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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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einer Frau mitgegeben. »Ja. Ich hab ihre Initialen in das Gesicht gekratzt, wie Sie gesagt haben, und mir die höllisch scharfe Sauce von Uncle Tio's Taco Palace besorgt. Ich hab die Nadel hineingetaucht und sie der Kerze in den Mund gebohrt.«
    »Haben Sie sie angezündet?«
    Josephina nickt. »Und ich hab mir ihr Pferdegesicht vorgestellt, wie Sie gesagt haben, und dann hab ich die Kerze ausgeblasen. Aber sie ist am nächsten Tag nicht gekommen, um sich zu entschuldigen. Und das ist noch nicht alles ...« Sie senkt die Stimme. »Dann hab ich in der Ecke meiner Wohnung ein Spinnennetz entdeckt, direkt nachdem ich saubergemacht hatte.«
    Tja, das ändert alles. Wer ein Spinnennetz in einer ansonsten vollkommen sauberen Wohnung findet, kann davon ausgehen, daß irgend jemand versucht, ihn zu verhexen. »Josephina, ich glaube, Ihre Mitbewohnerin könnte eine diablera sein.«
    Genau wie es gute Hexen gibt, die brujas , gibt es auch böse Hexen. Deren Verwünschungen können leider direkt auf den Schultern von Menschen landen, die nichts getan haben, womit sie dergleichen verdient hätten.
    »Renee ist doch nicht mal Mexikanerin«, sagt Josephina. »Sie stammt aus New Jersey.«
    »Wenn sie eine diablera ist, hat sie Ihnen das vielleicht nur erzählt, um Sie in Sicherheit zu wiegen.«
    Josephina blickt skeptisch. »Aber ... sie ist blond.«
    Ich stehe auf. »Wenn Sie meine Hilfe nicht wollen ...«
    »Nein! Doch, wirklich.«
    »Also schön. Sie nehmen einen Eßlöffel Erde von einem Grab und einen Eßlöffel Olivenöl und vermischen beides mit dem Zeigefinger der linken Hand. Sie streuen schwarzen Pfeffer darüber. Danach streichen Sie die Masse auf das Foto von Renee in ihrem Uni-Jahrbuch und vergraben es auf einem Friedhof.«
    Josephina blickt mit großen Augen auf. »Was passiert dann mit ihr?«
    »Während das Foto allmählich zerfällt, fühlt Ihre Mitbewohnerin sich mehr und mehr unpäßlich. Bis zum nächsten Vollmond hat sie sich bei Ihnen dafür entschuldigt, schlecht über Sie geredet zu haben, und sie wechselt die Uni.«
    Ein strahlendes Lächeln breitet sich über Josephinas Gesicht. Sie kramt das Honorar - zehn Dollar - aus ihrer Jeanstasche. »Danke, Dona«, sagt sie über-schwänglich, genau in dem Moment, als Victor den Kopf hereinsteckt.
    Er war von Anfang an gegen meinen Nebenjob, ganz gleich, wie oft ich ihm erklärt habe, daß es eine Berufung ist. Irgendwann habe ich nur noch heimlich praktiziert, aber nicht, um meinen Mann zu belügen, es war einfach für uns beide leichter, so zu tun, als hätte ich damit aufgehört, obwohl wir beide es besser wußten.
    »Das ist Josephina«, sage ich zu Victor. »Sie macht ein Praktikum bei uns im Wissenschaftsmuseum.«
    Josephina bedankt sich erneut bei mir und sagt, sie hat gleich ein Seminar und muß sich sputen. Als Victor und ich allein sind, legt er seine Hände auf meine Schultern. »Wie geht's dir heute?«
    Als ich nach deinem zweiten Besuch gestern stundenlang geweint habe, war er bei mir und hat mich mit Taschentüchern versorgt. Das tat er, um mich moralisch zu unterstützen, und weil er mich liebt, aber auch um mich daran zu erinnern, daß ich meinen Kummer nicht in Alkohol ertränken soll. »Ganz gut«, erwidere ich. »Im Moment.«
    »Sie beruhigt sich schon wieder, Elise«, versichert Victor.
    Du warst achtundzwanzig Jahre nicht in meinem Leben. Wie kommt es also, daß ich deine Abwesenheit nach nur einer gemeinsamen Stunde mit dir um so schmerzlicher empfinde?
    Victor streichelt mein Haar. Manchmal glaube ich, daß er es ist, der die Schmerzen aushält, wenn ich leide. Wenn du bei mir aufgewachsen wärst, hätte ich versucht, dir eines mit auf den Weg zu geben: Heirate einen Mann, der dich mehr liebt, als du ihn liebst. Ich habe beides erlebt, und wenn es umgekehrt ist, kann kein Zauberspruch der Welt das Ungleichgewicht ausgleichen.
    Als ich deinen Vater das allererste Mal sah, wollte er mir das Leben retten. Ich arbeitete damals auf dem Land in einer Bar, in der viele Motorradfahrer verkehrten - alles andere als adrette Collegejungs. Er sah mich an der Wand stehen, wo ich von zwei Hell's Angels festgehalten wurde, während ein dritter mich mit Dart-pfeilen bewarf, und er stürzte sich sofort dazwischen.
    Ich war gar nicht in Gefahr. Die Biker waren alle Stammgäste, und hin und wieder veranstalteten wir diese kleine Zirkusnummer aus reinem Spaß. Aber ich verliebte mich sofort in Charlie. Nicht, weil er so gut aussah oder sich heldenhaft für mich

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