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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Hause gebracht. Und als er ankam, plärrte der Fernseher, das Haus war ein einziges Schlachtfeld, und Elise Matthews war nicht ansprechbar und roch nach Alkohol. Vielleicht hatte Andrew Hopkins in diesem Augenblick wieder das Bild vor Augen, wie seine Tochter nur wenige Monate zuvor reglos auf der Intensivstation im Krankenhaus lag, nachdem sie in der verantwortungslosen Obhut ihrer Mutter einen lebensgefährlichen Skorpionstich davongetragen hatte. Vielleicht wollte er seine Tochter auch schlicht davor bewahren, ihre Mutter in einem derartig desolaten Zustand sehen zu müssen. Nur eines steht mit Sicherheit fest: Er wußte ohne einen Hauch von Zweifel, daß er sein Kind nicht mehr in ein solches Haus zurückbringen konnte. Nicht an diesem Tag, und überhaupt nicht mehr.
    Warum hat er sich nicht an die Behörden gewandt? Weil, Ladys und Gentleman, die Gerichte bereits gegen ihn eingenommen waren, aus Gründen, die Sie noch erfahren werden. Weil Ende der siebziger Jahre das Sorgerecht nach einer Scheidung nahezu automalisch der Mutter zugesprochen wurde, selbst einer Mutter, die nicht in der Lage war, sich um sich selbst zu kümmern, geschweige denn um ein Kind.«
    Eric steuert wieder auf seinen Platz zu, bleibt aber auf halbem Weg stehen. »Sie alle wissen, was Sie selbst hätten tun wollen, wenn Sie nach Hause gekommen wären und Ihren Exmann oder Ihre Exfrau - zum wiederholten Male - zu betrunken angetroffen hätten, um sich um Ihr Kind zu kümmern. Andrew Hopkins hat sich nur eines zuschulden kommen lassen, Ladys und Gentleman: Er hat seine Tochter so sehr geliebt, daß er sie in Sicherheit gebracht hat.« Er blickt die Geschworenen an. »Können Sie ihm das ernsthaft zum Vorwurf machen?«
    Bluse und Rock meiner Mutter sind konservativ, doch die Haare umwallen wild ihr Gesicht, und an ihren Fingern stecken zahlreiche türkisfarbene und granatrote Ringe. Sie blickt nervös über den Kopf der Staatsanwältin in den Zuschauerraum, wo Victor sitzt, der ihr mit einem Lächeln Mut macht.
    Der Richter, ein überaus massiger Mann, bedeutet Emma Wasserstein, sie möge anfangen. »Bitte nennen Sie fürs Protokoll Ihren Namen.«
    »Elise«, sagt meine Mutter. Sie räuspert sich. »Elise Vasquez.«
    »Danke, Mrs. Vasquez. Sind Sie verheiratet?«
    »Ja, mit Victor Vasquez.«
    Emma nickt. »Wo wohnen Sie?«
    »Scottsdale, Arizona.«
    »Wie lange leben Sie schon dort?« fragt Emma.
    »Seit meinem zweiten Lebensjahr.«
    »Und wie alt sind Sie jetzt, Mrs. Vasquez?«
    »Ich bin vierundfünfzig.«
    »Wie viele Kinder haben Sie?«
    »Eins. Eine Tochter.«
    »Wie heißt sie?«
    Die Augen meiner Mutter finden meine. »Früher hieß sie Bethany«, sagt sie. »Jetzt heißt sie Delia.«
    »Waren Sie dabei, als aus Bethany Delia wurde?«
    »Nein«, murmelt meine Mutter. »Weil ihr Vater sie mir gestohlen hat.«
    Die Geschworenen horchen auf, wirken auf einmal brennend interessiert. »Würden Sie bitte erklären, was Sie damit meinen?« fragt Emma.
    »Wir waren geschieden, und wir hatten das gemeinsame Sorgerecht für Bethany. Charles, so hieß er damals noch, sollte Bethany an einem Sonntag zurück-
    Illingen, nachdem sie das Wochenende bei ihm verbracht hat. Und das hat er nicht getan.«
    »Sehen Sie Ihren Exmann heute hier im Saal?«
    Meine Mutter nickt und deutet auf meinen Vater. Das ist er.«
    »Fürs Protokoll: Mrs. Vasquez hat den Angeklagten identifiziert«, sagt Emma. »Was haben Sie getan, als er Ihr Kind nicht zurückbrachte?«
    »Ich habe in seiner Wohnung angerufen und Nach-
    richten auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen, aber er hat nicht zurückgerufen. Zu Anfang hab ich mir noch nichts Böses dabei gedacht. Ich dachte, er hätte vielleicht eine Autopanne oder wäre mit Bethany übers Wochenende weggefahren und hätte die Zeit vergessen, etwas in der Art. Ich habe bis zum nächsten Tag gewartet, und als ich bis dahin immer noch nichts von ihm gehört hatte, bin ich zu seiner Wohnung gefahren. Ich habe den Hausverwalter überzeugen können, mich in die Wohnung zu lassen, und da hab ich dann gemerkt, daß etwas nicht stimmt.«
    »Woran haben Sie das gemerkt?«
    »Der ganze Kleiderschrank war leer. Und die Dinge, die ihm wichtig waren - seine Pharmaziebücher und ein Foto von seinen Eltern kurz vor ihrem Tod, und so ein Baseball, den er als Kind bei einem Spiel der Dod-gers gefangen hatte - auch die fehlten.« Sie blickt Emma an. »Da habe ich die Polizei angerufen.«
    »Was hat die Polizei unternommen?«
    »Straßensperren

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