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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Raumteiler diente und die Trophäen der Meilenhofener Fußballer zeigte: Wimpel, metallene Miniaturfußballer, die in Schussposition auf kleine Marmorsockel montiert waren, und Bleikristallvasen von zeitloser Hässlichkeit. An den Wänden hingen säuberlich gerahmte Mannschaftsfotos, zum Großteil aus längst vergangenen Zeiten, wie an der weit fortgeschrittenen Vergilbung zu erkennen war. Zwei Porträtfotos, beide mit schwarzem Trauerflor versehen, erinnerten an Fußballer, die der Tod zu früh aus der Mitte des TSV 1962 gerissen hatte. Tödlicher Unfall auf der Heimfahrt von der Großdisco in Lenting, vermutete Morgenstern.
    Eine Kellnerin kam an ihren Tisch, brachte die Speisekarte und nahm die Getränkebestellung entgegen: eine Cola für Morgenstern, ein Cola-Mix für Hecht. Auf der offiziellen Speisekarte standen keine Wildgerichte. Schließlich entdeckte Hecht eine schwarze Tafel über dem Tresen, auf der mit Kreide stand: »Rehragout frisch vom Schuss – mit Kroketten und Blaukraut: 6,90 Euro«. Direkt daneben hing eine identische Tafel mit dem holprig gereimten Sinnspruch: »Wer meine Küche kennt, der geht nicht fremd!«
    »Wild gibt es hier anscheinend bloß auf Zuruf«, raunte Hecht Morgenstern zu. »Und zwar konkurrenzlos billig.«
    »Ich würde eigentlich lieber die Currywurst essen«, flüsterte der zurück. »Aber wir sollten beide das Rehragout nehmen.«
    »Warum?«
    »Das verlangt unsere kriminalistische Sorgfaltspflicht. Wir müssen schließlich wissen, wovon wir reden, wenn wir dem sauberen Herrn Wirt die Daumenschrauben anlegen.«
    Es dauerte keine Viertelstunde, dann hatten die Ermittler ihr Essen auf dem Tisch.
    »Mahlzeit!«, sagte Hecht und bestaunte den Berg Kroketten, der ihnen in einer eigenen Schüssel gereicht worden war.
    »Das nannte man in der DDR Sättigungsbeilage«, sagte Morgenstern. Auch die Fleischportion hätte für eine Holzfällerbrigade gereicht. Eine atemberaubende Essignote stieg von den Tellern auf. »Mit der Soße könnten wir unsere Bürokaffeemaschine entkalken«, moserte Morgenstern.
    Doch die anfängliche Skepsis verflog mit den ersten Bissen, und die beiden aßen mit immer größerer Begeisterung. Selbst die Schüssel mit den Kroketten leerte sich zusehends. Morgenstern und Hecht hatten den Zweck ihres »Arbeitsessens« beinahe schon vergessen, als sich die Tür öffnete und zwei Männer mit Aktenkoffern eintraten.
    Morgenstern versetzte Hecht mit dem Ellbogen einen Rempler und deutete auf die neuen Gäste. »Das sind unsere Lebensmittelkontrolleure«, flüsterte er. »Jetzt wird’s heiß.«
    Die beiden Männer wandten sich suchend um. Morgenstern nickte ihnen unauffällig zu; er und Hecht würden ihren Beobachterstatus bis auf Weiteres beibehalten. Die Kontrolleure gingen zur Theke und sprachen leise mit der Kellnerin. Die stutzte kurz, nickte dann mehrmals und führte die Besucher in den rückwärtigen Raum. Wenig später kehrte sie allein zurück – sichtlich nervös.
    Nach fünfzehn Minuten, in denen die Kommissare wie auf Kohlen saßen und ihre leeren Gläser in den Händen drehten, hielt Morgenstern die Ungewissheit nicht mehr aus und ging Richtung Toiletten, um eventuell auf dem Gang lauschen zu können. Und tatsächlich: Durch eine Schiebetür mit einem Emailleschild »Privat« hörte er eine laute Frauenstimme.
    »Wenn ich es Ihnen doch sage, das ist alles beim Händler gekauft! Ich habe nur die Rechnungen verlegt.«
    Morgenstern grinste. Das klang verdächtig nach Täuschung: Vermutlich kaufte die Frau zur Tarnung geringe Mengen Wildfleisch bei einem regulären Händler.
    Aus der Küche drang die Stimme eines der Kontrolleure: »Und warum ist dieses Paket ordnungsgemäß mit dem Herkunftsnachweis eines Händlers versehen, während die anderen nicht etikettiert sind? Kommt Ihnen das nicht auch merkwürdig vor? Sie als Chefin müssen mir das erklären können.«
    Jetzt erst fiel bei Morgenstern der Groschen: Der Koch war eine Köchin, er hatte sich durch den Pappkameraden irritieren lassen. Hier kochte die Chefin, nicht der Chef.
    »Ich habe das Fleisch neu portioniert und umgepackt«, verteidigte sich die Wirtin. »Die Portionen, die mir mein Händler aus Pfaffenhofen liefert, sind viel zu groß.«
    »Aber dieses Paket ohne Etikett, das ist Ihnen nicht zu groß? Für meine Begriffe dürfte das ein halbes Reh sein. Und ich werde Ihnen noch etwas sagen: Dieses Tier haben Sie nie und nimmer aus dem regulären Wildbrethandel. Genauso wenig wie diese

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