigt, dem Mädchen zugeschoben.
    Brian Curlew, krimineller Anwalt.
    Gesicht nach unten.
    Chris Jourdan, Restaurants und Bar.
    Gesicht nach unten.
    Daniel Bricknell, Kunsthändler.
    Gesicht nach unten.
    Dennis Combanis, Bauunternehmer.
    Gesicht nach unten.
    Mark Simons, Insolvenzexperte.
    Gesicht nach unten.
    Hugh Hendry.
    Gesicht nach unten.
    Martin Orong, Minister des Staates Victoria.
    Leise sagte Dove zu Villani, das Gesicht nah bei ihm: »Das Mädchen auf der verschneiten Straße.«
    Er schob das Foto Marica zu. Sie betrachtete es, blinzelte, blinzelte.
    Gesicht nach unten.
    Dove sagte zu den Dolmetschern: »Jetzt möchte ich ihr einige Gruppenfotos zeigen. Uns fehlte die Zeit, Einzelpersonen herauszulösen. Falls sie jemanden erkennt, soll sie das Gesicht umkringeln. Klar? Wir haben die Bilder vergrößert, aber sie muss sie sich sehr genau ansehen.«
    Der Mann erklärte, Marica nickte.
    Dove zeigte Villani die Fotos, A5, sechs insgesamt. Fotos, die auf der Kasinoparty aufgenommen waren, der Party im Prosilio zur Eröffnung des Orion-Kasinos. Villani sah sie sich an.
    Schwarze Krawatten, schwarze Cocktailkleider, Champagnerflöten, Facelifts, Haartransplantate, Botox, Kollagen, Kokslächeln, reiche Leute, schlaue Leute, talentierte Leute, untalentierte Leute, Schnorrer, Scharlatane, Steuerhinterzieher,
frei herumlaufende Verbrecher, Frauen und Männer, die sich aushalten ließen, Toyboys, männliche Eskorten, ein Drogendealer, Vorzeigefrauen.
    Er gab sie Dove zurück.
    Dove reichte dem Mädchen das erste Bild. Sie betrachtete es. Sie war müde, sie rieb sich ein Auge. Sie sah wie Lizzie aus, wie Lizzie, als sie noch lebte.
    Vorderseite nach unten, beiseitegeschoben.
    Das nächste Bild.
    Marica rieb sich das andere Auge, betrachtete das Foto. Sie hörte auf zu reiben. Sie sah Dove an, aus geröteten Augen, ihr Mund stand offen.
    Sie nahm den dicken roten Stift und malte auf das Foto.
    Einen Kringel.
    Zwei Kringel.
    Sie drehte den Abzug um, Vorderseite nach unten. Sie schob das Foto zu Dove zurück. Er nahm es auf. Schaute. Er gab es Villani.
    Ein lächelnder Mann, Glas in der Hand.
    Ein Mann, der auf eine Frau einredete, halb ernst, seine Augenbrauen waren hochgezogen.
    Zu den Dolmetschern sagte Villani mit knochentrockenem Mund: »Ich gebe ihr das Bild jetzt zurück. Fragen Sie sie, ob sie sich absolut sicher ist. Sie müssen ihr deutlich machen, wie ernst diese Angelegenheit ist.«
    Die Frau sprach. Der Mann sprach.
    Villani schob ihr das Bild hin.
    Marica sah es an und nickte heftig.
    Da. Da. Da.
    »Sie ist sich sicher«, sagte die Frau.
    Guy Ulyatt von Marscay. Uns. Gehört. Das. Gebäude .
    Max Hendry.
    Villani und Dove gingen nach draußen. Sie sahen einander an, stumm.

    »Tja, leck mich«, sagte Dove. »Das kommt einigermaßen … das hab ich nicht erwartet. Nein. Was, äh, was jetzt, Chef?«
    »Ihr Fall«, sagte Villani. »Sie sind hier der Chef.«
    »Durchsuchungsbefehle für ihre Privathäuser und Büros beantragen«, sagte Dove.
    »Legen Sie los.«
    »Chef.«
    Schweigen.
    »Es heißt, Max Hendry hätte Ihnen einen Riesenjob angeboten«, sagte Dove.
    »Stimmt«, sagte Villani. »Er hat eine bestimmte Sorte Mensch gesucht. Aber das war nicht ich.«

S ie rief an, als er im Aufzug war. Sie saß auf der anderen Straßenseite in ihrem Wagen.
    Villani musste warten, ehe er die Straße überquerte. Er warf einen Blick auf seine Textmeldungen.
    Liebe dich, Dad. Immer. Corin.
    Er trat ans Fenster, die Scheibe ging runter.
    »Es tut mir so leid, Stephen«, sagte Anna. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir

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