Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
Klöster kurzerhand in ein Gefängnis umgewandelt worden war.
»Weswegen sitzt er denn, Ihr Chef?«, fragte Hecht den Buckligen.
»Ach, gar keine große Sache. Er hat hier bei ein paar Firmen in der Region Edelmetall abgezweigt. Aus den Altmetallcontainern. Kupfer, Messing, solche Sachen. Ein paar Tonnen, kaum der Rede wert.«
»Machen Sie sich darauf gefasst, dass Sie hier noch länger ohne Ihren Chef auskommen müssen«, sagte Morgenstern.
»Ich bin’s gewohnt«, sagte der Mann und kratzte sich zum Abschied nachdenklich am Hintern.
Es war kurz vor neunzehn Uhr, als Hecht und Morgenstern ins Präsidium zurückkehrten. Die Kripo Freising würde sich nun allein um den Schrotthändler kümmern, hatte der Kollege versprochen.
»Diese Irmgard Schreiber nehmen wir uns natürlich auch noch ausführlich vor, aber ihr könnt sie fürs Erste zusammen mit ihrem Mann nach Hause schicken. Ist nicht morgen die Beerdigung des Seniors?«
Die Beerdigung, richtig. Am Freitagnachmittag sollte Matthias Schreibers irdische Hülle der Erde übergeben werden.
»Stimmt«, sagte Morgenstern. »Da werden sie fließen, die Krokodilstränen. Ein Glück, dass wir nicht dabei sein müssen.«
Morgenstern sollte sich täuschen. Als er und Hecht nach der Verabschiedung des Freisinger Kollegen bei ihrem Vorgesetzten Meldung machten und über den Verlauf des Nachmittags Bericht erstatteten, war Adam Schneidt zwar durchaus zufrieden. Aber er hatte seine eigene Sicht der Dinge.
»Sie beide gehen morgen auf den Friedhof und halten dort die Augen offen.«
»Warum?«, fragte Morgenstern baff.
»Weil ich das sage. Basta.«
»Wir haben doch schon das Geständnis von Zachinger, dass er zur Tatzeit am Hochstand war«, wandte Hecht ein. »Und er ist ein überführter Wilderer. Sie können ihn natürlich auch noch selbst befragen. Er sitzt unten in der Zelle und wartet darauf, dass ihn der Haftrichter in Untersuchungshaft schickt.«
»Was machen wir, wenn er nicht gesteht?«, fragte Schneidt. »Vielleicht sagt er die Wahrheit, und er war es wirklich nicht.«
»Wir bekommen ihn schon mürbe«, versprach Morgenstern und unterdrückte die aufdringliche Ahnung, dass hier der Wunsch der Vater des Gedankens war.
»Wie auch immer«, sagte Schneidt. »Vielleicht hatte er einen Komplizen. Die Erfahrung lehrt mich jedenfalls, dass es nie schadet, wenn die Kriminalpolizei zur Beerdigung eines Mordopfers geht. So haben wir es bisher immer gehalten.«
»Was sollen wir auf dem Friedhof machen?«, wollte Hecht resigniert wissen.
»Halten Sie einfach Augen und Ohren offen. Und vertrauen Sie Ihrem Instinkt. Und noch etwas: Tragen Sie angemessene Kleidung. Ich meine vor allem Sie, Morgenstern.«
»Ist das ein Jeansverbot?«
»Mensch, ich bin doch nicht Ihre Gouvernante!«, zürnte Schneidt. »Es reicht, wenn Sie irgendwas Schwarzes tragen.«
Morgenstern atmete auf.
* * *
»Alle dürfen aufs Volksfest, nur wir nicht«, nörgelten Morgensterns Kinder, als er um acht Uhr abends endlich daheim war.
»Ich hab momentan viel um die Ohren«, verteidigte er sich. »Außerdem waren wir erst am Sonntag.«
»Aber heute ist schon Donnerstag, und gestern haben wir das Feuerwerk verpasst.«
Morgenstern verschwieg Bastian und Marius, dass er selbst das Feuerwerk sehr wohl, wenn auch nur von der Ferne, gesehen hatte, doch als auch Fiona der Meinung war, die Familie hätte in Sachen Volksfest Nachholbedarf, ließ er sich nicht lange bitten. Mit dem Bus, einer eigens eingerichteten »Volkfestlinie«, fuhren sie zur Wiesn.
Das Bierzelt war heute bis auf den letzten Platz gefüllt. »Showband-Abend«, erfuhren die Morgensterns, als sie erstaunt nachfragten, warum bereits jetzt viele Besucher auf den Bänken standen und lauthals mitgrölten, klatschten und schunkelten. Die Band spielte mit einer tinnitusprovozierenden Lautstärke die Coverversion eines Status-Quo-Klassikers.
»Als Nächstes kommt ›Skandal im Sperrbezirk‹ von der Spider Murphy Gang, wetten?«, sagte Morgenstern zu Fiona und wandte sich ab.
»Was wollt ihr fahren?«, fragte er seine Jungs mit Gönnermiene. »Autoskooter? Schiffschaukel? Breakdance? Kettenkarussell?«
»Alles!«, sagten Marius und Bastian wie aus einem Munde. Doch als Fiona missbilligend den Kopf schüttelte, schlug Morgenstern vor: »Ihr dürft euch drei Sachen aussuchen.« Er zögerte kurz. »Nur eines nicht: Geschossen wird heute nicht.«
»Schade«, murrten die Buben, fügten sich aber. Sie entschieden sich nach ausführlichen
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