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Wald der Masken

Wald der Masken

Titel: Wald der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Hieb fuhr nur um Fingerbreite über seinen Kopf hinweg. Schnell wieder aufgerichtet und unter dem Schlag fortgetaucht, gelangte Mythor in des Steinernen Rücken und versetzte ihm einen Tritt, der einen Menschen einige Körperlängen weit durch die Luft befördert hätte.
    Der Marmorne brauchte nur seine Zehen nach unten zu drücken, um ihn aufzufangen. Sofort war er wieder herum und griff mit beiden Händen nach Mythor. Mythor konnte dem Tod abermals durch schnelles Ducken entgehen und warf das Schwert, das er Cobor abgenommen hatte, genau in die zusammenschlagenden Pranken. Es zerbrach.
    »Roar!« sagte Mythor hastig. »Nimm dir Cobor auf die Schulter. Hier sind wir schnell erschöpft und dann eine leichte Beute. Wir müssen durch den Wald und in die Felsenschluchten dahinter!«
    Nur da war vielleicht ein Entkommen möglich. Mythor brauchte es nicht zweimal zu sagen. Jetzt waren Ilfa und er es, die von Roar ablenkten. Das Mädchen wurde schon langsamer. Hinter dem Wald, so hatten Erkundungen vor dem Aufschlagen des Lagers gezeigt, begann wieder Felsengebirge. An seinen Hängen gab es zahlreiche tiefe Spalten und Eingänge zu Höhlen. Es mußte möglich sein, sich bis dorthin durchzuschlagen und eine Spalte zu finden, in die zwar die Gefährten hineinpaßten, nicht aber der mächtige Körper des Gegners.
    Roar lud sich den ohnmächtigen Baummenschen auf die Schultern. Selbst jetzt konnte er seinen Groll gegen Cobor nicht vergessen. Mythor erhaschte einen kurzen Blick auf ihn, während er um sein Leben sprang und tänzelte, und winkte dem Kruuk, daß er verschwinden sollte.
    Roar aber wartete, bis Mythor und Ilfa die Flucht ergriffen. Erst dann schloß er sich ihnen an. Sie rannten zwischen den mächtigen Baumstämmen hindurch, die den Marmornen wenigstens für Augenblicke aufhielten. Sein Steinkörper stieß sie um wie Grashalme. Immerhin verfing er sich einige Male in Schlinggewächsen und fiel zu Boden.
    Die Gefährten gewannen einmal einen kleinen Vorsprung, dann war das Ungetüm wieder heran. Ilfa hatte keine Kraft mehr. Roar verschaffte Mythor die Zeit, das zusammengebrochene Mädchen aufzuheben. Mit ihr beladen, kam er ebenfalls nur noch langsam voran, und der Wald wollte kein Ende nehmen.
    Der Marmorne wütete fürchterlich. Seine Wut entlud sich gegen alles, das in der Reichweite seiner Hände war. Er riß Bäume aus und schleuderte sie nach den Fliehenden. Sein Gebrüll war dazu angetan, die Trommelfelle platzen zu lassen. Als Mythor wieder glaubte, einen Vorsprung erlaufen zu haben, sah er sich schwer atmend um und gewahrte die rötlich gemaserte Gestalt in der stockdunklen Nacht wie eine Statue aus Stein, die von innen heraus erleuchtet war.
    »Weiter!« rief er Roar zu. Er schwitzte und spürte das Ermatten seiner Glieder. Weiter!
    Irgendwann war es soweit, daß Roar und Mythor sich gegenseitig stützen mußten. Jetzt stürzten auch sie über jedes kleinste Hindernis. Keiner von den geflohenen Baummenschen zeigte sich, um des Marmornen Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Die Menschen und der Kruuk zollten ihren Tribut an die geschundenen Körper, nicht so das Geschöpf, das aus Stein und Magie gemacht war. Der Marmorne schien die Qualen jener nun zu genießen, die seine sicheren Opfer waren. Er verringerte den Abstand nur langsam, obwohl drei, vier weite Schritte ihn ans Ziel gebracht hätten.
    »Laßt Cobor und mich zurück«, flüsterte Ilfa erstickt. »Rettet wenigstens euch…«
    »Still!«
    Etwas schimmerte fahl durch die Reihen der Bäume. Das Ende des Waldes! durchfuhr es Mythor. Der Anblick richtete ihn noch einmal auf. Er sah, daß auch Roar größere Schritte machte.
    Doch auch ihrem Verfolger entging nichts. Er blieb stehen, brüllte wie ein gereizter Stier und trommelte sich mit den Fäusten gegen die Brust.
    Dann ließ er sich auf alle viere nieder und schoß durch das Baumdickicht. Mythor war nicht mehr schnell genug, um ihm noch einmal auszuweichen. Er versuchte es – und brach in den Boden ein.
    Roar rutschte auf dem nachgebenden Laubmorast hinter ihm her in die Spalte. Mythor hielt Ilfa mit einem Arm fest und versuchte mit dem anderen den erwarteten Aufprall abzumildern.
    Er schlug nicht auf Stein auf. Er blieb in etwas Nachgiebigem hängen. Das Netz federte noch einmal, als Roar mit Cobor darin landete, doch es zerriß auch jetzt nicht.
    Es schimmerte leicht bläulich im Widerschein der fahl leuchtenden Spaltenwände. So weit Mythor zu sehen vermochte, war das Gestein von Flechten

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