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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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er sich zur blassen Tunnelöffnung um.
    »Hast du das auch gehört?«, fragte er.

    »In einem solchen Bau leben zehntausende Achorga«, sagte Rosa und blickte auf ihren Detektor. »Die Gänge leiten Geräusche und Vibrationen vermutlich über große Entfernungen weiter. Vielleicht sollten wir unsere Unterhaltung besser auf ein Minimum beschränken …«
    Einige Minuten lang stapften sie schweigend den sanft abfallenden Tunnel entlang, dann hielt Rosa an und legte den Zeigefinger an die Lippen. Erst nach einer Weile vernahm Robert eine Art Ticken, das lauter wurde und sich vervielfältigte. Im nächsten Moment kam ihnen von unten ein Teppich kleiner, fingerlanger Insektenwesen entgegen. Das waren Sekundärsymbionten, und da strauchelte Rosa auch schon und trat auf einige der Tiere, taumelte zurück und zertrat dabei weitere. Mit gequälter Miene betrachtete sie die Schmiere an ihren Schuhsohlen, während die heranströmenden Käfer in einen Futterrausch gerieten.
    »Der Geruch wird sich rasch verbreiten«, meinte Robert. »Komm besser hier rauf …«
    Zu spät. In der Wand ete sich eine Öffnung, und ein Haufen größerer Insekten brach hervor und stürzte sich auf den wogenden Haufen der kannibalischen kleinen Käfer. Dann hob sich vor Rosa der Tunnelboden und barst. Sie stürzte, während sich schlangenartige Wesen ins Getümmel warfen. Rosa wich vom Riss im Boden zurück und zog die Flechettewaffe, als hinter ihr der Boden aufbrach, ein feucht glänzender gelber Tentakel hervorschoss und sie mit sich riss.
    »Rosa!«, rief Robert, zog die Strahlenpistole aus dem Halfter und schnitt eine Schneise in das widerwärtige Gewoge. Unter dem Loch im Boden lag ein weiterer Tunnelgang. Robert sprang hinunter und wurde sogleich von mehreren Tentakeln erschreckt, die gegen die transparente Membran schlugen, die den Gang nach einer Seite
hin abschloss. Ein blassgrünes Leuchten ging von der durchsichtigen, an einigen Stellen eingetrübten Membran aus. Außerdem wies sie einen großen Riss auf, vor dem einer von Rosas kleinen Holoprojektoren auf dem Boden lag.
    »Rosa«, sagte er. »Hörst du mich? Was ist los?«
    »Ja, Vater, ich bin … unverletzt. Bist du im unteren Tunnel?«
    »Im Moment, ja. Hat dich einer dieser wild gewordenen Tentakel erwischt?«
    »Ich glaube, das ist ein Fütterarm. Er packt die Nahrung und lässt sie in einen Raum voller Achorga-Larven fallen.«
    »Mein Gott, bist du jetzt da drin?«
    »Ich konnte mich befreien und suche jetzt nach einem Zugang zu den Eikammern, die für gewöhnlich konzentrisch um den Thronraum der Königin angeordnet sind. Wenn du weitergehst, gelangst du zu einer Verzweigung in der Nähe eines der Hauptzugänge zum Thronsaal. Dort warte ich auf dich.«
    »Rosa, ich habe einen deiner Holoprojektoren gefunden.«
    »Ja, mir ist schon aufgefallen, dass einer fehlt, Vater. Wenn du den kleinen Knopf an deinen Projektoren drückst, kannst du sie selbst bedienen. Aber jetzt mach dich besser auf den Weg.«
    »Ist gut. Bis bald.«
    Zehn Minuten brauchte er, um sich durch den abschüssigen, kurvenreichen Gang hindurchzuarbeiten. Abgesehen von einer Begegnung mit einem Nebenstrom der kleinen Symbionten kam es dabei zum Glück zu keinen Zwischenfällen mehr. Als er die Bodenöffnung erreicht hatte, spähte er nach unten. Durch die unebenen Wände
sickerte Biolumineszenzlicht, das auch von den knotigen, milchigen Strängen ausging, die sich um die Abzweigung herumschlängelten. Abgerundete Rampen und Gänge verbanden die meisten Öffnungen miteinander und mit dem Boden, und mehrere wacklig wirkende Brücken überspannten die Lücke. Hier wollte Rosa sich mit ihm treffen, deshalb musste er sich entscheiden, ob er hier warten oder mit Hilfe der Holotarnung in eine kleinere Öffnung überwechseln sollte, die ihm einen besseren Überblick bot …
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass das Kehlkopfmikro und der Ohrstöpsel warm wurden. Nein, nicht warm, sondern heiß - hastig wich er von der Öffnung zurück und riss sich das Mikrofon und den glühend heißen Ohrhörer ab. Er ließ sie zu Boden fallen, lehnte sich an die Wand und zuckte zusammen, als er Hals und Ohr berührte. Dann stürmte auf einmal eine kleine Gestalt aus der Dunkelheit hervor, klaubte die beiden Teile auf und rannte wieder weg.
    »Heh!«, rief Robert und stolperte dem Dieb hinterher.
    Im trüben Schein seiner Rotlichtlampe wäre er beinahe über den kleinen Burschen gestolpert, der einen Stein in der Hand hielt und damit die

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