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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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ging hinaus aus dem kühlen, dämmrigen Raum ins fast grelle, warme Sonnenlicht, das den Klosterhof aufgeheizt hatte wie einen Backofen. In der düsteren Gruft konnte man ja nur auf trübe Gedanken über Krankheit, Leid und Tod kommen, dachte er und fröstelte dabei ein wenig. »Die sehen mich nie wieder.«
    * * *
    Zu Hause fand Morgenstern einen Zettel von Fiona auf dem Küchentisch: »Sind im Freibad. Komm doch nach, wenn du Lust hast!«
    Er packte rasch seine Badehose und ein Handtuch ein und marschierte los. Das Freibad lag nah am Stadtzentrum auf einer Altmühlinsel, und nach dem Volksfest endete dort die Saison. Die Eichstätter sahen deshalb den schönen Sommertag zu recht als einen der letzten Badetage dieses Jahres und bescherten der Einrichtung einen späten Besucherrekord.
    Morgenstern brauchte eine Weile, bis er seine Familie gefunden hatte. Fiona lag allein auf der Liegewiese und las ein Buch, die Jungs, so berichtete sie, tummelten sich am Sprungbecken.
    »Was macht dein Urlaub?«, fragte sie.
    Morgenstern wurde rot. »Äh, ich habe noch nicht gefragt.«
    Fiona schüttelte den Kopf. »Viel Zeit hast du nicht mehr, morgen ist schon Mittwoch. Wehe, wenn wir ohne dich in die Türkei fliegen müssen!«
    »Nein, nein, das wird schon klappen«, brummelte Morgenstern.
    Fiona schaute ihn zweifelnd an. »Manchmal bist du ein ziemlicher Hasenfuß, Mike. Weißt du das? Und jetzt schlüpf mal in die Badehose und sieh nach deinen Jungs.«
    Gehorsam zog Morgenstern seine knallbunt gemusterten Bade-Bermudas an und trabte zum Springerbecken. Marius winkte ihm schon von Weitem zu und alarmierte Bastian. Strahlend empfingen ihn die beiden. »Hey, Papa, wir sind beide vom Dreier gesprungen! Das musst du dir anschauen.«
    »Toll!«, lobte Morgenstern. »Wisst ihr, wann ich zum letzten Mal vom Drei-Meter-Brett gesprungen bin? Als ich fünfzehn oder sechzehn war, seitdem nicht mehr.«
    »Dann könntest du doch heute mal wieder springen, Papa!«, schlug Marius vor. »Das geht ganz leicht.«
    Bastian pflichtete ihm bei. »Wenn du Angst hast, musst du bloß die Augen zumachen.«
    »Nein, kommt gar nicht in Frage. Ihr springt mal schön alleine, und ich schaue zu.«
    Morgenstern blickte nach oben zum Fünfer. Eine Gruppe älterer Jugendlicher versuchte sich in gewagten Sprüngen. Zwei davon schafften sogar einen Salto. Der Dreier kam ihm nun recht unproblematisch vor.
    »Also, was ist jetzt, Papa«, drängelte Marius. »Springst du?«
    Morgenstern warf sich demonstrativ in die Brust und sagte so lässig wie möglich: »Wenn euch so viel daran liegt, dann will ich euch den Gefallen mal tun. Aber ihr springt zuerst.«
    Freudestrahlend liefen die beiden Kinder zu der schmalen Metallleiter, die zum Drei-Meter-Brett führte. Marius war als Erster oben, blickte voll Eifer zu seinem Vater herab, nahm kurz Anlauf und sprang mit am Körper angelegten Armen ins Wasser. Prustend tauchte er wenige Augenblicke später wieder auf, und Morgenstern klatschte Applaus.
    »Schau mal, Papa, jetzt komm ich!«, rief Bastian, der schon an der Vorderkante des schmalen Sprungbrettes stand. Er zögerte kurz, hielt sich dann mit der rechten Hand die Nase zu, schloss die Augen und machte entschlossen den entscheidenden Schritt nach vorne. In letzter Sekunde zog er schnell die Beine an.
    »Arschbombe«, jubelte Marius, als das Wasser hoch aufspritzte und Morgenstern, der bislang noch völlig trocken gewesen war, von einem Guss eiskalten Wassers erwischt wurde. Seine Begeisterung für das Drei-Meter-Brett war binnen Sekunden abgekühlt.
    Zaudernd ging er auf die Leiter am Sprungturm zu und ließ erleichtert einem höchstens sechsjährigen Knirps den Vortritt, der sich todesmutig mit einem missglückten Salto ins Wasser stürzte. Der Junge schlug breit mit dem Rücken auf dem Wasser auf, schien sich aber nichts daraus zu machen, sondern kletterte eilends aus dem Becken, um den nächsten Versuch zu wagen.
    Verflixt, ein Verfolger, dachte Morgenstern, der die letzte Sprosse der Leiter erreicht hatte. Gott, war das hoch! Er stieg auf das Sprungbrett, ging langsam nach vorne und blickte ins Becken hinab: ein Abgrund. Instinktiv wich er einen Schritt zurück.
    »Los, spring!«, rief Bastian.
    Morgenstern drehte sich um: Auf der Leiter kam bereits der Knirps von eben hoch, der Rückweg war abgeschnitten. Aber konnte es hier überhaupt einen ehrenvollen Rückzug geben? Er sah wieder nach vorne, und ihn beschlich das grauenhafte Gefühl, dass ihn sämtliche

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