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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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hatten die Gäste nicht aufwecken wollen. Aber auch so waren noch genügend Verstecke in dem riesigen Herrenhaus übrig geblieben, die sie im Verlauf der Nacht abklapperten. Da waren die schweren Vorhänge vor den Fenstern, die vielen Erker und die verwinkelten Gemächer, die kaum je genutzt wurden. Ihre Suche hatte bis zum frühen Morgen gedauert, doch keine altertümliche Gottheit zutage gefördert.
    »Allerdings war eines doch recht bemerkenswert«, schloss Julian den Bericht seiner nächtlichen Eskapaden ab. »Wir haben keine aufgebrochenen Schlösser oder zerschlagenen Scheiben gefunden, nur eine offene Terrassentür im Erdgeschoss, durch die unser Horus entkommen sein könnte. Doch Mr Frost beschwört, dass sie um Mitternacht noch fest verriegelt war, als er alle Fenster und Türen kontrolliert hat. Das heißt, wer immer sich hier eingeschlichen hat, muss tagsüber während der Jagd hereingekommen sein.«
    »Oder schon im Haus gewesen sein«, griff Penelope seinen Gedanken auf. »Ich nehme an, wir sprechen hier von einem Mann in einem unglaublichen Kostüm?«
    »Fällt dir eine andere Erklärung ein?« Inzwischen klopfte Julian mit dem Lesezeichen gedankenverloren einen Takt auf die Kante des Lesepults. »Es kann doch keine heidnische Erscheinung gewesen sein, oder? Ganz gleich, wie sehr wir alle uns erschrocken haben!«
    »Dann muss die Frage lauten, wer der Mann gewesen ist und was ihn dazu verleitet hat, sich wie ein altägyptischer Gott zu verkleiden, um auf unserem Dachboden zu spuken«, schloss Penelope folgerichtig. Sie war dazu übergegangen, dem Kater den Bauch zu kraulen, und wurde mit einem hingebungsvollen Schnurren belohnt.
    »Darauf, mein verehrter Mr Holmes, kann es nur eine Antwort geben«, behauptete Julian und deutete mit dem Lesezeichen wie mit einem Zeigestock auf Penny. Sie hatten in den letzten Jahren die Abenteuer des Meisterdetektivs in all ihren Episoden im Magazin The Strand nachgelesen.
    »Jane Swain!«, sprach Penny aus, was sie beide dachten.
    »Exakt«, bestätigte Julian. »Irgendetwas muss in Ägypten vorgefallen sein, das dazu geführt hat, dass sie bis nach England verfolgt wird. Und unser Horus war schwerlich ein Engländer.«
    »Wie patriotisch von dir!«
    »Mitnichten, die Haut seines Oberkörpers war gebräunt, fast bronzefarben. Das wäre in England bestenfalls im Sommer möglich, jedoch niemals im November.«
    »Tatsächlich? Ich habe selbstverständlich keinen Blick auf seine nackten Schultern riskiert«, behauptete sie und schlug gespielt sittsam die Augen nieder.
    »Nicht auszudenken, wenn deine Tugend derart in Gefahr geraten wäre«, parierte Julian mit einem belustigten Schnauben.
    »Waren wir denn in Gefahr, Julian?«, fragte sie plötzlich sehr viel ernster nach.
    Der junge Mann wog zweifelnd den Kopf. »Er war nicht bewaffnet, nicht wahr? Und dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass er Jane nur erschrecken wollte.«
    In den folgenden Stunden nahm Wainwood seinen Alltag wieder auf, und fast hätte der Eindruck entstehen können, dass überhaupt nichts vorgefallen war. Mehrere Hausmädchen hatten den Horus an ihren Zimmern vorbeilaufen sehen, auch wenn keine einheitliche Meinung darüber herrschte, wer oder was da im Dunkeln den Flur heruntergestürmt war. Und obwohl Mr Frost allen Beteiligten zu Stillschweigen geraten hatte, wusste bereits am Mittag das gesamte Gesinde, dass Jane und Hanna auf dem Dachboden nicht nur einem Einbrecher begegnet waren, sondern auch Lady Penelope und Mr Rushforth. Es gab die widersprüchlichsten Theorien darüber, was der Einbrecher dort oben gewollte haben könnte, doch nachdem nichts fehlte, hatte es Lord Derrington unterlassen, die Polizei zu unterrichten, um kein unnötiges Aufsehen zu erregen.
    Nach dem Tee fing er Penelope und Julian auf dem Weg durchs Entree ab. Der Zeitpunkt schien rein zufällig gewählt und die Zusammenkunft unter den gestrengen Augen der Ahnengalerie denkbar unverdächtig, doch in Wahrheit hatten die beiden schon seit dem Morgen darauf gewartet, zur Rede gestellt zu werden.
    »Frost hat mich über diesen leidigen Vorfall in der letzten Nacht unterrichtet«, eröffnete Charles Goodall das Gespräch. »Natürlich hast du vollkommen richtig gehandelt, mein lieber Junge. Da alle noch einmal mit dem Schrecken davongekommen sind, besteht wohl keine Notwendigkeit, die Sache künstlich aufzublasen.«
    Penelope und Julian standen Seite an Seite vor dem Familienoberhaupt und bemühten sich, den Anschein

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