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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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befohlen worden war? Oder war er ein glühender Anhänger Hitlers gewesen?
    Aber er lag falsch, denn der Tote war, wie sich herausstellte, deutlich jünger.
    »Vater war damals noch ein Bub. Er hat erzählt, wie er mit der ganzen Nachbarschaft im Luftschutzkeller gesessen ist und wie die Jugendlichen später in der Altmühl nach versenkter Munition getaucht haben. Und dass die Amerikaner damals alle Jagdgewehre konfisziert und vernichtet haben. Das hat ihn noch Jahrzehnte später aufgebracht. Auch sein Vater war schon ein begeisterter Jäger. Es gab damals wohl mehrere schöne Jagdwaffen im Haus, aber davon blieb nichts übrig.«
    Morgenstern legte den Wälzer weg, weigerte sich aber beharrlich, wieder auf der Ledercouch Platz zu nehmen. Das erinnerte ihn zu sehr an die »Arbeitsgespräche« bei seinem Vorgesetzten. Hecht dagegen saß mit gezücktem Block und eifriger Miene dicht neben Irmgard Schreiber.
    Walter Schreiber übernahm die Initiative. »Haben Sie schon irgendwas herausgebracht?«, fragte er in einem Ton, der Morgenstern patzig vorkam. Er erklärte kurz, es gebe einen ersten Verdächtigen, stellte aber klar, dass sie auch noch anderen Spuren nachgehen müssten.
    »Lassen Sie uns über Geld reden«, gab er schließlich das Thema vor. »Herr Schreiber, wenn wir uns hier so umsehen, ist es offenbar nur noch eine Frage von Monaten, bis Sie zusperren müssen.« Er machte eine kurze Pause. »Haben Sie eigentlich Geschwister?«
    »Nein, ich bin der einzige Sohn.«
    »Dann sind Sie also der alleinige Erbe Ihres Vaters?«, fragte Morgenstern schonungslos. »Hat Ihr Vater überhaupt etwas zu vererben?«
    Er kannte die Antwort bereits, er hatte es eben selbst durch die Bürotür mitgehört: Das Haus in Eichstätt würde direkt in das Eigentum des Sohnes übergehen. War nicht von einer halben Million Euro die Rede gewesen? Aber er wollte es noch einmal offiziell hören. Umso überraschter war er, als sich Irmgard Schreiber energisch zu Wort meldete: »Nein, da werden wir nicht viel bekommen. Mein Schwiegervater hat alles, was er hatte, immer ins Geschäft investiert.«
    Morgenstern nickte Hecht zu, der die Aussage sorgfältig auf seinem kleinen Notizblock festhielt. Irmgard Schreiber ließ sich dadurch nicht irritieren, sondern sah Morgenstern unverwandt an. Ihre Augen waren strahlend blau – was sonst, dachte Morgenstern. Aber er würde sich hier nicht um den Finger wickeln lassen. Plötzlich kamen ihm diese Schreibers äußerst verdächtig vor. Irmgard Schreiber log wie gedruckt, ihr Gatte ließ sie gewähren. Irgendetwas stimmte hier nicht.
    »Wie war denn Ihr Verhältnis zu Ihrem Schwiegervater? Ihr Mann hat neulich angedeutet, dass es da manchmal … atmosphärische Störungen gab.« Er fixierte sie mit einem harten Blick.
    »So, hast du das?«, wandte sich Irmgard Schreiber mit ironischem Unterton an ihren Gatten. »Also gut, wir sind uns, soweit das möglich war, aus dem Weg gegangen. Meinem Schwiegervater hat es nicht so gut gefallen, dass ich meinen eigenen Kopf habe. In den ersten Jahren nach unserer Hochzeit hat er versucht, mich bei meinem Mann schlechtzumachen. Vor allem nachdem klar wurde, dass wir keine Kinder bekommen würden.« Ihr Mund wurde schmal. »Machen Sie einmal einem alten Patriarchen klar, dass sein Name ausstirbt.«
    Hecht nickte verständnisvoll, und Morgenstern hatte den Eindruck, dass sein kinderloser Kollege ähnliche Erfahrungen gemacht hatte. Einen Augenblick lang herrschte peinliche Stille. Dann legte Morgenstern nach.
    »Herr Schreiber, ich würde mir gerne einmal Ihre Waffe ansehen. Ihr Jagdgewehr«, sagte er.
    Schreiber war fassungslos, wie Morgenstern mit Genugtuung sah. »Sie wollen doch nicht etwa andeuten …«
    Morgenstern murmelte die altbewährte Floskel »Reine Routine« und ließ sich zusammen mit Hecht in die Schreiber’sche Privatwohnung führen, die in das Möbelhaus integriert war. »Mal sehen, welche Leichen die Schreibers im Keller haben«, flüsterte er Hecht zu.
    Der Waffenschrank, ein lindgrün lackiertes Blechgehäuse mit Vorhängeschloss, stand in einer Putzkammer in der Wohnung, umringt von Bügelbrett, Staubsauger und Putzeimern. Den Schlüssel für das Schloss fischte Walter Schreiber aus einer alten Blumenvase. Morgenstern hob irritiert eine Augenbraue. Welcher Geschäftsmann versteckte einen so wichtigen Schlüssel in einer Blumenvase?
    Im Schrank standen ein Jagdgewehr, daneben ein Luftgewehr, das viel moderner war als das, das Morgenstern von der

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