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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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Schrei eines Wasservogels hatte, war sein Ruf, doch ließ er gelegentlich, wenn er mich besonders
    erfolgreich genarrt hatte und sehr weit von mir wieder
    auftauchte, ein langgezogenes, unheim liches Heulen hören, das eher dem eines Wolfes glich als einem Vogelruf. Es klang, als drücke ein wildes Tier seine Schnauze genden Boden und heule dabei auf. Das war sein ureigenster Schrei - weit und breit durch die Wälder zu hören und wohl der wildeste, der hier je vernommen wurde. Ich war überzeugt, daß der Vogel im
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    Vertrauen auf seine eigenen Kräfte meine Bemühungen
    verspottete. Obwohl sich der Himmel inzwischen bedeckt hatte, war der See so glatt, dass ich den Eistaucher die Fläche durchbrechen sah, auch wenn ich ihn nicht hörte. Seine weiße Brust, die Windstille und die Glätte des Wassers, alles war gegen ihn. Schließlich tauchte er wiederum achthundert Fuß entfernt von mir auf und stieß ein langgezogenes Heulen aus, als riefe er den Gott der Eistaucher zu Hilfe. Und sogleich erhob sich ein Wind im Osten, kräuselte die Wasserfläche und erfüllte die Luft mit Nebel und leisem Regen. Mir war, als sei das Gebet des Eistauchers erhört worden und sein Gott zürne mir; also ließ ich ihn, er aber verschwand weit draußen im Gewoge der Wellen. An Herbsttagen sah ich oft stundenlang den
    Schwimmkünsten der Enten zu, die sich außer Schußweite in der Mitte des Sees tummelten, drehten und wendeten - Tricks, die sie in den Mußmündungen Louisianas nicht nötig hatten.
    Waren nie gezwungen aufzufliegen, dann kreisten sie
    manchmal in beträchtlicher Höhe wie schwarze Punkte rund um den See, von wo sie den Fluß und die anderen Seen leicht überblicken konnten. Und dachte ich, sie seien längst dorthin abgeflogen, dann kehrten sie oft zurück und ließen sich in schrägem Flug
    einer entfernten Stelle des Sees nieder, wo es ruhiger war. was sie aber außer ihrer Sicherheit in der Mitte des Waldensees noch suchten, weiß ich nicht, es sei denn, sie liebten sein aus demselben Grunde wie ich.
    XIII.
    Der Kamin
    Im Oktober hielt ich Weinlese in den Wiesen am Fluß und belud mich mit Trauben, köstlicher an Duft und an Schönheit denn an Geschmack. Auch die Preiselbeeren bewunderte ich, doch ich pflückte sie nicht. Diese kleinen roten Wachsperlen, Schmuck des Wiesengrases, erntet der Farmer mit dem garstigen
    Rechen, der die schönen Wiesen verwüstet. Er bemißt seine Ausbeute achtlos nach Zentnern und Dollar und verkauft sie
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    nach Boston und New York, wo sie eingekocht wird, um als Jam den Geschmack der dortigen Naturliebhaber zu
    befriedigen. So rechen auch die Schlächter die Zungen des Bison aus dem Präriegras ohne Rücksicht auf die gerupften, welkenden Halme. Auch die funkelnden Früchte der
    Berberitzen betrachtete ich mehr als Augenweide. Hingegen sammelte ich einen kleinen Vorrat wilder Äpfel zum Kochen, die von den Eigentümern und den Vorübergehenden übersehen
    worden waren. Als die Kastanien reiften, legte ich mir einen halben Scheffel für den Winter zurück. Es war ein Vergnügen, um diese Jahreszeit die damals noch endlosen
    Kastanienwä lder von Lincoln zu durchstreifen, die nun unter den Schienen der Eisenbahn in ewigem Schlaf liegen. Einen Sack auf der Schulter, den Stock zum Öffnen der Schalen in der Hand, da ich nicht immer auf den Frost wartete, schritt ich durch das raschelnde Laub; es begleiteten mich laute
    Protestrufe des roten Eichhörnchens und des Eichelhähers, deren angenagte Kastanien ich mitunter stahl, da die von ihnen ausgesuchten mit Sicherheit gute Früchte enthielten. Ich kletterte zuweilen auch auf die Bäume und schüttelte sie. Hinter meinem Haus Wuchsen ebenfalls Kastanien. Ein großer Baum überschattete es fast und erfüllte, wenn er in Blüte stand, wie ein riesiger Blumenstrauß die ganze Umgebung mit seinem Duft. Den größten Teil seiner Früchte aber holten sich die Eichhörnchen und Häher. Letztere kamen frühmorgens in
    Schwärmen und pickten die Maronen aus den Hüllen, ehe sie vom Baum fielen. Ich überließ ihnen daher diese Bäume und suchte die etwas entlegeneren Kastanienwälder auf. Maronen waren, solange der Vorrat reichte, ein guter Brotersatz, doch gab auch noch manch anderen Ersatz. Als ich eines Tages nach Köderwürmern grub, entdeckte ich die Wurzelknollen der Erdmandel (Apios tuberosa), die Kartoffel der Ureinwohner, einer mythischen Frucht, von der ich zu zweifeln begonnen hatte, ob ich sie wirklich in meiner Kindheit

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