Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
erledigt.«
»Noch etwas«, sagte Morgenstern, ohne auf Schreibers Frage einzugehen. »Wie kommt Ihr Schwager an Ihr Gewehr, wenn Sie doch angeblich gar keinen Kontakt hatten?«
Schreiber starrte die Wand an.
»Irmgard Schreiber«, flüsterte der Freisinger Kollege.
Morgenstern nickte und bat eine Sekretärin, Irmgard Schreiber aus der Kantine abzuholen und ins Vernehmungsbüro zu bringen.
Irmgard Schreiber geborene Kurzmüller war bester Dinge, als sie den schmucklosen Raum betrat.
»Ich hoffe, jetzt ist alles geklärt und wir beide können in aller Ruhe nach Hause fahren, Walter. Wir müssen noch so viel für die Beerdigung vorbereiten.«
»Nicht ganz«, sagte Walter Schreiber und deutete auf die Kriminalbeamten. »Es gibt noch ein paar Fragen an dich.«
Wie lange diese Ehe wohl noch hält?, dachte Morgenstern unwillkürlich, als er Schreiber in einen Nebenraum bringen ließ, um seine Frau ins Kreuzverhör zu nehmen.
Eine Viertelstunde lang bestürmten die drei Kriminalbeamten Irmgard Schreiber mit Fragen: »Welche Kontakte haben Sie zu Ihrer Familie?« – »Nur ganz wenige.« – »Welche Beziehung haben sie zu Ihrem Bruder Hubert?« – »Keine besondere.« – »Warum lügen Sie uns an?« – »Ich lüge Sie nicht an.« – »Wusste Ihr Bruder, dass Ihr Mann ein Jagdgewehr besitzt?« – »Ich glaube schon.« – »Kommt Ihr Bruder manchmal zu Ihnen nach Hause?« – »Nein, nie. Mein Mann kann ihn nicht sehr gut leiden.« Peter Hecht schließlich schleuderte Irmgard Schreiber ins Gesicht: »Ihr Bruder Hubert hat den Bankraub verübt. Und Sie, Frau Schreiber, haben ihm dafür das Gewehr Ihres Mann zur Verfügung gestellt und es später unauffällig wieder an seinen alten Platz zurückgestellt. Richtig?«
Die Frau sank in sich zusammen und nickte kraftlos.
»Wir müssen Sie hierbehalten, Frau Schreiber«, sagte Hecht zum Abschluss. »Wir brauchen ein bisschen Zeit, um mit Ihrem Bruder zu sprechen. Es wäre doch ungeschickt, wenn Sie ihn vorher warnen würden.«
Hubert Kurzmüllers Schrottplatz am Stadtrand von Neuburg schien verwaist. Ein hoher Maschendrahtzaun hielt unwillkommene Besucher auf Abstand, dahinter patrouillierten zwei Dobermänner. Als Morgenstern, Hecht und der Kriminalbeamte aus Freising, begleitet von zwei Streifenbeamten der Polizeiinspektion Neuburg, am stählernen Tor des Geländes läuteten, stürzten die Hunde mit dunklem Bellen auf sie zu.
»Sieht nicht so aus, als ob man hier auf Kundschaft eingestellt wäre«, sagte Hecht. Morgenstern nickte.
Weiteres Läuten erübrigte sich, denn die beiden Hunde veranstalteten mittlerweile einen ohrenbetäubenden Lärm, sprangen an dem Tor hoch, rannten zu einem grob verputzten, barackenartigen Flachbau mit vergitterten Fenstern und kehrten geifernd zum Tor zurück.
»Fort Knox könnte nicht besser gesichert sein«, meinte Morgenstern.
Nach quälend langen Minuten quietschte die stählerne Tür der Baracke, ein kurzer, scharfer Pfiff ertönte, und augenblicklich hetzten die beiden Wachhunde schwanzwedelnd zum Gebäude und verschwanden im Inneren. Die Tür schloss sich wieder. Erneut dauerte es einige Minuten, bis das Quietschen abermals ertönte. Ein klein gewachsener, alter Mann mit einem auffällig gekrümmten Rücken trat aus der Baracke und blinzelte ins Sonnenlicht. Ohne besondere Eile kam er ans Tor und sah die uniformierten Polizisten der Neuburger Inspektion fragend an. »Was wollt ihr denn hier?«
Morgenstern war sofort klar, dass der Bucklige nicht der eigentliche Hausherr sein konnte. Er war vermutlich ein schlecht bezahlter Gehilfe, der sich auf dem Schrottplatz häuslich niedergelassen hatte und als Mädchen für alles auch die Hunde versorgte.
»Wir suchen Hubert Kurzmüller, den Chef.«
Der Mann grinste breit, kratzte sich ausgiebig unter der linken Achsel, spuckte auf den Boden und meinte dann: »Wenn ihr den Herrn Kurzmüller sprechen wollt, müsst ihr nach Kaisheim fahren. Da sitzt er seit vier Wochen ein. Fünf Monate hat er noch vor sich.«
»Nach Kaisheim«, sagten Morgenstern und Hecht wie aus einem Mund und starrten dann die beiden uniformierten Neuburger Kollegen vorwurfsvoll fragend an. »Der Kurzmüller sitzt im Knast in Kaisheim ein, und Sie wissen davon nichts?«
Die Justizvollzugsanstalt in Kaisheim bei Donauwörth war eine der größten Bayerns, untergebracht in einem ehemals prächtigen barocken Zisterzienserkloster, das nach der Säkularisation vor gut zweihundert Jahren wie viele andere bayerische
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