Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Verfolger weit hinter sich ließ, hurtig und leise, ohne Überstürzung heran. Der Schall seiner Schritte wurde durch ein sympathisches Rauschen der Blätter übertönt. Er sprang auf einen Stein, der zwischen den Bäumen lag, setzte sich auf die Hinterpfoten und lauschte, wobei er mir den Rücken zuwandte. Einen Augenblick hielt Mitgefühl meinen Arm zurück. Doch diese Stimmung war sofort verflogen. Schnell wie ein Gedanke dem andern folgt, hatte ich angelegt, abgedrückt – und der Fuchs rollte über den Stein und lag am Boden. Ich rührte mich noch immer nicht vom Fleck und lauschte auf die Hunde. Die kamen näher und näher, und schließlich hörte ich ihr dämonisches Gekläff ganz in meiner Nachbarschaft durch die Waldeskirche. Endlich tauchte die alte Hündin auf, schnupperte an der Erde, schnappte wie toll nach Luft und stürzte sofort auf den Stein zu. Als sie aber den toten Fuchs erblickte, stellte sie sofort wie starr vor Erstaunen ihre Hetze ein, und umkreiste ihn mehrere Male schweigend. Allmählich kamen auch die Jungen herbei. Auch sie wurden wie ihre Mutterdurch dieses rätselvolle Ereignis ernüchtert und verstummten. Da trat der Jäger aus seinem Versteck hervor in ihre Mitte, und das Geheimnis war gelöst. Die Hunde warteten schweigend bis der Fuchs abgehäutet war, folgten dem Fuchsschwanz kurze Zeit und verzogen sich dann wieder in die Wälder ... An jenem Abend kam ein Herr aus Weston nach der Hütte des Jägers aus Concord, um sich nach seinen Hunden zu erkundigen und gab an, daß sie seit einer Woche herrenlos in den Westonwäldern jagten. Der Concordjäger erzählte darauf sein Erlebnis und bot dem Herrn das Fuchsfell zum Kauf an. Dieser lehnte indessen ab und trat den Rückweg an. Er fand seine Hunde an diesem Abend nicht mehr, hörte aber am nächsten Tage, daß sie durch den Fluß geschwommen seien und in einem Farmhause Nachtquartier gefunden hätten. Nachdem man sie gut gefüttert hatte, verschwanden sie auch dort wieder in aller Morgenfrühe. Derselbe Jäger erzählte mir, ein gewisser Sam Nutting, der in den Felsen bei Fair Haven Bären zu jagen und die Felle in Concord gegen Rum umzutauschen pflegte, habe ihm einst mitgeteilt, daß er dort einmal sogar ein Mustier gesehen habe. Nutting hatte einen prächtigen Fuchshund, Burgoyne genannt – er sprach es "Buhgein" aus –, den mein Gewährsmann mehrfach zu entleihen Pflegte. In dem Kassabuch eines alten Kaufmanns, der außerdem noch Hauptmann, Stadtschreiber und Abgeordneter war, sah ich folgenden Eintrag:
"Jan. 18. 1742/43. "John Melven Cr. für einen Graufuchs 0–2–3." Jetzt gibt es diese Tiere hier nicht mehr. Ferner steht in seinem Hauptbuch : "Febr. 7.1743, Hesekiel Stratton für ½ ›Kattsenfell‹ 0–1–4½." Das war selbstverständlich eine wilde Katze, denn Stratton war Sergeant im alten französischen Krieg und hätte es unter seiner Würde gehalten, ein weniger edles Wild zu jagen. Auch gibt es Guthaben für Rehfelle. Die kamen täglich zum Verkauf. Ein Bekannter besitzt noch das Geweih des letzten in dieser Gegend getöteten Hirsches, und ein anderer Herr erzählte mir Einzelheiten dieser Jagd, an der sein Onkel teilnahm. Früher gab es hier zahlreiche und lustige Jäger. Ich kann mich noch recht gut aneinen hageren Nimrod erinnern, der einem am Waldesrand abgepflückten Blatte Klänge entlockte, die, wenn ich mich nicht täusche, wilder und melodischer waren als irgend ein Jagdhornruf.
Am Mittemacht kreuzten oft im Mondschein Hunde meinen Pfad, die in den Wäldern auf Raub ausgingen, sich aber vor mir im Unterholz versteckten und warteten bis ich vorüber war.
Eichhörnchen und Meisen stritten sich um meinen Nußvorrat. Um mein Haus herum standen Gruppen von Pechtannen. Ihre Stämme, die ungefähr einen bis vier Zoll dick waren, wurden im vorigen Winter durch Mäuse angenagt. Ein norwegischer Winter war's für sie gewesen, denn lange Zeit lag tiefer Schnee, so daß sie gezwungen waren, ihrer Nahrung mit großen Mengen Tannenrinde nachzuhelfen. Diese Bäume lebten und gediehen im Hochsommer augenscheinlich ganz gut. Manche von ihnen waren, obwohl ihre Rinde ringartig abgeknabbert war, um einen Fuß gewachsen. Im nächsten Winter starben indessen alle ohne Ausnahme ab. Es ist merkwürdig, daß einer einzelnen Maus ein ganzer Baum zum Mittagessen bewilligt wird, bloß weil sie rund herum und nicht in der Längsrichtung an ihm knabbert. Und doch: vielleicht ist das durchaus notwendig, damit die Bäume
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