Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
drüben. Der kommt heute schon den ganzen Tag im Radio, und am Stammtisch reden sie von nichts anderem.« Sie blickte Morgenstern an. »Und die Kripo glaubt jetzt, dass ihn ein Wilderer erschossen hat, und deswegen nehmen Sie mir hier meinen Laden auseinander.«
»Erstklassig kombiniert!«, nickte Morgenstern. »Also, von wem beziehen Sie Ihr Wild?«
Die Augen der Köchin flackerten. Sie begann nervös auf und ab zu laufen, ging schließlich zu ihrem Gulaschtopf, hob den Deckel ab und rührte darin herum. Den Rücken den Kommissaren zugewandt, murmelte sie: »Der bringt mich um. Der bringt mich um. «
»Das werden wir zu verhindern wissen«, versprach Morgenstern und legte dabei so viel Verlässlichkeit wie nur möglich in seine Stimme. »Wenn Ihr Lieferant der Mann ist, den wir suchen, werden wir dafür sorgen, dass er von unserem Besuch hier nichts erfährt. Sie bekommen einen Bußgeldbescheid vom Landratsamt wegen nicht deklarierter Lebensmittel, und die Sache ist vom Tisch. Aber das funktioniert natürlich nur, wenn Sie mit uns zusammenarbeiten.«
»Und wenn nicht?«, fragte Isolde Hasenbeck leise und drehte sich immer noch nicht um.
»Dann ziehen wir hier andere Saiten auf«, knurrte Hecht. »Dann sperren wir Ihnen Ihren Laden zu, das verspreche ich Ihnen. Hehlerei, Beihilfe zum Wildfrevel, Berichte in der Zeitung, öffentliche Gerichtsverhandlung. Das wird ganz großes Kino.«
»Das ist Erpressung!«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen«, sagte Morgenstern. »Wir suchen einen Mörder, einen Menschen, der mit einem Gewehr herumläuft und andere Menschen kaltblütig erschießt, da können wir auf Empfindlichkeiten keine Rücksicht nehmen.«
Es klopfte an der Tür, die zur Gaststube führte. Die Kellnerin steckte den Kopf herein. »Darf ich kurz stören? Die Fußballer sind mit dem Training fertig und wollen etwas zu essen. Siebenmal Currywurst, zweimal Bratwurst mit Kraut und einmal saure Zipfel.« Argwöhnisch schaute sie auf die beiden Kommissare und die Wirtin, die sich rasch mit dem Schürzenzipfel über die Stirn wischte. »Geht’s dir nicht gut, Isolde?«
»Doch, doch, ich kümmere mich gleich darum. Ich muss nur mit diesen beiden Herren noch etwas zu Ende besprechen.« Sie machte eine kurze Pause. »Ihnen hat das Rehragout nicht geschmeckt.«
»Warum haben sie dann alles aufgegessen?«, fragte die Kellnerin kopfschüttelnd und kehrte in den Gastraum zurück.
»Also gut, in Gottes Namen«, seufzte die Köchin. Sie zog einen Rechnungsblock und einen Bleistift aus der Schürzentasche, kritzelte etwas darauf, riss das Blatt ab, knüllte es zusammen und drückte es dem irritierten Morgenstern wortlos in die Hand. »Und jetzt fahren Sie besser«, sagte sie müde. »Sie sehen ja, ich habe zu tun.«
»Wir auch«, entgegnete Morgenstern, und die beiden verabschiedeten sich.
In der Wirtsstube wurden sie von der Kellnerin und den Stammtischbrüdern nun misstrauisch beobachtet. Morgenstern legte säuberlich abgezählt fünfzehn Euro und vierzig Cent auf den Tisch, trank mit einem Zug Hechts Cola-Mix aus, nickte den anderen Gästen vage zu und ging. Als er die Tür hinter ihnen schloss, hörte er die Kellnerin noch sagen: »Nicht mal ein Trinkgeld haben Sie gegeben. Komische Vögel.«
Erst im Auto faltete Morgenstern das zerknüllte Papier auseinander. Unter dem Wappen der Eichstätter Brauerei standen in Großbuchstaben drei Worte: » ZACHINGER ERWIN BIESENHARD «.
»Na also! Von wegen Hintermeier!«, triumphierte er und hielt Hecht den Zettel unter die Nase. »Das klappt doch wie am Schnürchen. Und alles ganz ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl.« Er sah erst auf die Uhr, dann auf die Landkarte, die er aus dem Handschuhfach gezogen hatte. »Biesenhard. Das ist ganz in der Nähe. Aber morgen ist auch noch ein Tag.«
»Ganz recht. Wir sollten uns sowieso vorher mit dem Chef abstimmen«, pflichtete Hecht bei. »Ich schätze, beim Wilderer brauchen wir auf jeden Fall einen Durchsuchungsbefehl. Wir müssen schließlich die Waffe finden.«
Es war fast zweiundzwanzig Uhr, als Morgenstern zurück nach Eichstätt kam. Als er mit seinem betagten Landrover die B 13 ins Altmühltal hinabfuhr, sah er schon von Weitem den bunten Lichterkranz des Riesenrads auf dem Volksfestplatz und überlegte kurz, ob er nicht noch über die »Wiesn« schlendern sollte. Er kurbelte die Scheibe herunter, atmete die kühle Luft des Septemberabends ein und lauschte der Blasmusik aus dem Bierzelt, die der Wind zur Straße
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