Waldmeister mit Sahne
dass das der Richtigkeit entsprach und Joachim konnte nur überrascht nickten. Mit einem schnellen Seitenblick stellte er fest, dass Micha ziemlich grimmig aussah. Sicherlich hatte Ilse ihn gezwungen ins Gericht mitzukommen und sie waren aus diesem Grund zu spät. Er bemerkte auch Vanessas erstauntes Gesicht und erst in diesem Augenblick fiel ihm ein, dass sie Micha ja vom TÜV her kannte. Nun schienen selbst seiner Frau die Zusammenhänge langsam zu dämmern.
„… daher beantragen wir, das alleinige Sorgerecht sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Eltern der Kindesmutter zu übertragen.“
Nun erhob sich Ludwick und stellte in Joachims Namen den Gegenantrag. Joachim fühlte die Augen des Richters auf sich gerichtet und bei dem Gedanken, dass sein weiteres Familienleben von diesem Mann abhängen würde, wurde ihm schlecht.
„Herr Thiel, Ihr Anwalt sagte mir gerade eben vor der Verhandlung, dass Sie wieder Single sind und Ihre Beziehung zu Herrn Döring beendet ist. Herr Döring sollte Ihnen bei der Erziehung der Kinder ja Unterstützung gewähren. Ist das korrekt?“, fragte der Richter nach.
„Ja.“
„Darf ich fragen, aus welchem Grund diese plötzliche Trennung erfolgte?“
„Weil ich meinen Partner bei der Entscheidung, die Kinder bei mir haben zu wollen, übergangen habe. Ich habe Michael erst gestern Abend davon in Kenntnis gesetzt und bin bislang einfach von seinem Einverständnis ausgegangen. Das war ein Fehler“, antwortete Joachim ehrlich und hielt den Blick starr auf den Richter geheftet. Eigentlich waren die Worte an Micha gerichtet und er hoffte, dass der es merken würde.
„Wo haben Sie Herrn Döring denn kennengelernt?“
Joachim ahnte, worauf die Frage hinauslief. Seine Schwiegereltern wollten seine Moral untergraben, indem sie auf das Cruisen zu sprechen kamen. Woher sie diese Information, wie er Michael kennengelernt hatten, wusste er nicht zu sagen. Vielleicht hatte einer der Jungs etwas aufgeschnappt und sich hinterher verplappert.
„Ich bin Herrn Döring auf einem Parkplatz begegnet“, antwortete er.
„Und auf welchem?“
„Dem Kennelparkplatz.“
Der Richter notierte sich etwas und Joachim hätte gerne gewusst, ob der Eintrag in die Spalte Untauglich erfolgte. Natürlich kannte der Richter als Justizangehöriger den Ruf des Kennels.
„Was haben Sie da getan?“, wurde er weiter gefragt.
„Ich habe mein Auto dort abgestellt. Ich stelle den Wagen immer dort ab, wenn ich alleine oder mit den Kindern einen Spaziergang um den Südsee machen möchte.“
Neben ihm atmete Ludwick erleichtert auf, weil Joachim die gefährliche Klippe geschickt umschifft hatte. Erneut notierte sich der Richter etwas. Es machte Joachim ganz hibbelig.
„Herr Thiel, Sie sind vollzeitbeschäftigt?“
„Das ist richtig.“
„Wie wollen Sie bei einer Arbeitszeit von vierzig Stunden die Woche die Kinderbetreuung sicherstellen?“
„Auf die gleiche Weise, wie meine Schwiegereltern. Ich werde jemanden für die Betreuung einstellen. Außerdem habe ich im Gegensatz zu meinen Schwiegereltern Gleitzeit. Mit dem Arbeitsbeginn und meinem Feierabend bin ich daher flexibel.“ Aus den Augenwinkeln sah er, wie Ilse ihrem starren Sohn den Ellenbogen heftig in die Rippen schlug. Mit schmerzverzogenem Gesicht schoss der in die Höhe.
„Ja? Herr Döring?“, fragte der Richter.
Michael fixierte Joachim und erklärte: „Ich werde in Kürze bei Herrn Thiel einziehen und ihm bei den Kindern helfen. Meine Eltern würden die drei hüten, solange wir bei der Arbeit sind. Mein Vater arbeitet als Selbständiger von zu Hause aus und meine Mutter ist Hausfrau. Die beiden wohnen im selben Ortsteil wie ich, nur ein paar Minuten von Joachim entfernt.“
Jetzt hatte Henriette, die auf dem Schoß ihrer Mutter saß, Micha erspäht.
„Mi-a!“, krähte sie begeistert quer durch den Saal und streckte fordernd die Hände aus.
„Wieso wird mir hier erzählt, dass Sie sich getrennt haben?“ Der Richter klang nun ärgerlich und sah Joachims Rechtsanwalt nach einer Erklärung heischend an. Der schaute etwas hilflos drein und wollte stotternd zu einer Antwort ansetzen, die ihm Micha gnädig abnahm.
„Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor.“ Er schwindelte ohne rot zu werden. „Ich hatte gestern nur gemeint, dass ich nach Hause müsste. Joachim war wegen des heutigen Termins so aufgeregt, da muss er mich falsch verstanden haben.“
Rechtsanwalt Ludwick atmete ein weiteres Mal erleichtert aus und
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