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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Befürchtungen habe ich Ihnen nie erzählt, Gideon, auch nicht von den üblen Gerüchten, die mir im Laufe der Jahre zu Ohren gekommen sind. Aber die Zeit ist reif, meine Entdeckungen weiterzugeben.«
    Gideon biss die Zähne zusammen. »Sie müssen sich in Behandlung begeben …«
    Rawlins’ Gesicht war schweißüberstromt, und er massierte sich die Brust. »Ich fürchte, dazu ist es schon zu spät, einfach zu spät.« Er streckte die Hand nach den Instrumenten der kleinen Pilotenkabine aus, die sich außerhalb des Erfassungsbereichs der Kamera befanden. »So - ich habe Ihnen zusammen mit meinen Protokollen und persönlichen Aufzeichnungen ein Datenpaket und ein Video geschickt, das ich bei Zyasla aufgenommen habe …« Er verkrampfte sich. Mit zitternden Händen zerrte er an seiner Uniform und riss sie auf. Unter grauem Brusthaar und
Bächen von Schweiß leuchtete ein längliches, schmales Objekt hervor.
    »Mein Binärimplantat wurde reaktiviert«, sagte Rawlins und schloss die Uniform wieder. »Keine Ahnung, wie sie das angestellt haben, aber das Ding heizt mein Blut auf. Es ist fast unerträglich - mein Gott, es fühlt sich an, als würde ich verbrennen … tut mir leid, ich kann nicht mehr.«
    »Sagen Sie nicht so was«, entgegnete Gideon.
    Theo und Malchi wechselten einen entsetzten Blick. Malachis Binärbombe war von Uvovo-Gelehrten auf Niwjesta neutralisiert worden.
    Theo sah die Qual in Rawlins’ Augen und empfand Mitleid und grimmige Bewunderung für den Mann.
    »Wenn Sie die Beweise gesehen haben, werden Sie verstehen, worum es geht. Sie werden mehr brauchen als eine Handvoll Gefolgsleute … Deshalb habe ich Informationen über den gegenwärtigen Aufenthaltsort Ihrer Truppen beigefügt, jedenfalls der Truppenteile, die loyal geblieben sind …« Seine Gesichtszüge verzerrten sich, er rang nach Atem. »Nein, Schluss damit. Ich werde mich nicht vor Ihren Augen entmannen lassen. Ich will nur noch sagen, es war mir eine Ehre, mit Ihnen befreundet gewesen zu sein, Captain Gideon. Dienen Sie in Ehren.«
    Die Muskeln arbeiteten in Gideons Wange und Hals, als er sich aufrichtete.
    »Gehen Sie in Ehren, Instruktor Rawlins.«
    Das verblasste. Sekundenlang herrschte grauenhafte Stille, dann kündete ein lautloser Blitz von der Selbstzerstörung des Bund-Schiffes. Nach einer Weile ergriff Gideon das Wort.
    »Sergeant, haben wir das Datenpaket des Instruktors erhalten?«
    »Jawohl, Sir. Es wird bereits analysiert.«

    »Gut. Lieutenant Berg, veranlassen Sie einen Sprung in den interstellaren Raum über eine Entfernung von fünf Lichtjahren, Richtung egal. Bringen Sie uns einfach weg von hier.«
    »Verstanden, Sir.«
    Theo blickte Gideon an. Das Gesicht des Tygraners war eine versteinerte Maske, aus der ein harter Blick ins Leere ging.
    »Mein Beileid, Captain«, sagte er leise.
    Gideon nickte. »Er hat das letzte Schlachtfeld erreicht.«
    »Captain, weshalb wurde sein Binärimplantat reaktiviert? Wie ist das möglich?«
    »Das weiß ich auch nicht, Major. Das ist eigentlich unmöglich …«
    »Kurs liegt an, Captain«, meldete Berg. »Hyperantrieb in Bereitschaft.«
    »Sprung ausführen.«
    Als das Schiff in den Hyperraum eintrat, wurde die Sichtluke schwarz. Theo wurde schwindlig und übel. Er biss die Zähne zusammen, um sich nicht zu übergeben.
    »Was ist mit dem Datenpaket?«, fragte Gideon. »Wissen wir schon, was es enthält?«
    »Bin fast fertig«, erwiderte Malachi. »Es enthält drei Hauptelemente; das erste besteht aus einer längeren Videoaufzeichnung, das zweite aus einer Zusatz-Datensequenz, gedacht als interaktive Ergänzung der Videoaufzeichnung, das dritte enthält mehrere Textdateien.«
    »Können Sie die Videodatei bordweit wiedergeben?«
    »Ja, sofort, Sir.«
    »Gut - ich mache vorher eine Ankündigung.« Gideon neigte sich vor und machte eine Eingabe. »Hier spricht der Captain - ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Captain Rawlins, der Instruktor der Veteranen, im Verlauf
eines ehrenhaften Kampfes ums Leben gekommen ist. Er starb, um uns wichtige Informationen zu überbringen, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.«
    Auf dem Brückenmonitor erschien Rawlins. Er stand am Rande einer grasbestandenen Lichtung, gebadet in Sonnenschein, neben sich einen Antigravladekarren mit einem gedrungenen Apparat. Als er auf einem Steuerpad eine Eingabe machte, zoomte die Kamera auf sein Gesicht.
    »Ich bin Captain Rawlins. Es ist 11 Uhr 19 am vierzehnten Metagia, und ich befinde mich in einem

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