Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley

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eingeschaltet gehabt, doch als sie die Treppe hinuntergingen, machten sie in der Tiefe ein schwaches Licht aus. Einige Minuten später mündete die Rampe in einen offenen Raum, und Robert machte große Augen.
    Die Rampe hatte man aus der Wand einer gewaltigen Höhle herausgehauen, deren Decke und gegenüberliegende Wand sich in Halbdunkel und Dunst verloren. Den größten Teil des Bodens nahm die dunkle, spiegelnde Oberfläche eines stillen Sees ein, der von einem schmalen Uferstreifen gesäumt war. Die schroffe Decke reichte an einigen Stellen in Form wulstiger Felssäulen bis zum Boden. Herabhängende Felsformationen dienten als Ankerpunkte für Netze und Unmassen von Pflanzen, deren Stängel, Knollen und Triebe ein perlmuttfarbenes Licht aussandten. Dies allerdings wurde überstrahlt vom Wald, den sie eingehender musterten.
    Ansammlungen bleicher Bäume eten auf einer breiten Insel in der Mitte des Sees ein schier undurchdringliches Dickicht. Von ihrem erhöhten Standpunkt aus konnten sie erkennen, dass zwischen den Bäumen zahlreiche andere Pflanzen wuchsen: Büsche und Schlinggewächse, hohe Gräser, krumme Stängel, besetzt mit durchscheinenden Kegeln, Gruppen von glasartigen Kugeln und knolligen Pilzen. Vor allem von ihnen ging das Licht aus, das in nahezu alle Winkel reichte.
    Rosa hielt den Detektor in der Hand und zeigte lächelnd zum Wald. »Das ist der Ursprung der Sekundärpartikel.«
    Sie gingen zum Fuß des Hangs hinunter, dann begaben sie sich zu einem schmalen Uferausläufer, einem von mehreren,
die zum Inselwald hinüberführten. Es war schwül, und zahllose Insekten tanzten über dem unbewegten Wasser. Je näher sie der Insel kamen, desto deutlicher traten die schwachen Farben der Pflanzenwelt hervor, zarte Blautöne, blasse Gelbtöne, fahles Rosa. Dies alles trug zur geheimnisvoll schimmernden, einladenden Atmosphäre des unterirdischen Sees und des Waldes bei, die in absolute Stille gehüllt waren. Als sie die Insel erreicht hatten, bahnten sie sich einen Weg durchs blass leuchtende Laub, und Robert dachte lächelnd an die Geschichten, die seine Mutter ihm als Kind erzählt hatte, Geschichten von tapferen Rittern, die auf der Suche nach einem Schatz, einer Prinzessin oder dem Heiligen Gral durch Einöden und Wälder streiften.
    Und jetzt sind wir hier, dachte er. Seltsame Ritter auf der Suche nach einem noch seltsameren Gral.
    Schließlich gelangten sie zur Mitte des bleichen Waldes, einer Lichtung mit einem dunklen, spiegelglatten Tümpel. Mit dem Detektor in der Hand trat Rosa an dessen Rand.
    »Hier wimmelt es von Sekundärpartikeln«, sagte sie. »Aber an dieser Stelle ist die Konzentration am höchsten.«
    »Sollen wir jetzt den Behälter aufstellen und warten, bis der Zyradin sich hineinbegibt?«
    Rosa nickte, holte einen flachen Gegenstand aus einer Hüfttasche und zog einen Plastikstreifen von dessen Rand ab. Das Ding dehnte sich daraufhin aus und nahm die Form eines dunkelgrauen Zylinders an, der etwa so lang war wie Roberts Unterarm. Eine Scheibe pellte sich vom Fuß des Zylinders ab und formte sich zum Deckel. In Sekundenschnelle wurde er steif.
    »Der Zylinder sendet ein Infraschallmuster aus«, erklärte Rosa. »Der Zyradin wird von der Schallquelle angelockt und zwängt sich in den Behälter …«

    ** ODER AUCH NICHT **
    Der Sprecher klang leise und bediente sich eines fast akzentfreien Anglik, und es schien so, als befände er sich ganz in der Nähe, eigentlich ein Chor von Stimmen, die sie einhüllten. Robert wechselte einen Blick mit Rosa, die gleichermaßen verwirrt und belustigt wirkte wie er.
    »Mit wem sprechen wir?«, fragte sie.
    ** MIT DEM, DEN IHR SUCHT ** IHR SUCHT EIN ES, ABER ICH BIN EIN ICH ** DIE GROSSEN DESIGNER HABEN EIN ES FÜR DEN KRIEG ERSCHAFFEN ** ANSCHLIESSEND VERÄNDERTE SICH DAS ES ÜBER EINEN ZEITRAUM VON VIELEN JAHREN HINWEG, ALS WÄRE DIE ZEIT DER NÄHRBODEN, AUS DEM ES WUCHS ** UND ES WURDE ICH ** ICH BIN HIER GLÜCKLICH ** WESHALB SOLLTE ICH FORTGEHEN **
    »Weil der Krieg noch nicht vorbei ist«, sagte Robert. »Weil mächtige Kräfte bemüht sind, deinen alten Gegner freizusetzen, die Legion der Avatare. Und wenn wir scheitern, werden Welten verbrennen, und Abermilliarden Lebewesen werden sterben. Das Konstrukt hat uns in der Hoffnung, das Schlimmste abwenden zu können, damit beauftragt, einen Zyradin aufzuspüren, als Ergänzung des Weltwaldes, der Segrana genannt wird.«
    Rosa musterte ihn beifällig.
    ** AH, DAS KONSTRUKT ** DAS ERKLÄRT VIELES