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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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daran erinnern, wer der Mann war. Er musste mit einem der Jäger angereist sein und bisher vor allem durch kultivierte Zurückhaltung geglänzt haben. Dem Aussehen nach hätte er genauso gut Anfang dreißig wie Ende vierzig sein können. Seine Kleidung deutete auf seinen Wohlstand hin, ohne mit ihm zu prahlen. Er wirkte wie ein Mann, der es sich leisten konnte, sich nicht in den Vordergrund zu drängen, weil er jeder Lage selbst im Sitzen gewachsen war. Allein der Pfeifengeruch, der ihm anhaftete, schien eine fremdländische Note in sich zu tragen.
    »Ich habe davon auch nur in den Zeitungen gelesen«, erklärte er mit einem entschuldigenden Lächeln. »Obwohl ich ein paar Mal dort war. Es ist ein Land mit vielen Möglichkeiten. Vor allem in Sachen Baumwolle.«
    »Mr White«, erläuterte Claire so zuvorkommend, dass nur Penny den Hauch von Missbilligung in ihrem Tonfall bemerkte, »kann auf eine ganz außerordentliche Karriere im Außenhandel zurückblicken. Geschäfte bis nach China, wenn ich mich nicht irre?«
    Mr White nickte zustimmend. »Mit Tee und Seide, ja. Ich darf darauf hoffen, bald auch in Porzellan zu investieren.« Allein das Schmunzeln, das bis in seine Augen stieg, zeigte überdeutlich, dass ihm nur zu bewusst war, wie wenig sich die beiden jungen Damen für seine Geschäfte interessierten.
    »Haben Sie alle Länder, mit denen Sie Handel treiben, selbst bereist?«, fragte Penny mit einer Mischung aus Neid und Fernweh.
    »Nein«, gab White zu. »Doch in meinen ersten Jahren als Unternehmer bin ich ein gutes Stück in der Welt herumgekommen.«
    Nachdem das Gespräch jegliche Reiseromantik ver missen ließ, wandte es sich bald der gestrigen Jagd, einem Marsch der Suffragetten und den diesjährigen Weihnachtsplänen zu. Erst im Hinausgehen konnte Penelope bei Claire nachfragen.
    »Wer war das?«, wollte sie wissen. Ungeachtet ihrer spitzfindigen Gehässigkeiten, war Claire eine ausge zeichnete Informationsquelle, wenn es um den neuesten gesellschaftlichen Klatsch ging.
    »Ambrose White«, antwortete ihre Schwester, die es stets liebte, ihr überlegenes Wissen unter Beweis zu stellen. »Ein Cousin des Viscount of Barclay. Er hat ihn zur Jagd mitgebracht, obwohl das natürlich unangemessen war. Mr White hat sein eigenes Vermögen als Unternehmer verdient.«
    Obwohl ein Vermögen natürlich nichtsdestotrotz ein Vermögen war, durfte ein Geschäftsmann niemals erwarten, vollwertig in der Gesellschaft aufgenommen oder gar bei Hofe empfangen zu werden. Ein Gentleman verfügte schließlich nicht nur über die richtige Erziehung, sondern bestenfalls auch über eine uralte Familie, Landbesitz und einen Titel. Zumindest aber über die richtige Stellung, und das war ganz sicher nicht die eines Mannes, der wie ein gewöhnlicher Kaufmann seinen Geschäften nachging. Jede Form von Gewerbe war schlicht ordinär!
    »Ich kann mir nicht erklären, warum der Viscount ihn mitgebracht hat.« Claire sah White nach, einen Ausdruck schierer Missbilligung im Gesicht. »Außer natürlich, er schuldet Mr White Geld.«
    Penelope kam nicht zum ersten Mal der Gedanke, dass ihrer Schwester eine großartige Zukunft als Ränkeschmiedin innerhalb der höheren Gesellschaft bevorstand. Sie hatte einen untrüglichen Sinn dafür, Geheimnisse aufzuspüren, nur um des Vergnügens willen. Von Bedeutung war für sie nur, dass das Geheimnis eine Person von Rang und Stand betraf. Oder Penelope, einfach aus ihrer üblichen schwesterlichen Rivalität heraus.
    »Und der dort?«, fragte Penny beiläufig. Sie hatte gerade bemerkt, dass Julian und sein Bekannter noch immer ins Gespräch vertieft waren, dieses Mal halb ans Fenster gelehnt und den Blick in den Park hinaus gewendet. Nun erkannte sie auch, dass es sich bei dem Fremden um den jungen Mann handelte, der bei der Jagd so unglücklich vom Pferd gestürzt war. Hatte er nicht gestern Abend noch gehumpelt?
    Claire spitzte nachdenklich die Lippen, während sie im Kopf die Gästeliste durchging. »Der zweite Sohn eines Dukes«, holte sie einen Informationsschnipsel ans Licht. »Er wird keinen eigenen Titel zu erwarten haben, aber mit dem Gesicht und seiner Familie kann er auch eine reiche Erbin heiraten.« Womit sie ihn für sich als Heiratskandidaten bereits als unwürdig ausgeschlossen hatte. Claire war entschlossen, nach ihrer Heirat einen eigenen Titel zu tragen, und den konnten ihr nur die erstgeborenen Söhne des Hochadels garantieren. Zumindest, dachte Penelope, während sie ihrer Schwester

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