Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Kristalle des Waldenteiches seien. Sie sind Walden – nehmt alles undin allem, selbst kleine Walden des Tierreichs: Waldenses. Ich wundere mich, daß sie hier gefangen werden, daß in diesem tiefen, weiten Quell, tief unter rasselnden Gespannen, Kaleschen und klingenden Schlitten, die über die Waldenstraße fahren, diese großen goldenen und smaragdenen Fische schwimmen. Nie sah ich einen ihrer Art auf dem Markte. Er würde aller Augen auf sich lenken. Unter einigen konvulsivischen Zuckungen gibt dieses Geschöpf leicht seinen wässerigen Geist auf wie ein Sterblicher, der allzu früh in die dünne Luft des Himmels abgerufen wurde.
Ich wollte gern den langverlorenen Boden des Waldenteiches wiederfinden. Darum begann ich im Jahre 1846 frühzeitig, noch ehe das Eis zu schmelzen anfing, mit Kompaß, Meßkette und Senkblei genaue Vermessungen zu machen. Viele seichte Geschichten erzählte man sich über die Tiefe oder vielmehr über die grundlose Tiefe dieses Teiches. Es ist erstaunlich, wie lange die Menschen an solch unergründliche Tiefen glauben, ohne sich die Mühe zu geben, sie zu messen. Ein Spaziergang in der Nachbarschaft machte mich mit zwei grundlosen Teichen bekannt. Manche Leute glauben, daß der Walden bis zur anderen Seite der Erdkugel sich erstrecke. Andere, die lange Zeit der Länge nach auf dem Eise gelegen und durch das trügerische Medium hinabgeblickt hatten, die womöglich obendrein noch wässerige Augen mitbrachten und zu vorschnellen Folgerungen verleitet wurden, weil sie Angst vor Erkältung der Brust hatten, behaupteten, "große Löcher, in welche bequem ein Heuwagen hineinfahren konnte" (wenn nur ein Fuhrmann dagewesen wäre), gesehen zu haben, Löcher, die ohne Zweifel die Quellen des Styx und Eingänge in höllische Regionen seien. Andere kamen mit einem sechsundfünfzig Pfund schweren Gewicht und mit einer Wagenladung Tau, das einen Zoll im Durchmesser hatte, aus dem Dorfe herbei. Auch diesen Männern gelang es nicht, den Boden zu finden. Während der "Sechsundfünfziger" längst auf dem Grunde ruhte, ließen sie immer mehr Tau in die Tiefe hinab und versuchten vergeblich, ihre geradezuunermeßliche Glaubenskraft an Wunderdinge zu ergründen. Ich kann dagegen meinen Lesern mitteilen, daß Walden einen realen festen Boden in einer durchaus nicht irrealen, sondern nur ungewöhnlichen Tiefe besitzt. Sie wurde von mir ohne Schwierigkeit mit einer kräftigen Angelschnur und einem etwa 1 ½ Pfund schweren Steine gemessen. Ich konnte genau fühlen, wenn der Stein den Boden verließ. Denn dann mußte ich so lange kräftiger anziehen, bis Wasser auch unter ihm dahinfloß und mir half. Die größte Tiefe betrug damals genau einhundertundzwei Fuß. Da der Teich inzwischen um fünf Fuß gestiegen ist, wird man jetzt einhundertundsieben finden. Das ist eine bedeutende Tiefe für solch eine kleine Fläche. Die Phantasie kann jedoch nicht einen Zoll davon missen. Wie, wenn alle Teiche seicht wären? Würde das nicht auf die Menschenherzen Einfluß haben? Ich bin dankbar dafür, daß dieser Teich tief und rein geschaffen wurde, um als Symbol zu dienen. Solange der Mensch an die Unendlichkeit glaubt, wird er auch einige Teiche für bodenlos halten.
Ein Fabrikbesitzer, der hörte, welche Tiefe ich gefunden hatte, dachte, das könne nicht richtig sein, weil nach seinen an Deichen gesammelten Erfahrungen der Sand in solch steilen Winkeln nicht liegen bliebe. Die tiefsten Teiche sind aber im Verhältnis zu dem Flächenraum, den sie bedecken, flacher, als man gewöhnlich annimmt, und würden, wenn man sie abließe, keine auffallend tiefen Täler bilden. Sie gleichen nicht Bechern zwischen den Bergen. Und selbst der Walden, der im Vergleich zu seinem Flächenraum ungewöhnlich tief erscheint, ist, wenn man einen Vertikalschnitt durch seine Mitte legt, nicht tiefer wie ein flacher Teller. William Gilvin, der in allem, was auf Landschaften Bezug hat, bewunderungswürdig und meistens auch exakt ist, sagte einst, als er am Fynesee in Schottland stand "an einer Salzwasserbucht von sechzig bis siebzig Klafter Tiefe und vier Meilen Breite", die ungefähr fünfzig Meilen lang und von Bergen umgeben ist: "Wenn wir diesen See unmittelbar nach der diluvianischen Katastrophe oder nach irgend welchen Zuckungen der Natur, die ihn schufen, gesehen hätten, ehe noch das Wasser einströmte, als was für ein furchtbarer Abgrund würde er uns erschienen sein!"
"So hoch als die stolzen Berge ragten,
"So
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