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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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rundlicher, mit Steinen übersäter Hügel. Dort stand auch ein zehn Meter hoher Turm, der, wie Schwester Shi erklärte, zu einer ganzen Kette von Wachtürmen gehörte, die den vor ihnen liegenden Berg
mit einer Sensorbarriere umgaben. Sie holte ein silbriges Handgerät mit einer kleinen Sendeschüssel hervor und zielte damit auf die Spitze des Turms. Sekundenlang ertönte ein durchdringendes Sirren. Dann nickte sie und drehte sich um.
    »Der Sensorapparat wurde auf Diagnosemodus geschaltet«, sagte sie. »Uns bleibt nur eine Minute, deshalb müssen wir uns sputen!«
    Sie rannte über die kleinen Hügel hinweg, und die anderen beeilten sich, ihr zu folgen.
    Vor ihnen ragte der dunkle Berg auf, dessen höher gelegene Regionen sich im aufgewirbelten Staub verloren. Schwester Shih führte sie über die steinige Rundung eines nahen Hügels zu einem kaum erkennbaren Pfad, der am kahlen Berghang nach oben führte. Große Steinplatten ragten aus dem Hang, und hinter einem dieser Vorsprünge tat sich eine finstere, schmale Lücke auf.
    Im Schein der Taschenlampe ihrer Führerin marschierten sie durch einen kalten Gang, der sich durchs Gestein schlängelte. Qabakri hatte Schritt gehalten, ohne mit seinem weiten Gewand irgendwo hängen zu bleiben. Schließlich wurde der Gang breiter, und sie gelangten zu einer finsteren Nische mit einer Metalltür. Schwester Shi klopfte rhythmisch dagegen. Eine kleine Lampe begann über der Tür zu blinken, ein schmaler, heller Schlitz tat sich auf, und nervöse Knopfaugen schauten hervor.
    »Ingenieur«, sagte die Frau. »Sagen Sie nicht meinen …«
    »Ah, Si Wu Chu und drei geheimnisvolle Fremde …«
    »Ich wollte Sie gerade bitten, mich nicht mit Namen anzusprechen! Sie vergessen immer die Vorschriften.«
    Die Knopfaugen nahmen einen verletzten Ausdruck an. »Aber Si Wu Chu, Sie haben mir doch selbst gesagt, daran brauche ich mich nicht zu halten.«

    Schlösser klickten, dann ging die Tür auf. Ein kleiner, rundgesichtiger Mann in einem schäbigen Overall geleitete sie hindurch und schloss hinter ihnen gleich wieder ab. Als er Qabakri gewahrte, der alle anderen überragte, riss er die Augen auf.
    »Na, Sie sind mir ja ein Großer! Ich muss irgendwo noch einen Stuhl haben, der ihnen passt.«
    »Sehr freundlich«, entgegnete Qabakri mit Flüsterstimme. »Aber ich stehe lieber.«
    Ingenieur Bao lächelte, verneigte sich knapp und zog ein paar lädierte Hocker heran. Kao Chih blickte sich in dem schmalen Raum mit den hohen Felswänden um, dessen Boden mit Matten ausgelegt war. An den Wänden standen Regale und Kisten mit uraltem Werkzeug, an der Decke verliefen kreuz und quer Rohre. Einige zogen sich die Wände hinunter, andere verschwanden im Fels. Es war warm, und ein leichtes Zischen war zu hören.
    »Ingenieur«, sagte Si Wu Chu, »das sind die besonderen Gäste, von denen ich Ihnen erzählt habe.«
    »Ah, die Leute von den Sternen, wie? Die Auf-und-davon-Leute? Von der heimatlichen Erde?«
    Silveira schob die Brille hoch und zeigte seine eindeutig nichtasiatischen Augen. Ingenieur Bao staunte.
    »Runde Augen!«, sagte er erfreut und schüttelte erst Silveira und dann Kao Chih heftig die Hand. »Aber Sie sind nicht …?«
    Kao Chih atmete tief durch. »Nein, Ingenieur Bao, aber meine Großeltern sind seinerzeit zusammen mit Deng Guo von hier geflohen.«
    »Ah, so.« Bao blickte Schwester Shi an und lachte glucksend. »Si Wu scheint das nicht zu billigen, aber ich finde es gut, wenn die Söhne der Söhne heimkehren. Nun, Sie sind hergekommen, um zu sehen, was die Sonnenauge-Teufel
unserer Welt angetan haben, ja? Und wenn die Erde sieht, wie sehr wir gelitten haben, wird sie uns sicherlich befreien.«
    »Das ist unsere Aufgabe, Herr Ingenieur«, erwiderte Silveira.
    »Was ist mit Ihrem großen Freund?«, fragte Ingenieur Bao. »Er spricht wenig, also müssen seine Worte sehr kostbar sein.«
    »Er ist unser stiller Beobachter«, erklärte Kao Chih. »Und wie die Alten schon sagten, Taten sagen mehr als Worte.«
    Ingenieur Bao machte große Augen, dann lächelte er breit. »Ah, ich verstehe, ein Beschützer. Nun, ich glaube, hier droht Ihnen keine Gefahr. Ich kenne alle geheimen Tunnel und Wege, auch die, welche an den verschlossenen Tunneln vorbeikommen, die zu anderen Distrikten führen.«
    Schwester Shi lächelte Ingenieur Bao an, dann wandte sie sich mit ernster Miene an die drei Außenweltler.
    »Bei Bao sind Sie in guten Händen. Ich muss mich jetzt um meine Kinder kümmern, aber wenn

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