Waldmeister mit Sahne
gesagt, dass wir ohne Michas Hilfe schlechte Karten haben?“, erkundigte sich Martin.
„Wir schaffen das genauso gut ohne Michael.“ Er wusste, dass er mit seinen Versprechen voreilig war, denn er hatte keine Ahnung, wie es ohne seinen Freund laufen sollte. Sein Anwalt hatte ganz klar verlauten lassen, dass ein schwules Pärchen bessere Chancen hätte als ein Single, dem man ständig wechselnde Bekanntschaften unterstellen konnte. Bekanntschaften hatte der Herr Anwalt derartig betont, dass Joachim nur allzu klar war, was er damit sagen wollte. Die Gegenseite würde aussagen, dass er lediglich auf der Suche nach irgendwelchen Sexpartnern wäre und dass sich dieses Verhalten schädlich auf die Kinder auswirken würde. Schwule waren ja sowieso ständig auf Sex aus und pervers waren sie obendrein. Das wusste schließlich jeder. Er seufzte schwer. Verflixte Vorurteile.
„Kommt er zurück?“, fragte Lucas zaghaft. Joachim ließ sich mitsamt seiner schreienden Last auf das Sofa fallen.
„Ich habe keine Ahnung“, antwortete er ehrlich.
„Es klang nicht so“, murmelte Martin mit der brachialen Direktheit eines sechzehnjährigen Teenagers.
„Papa, meinetwegen bleibe ich bei Mama, damit du mit Micha zusammenwohnen kannst.“ Treuherzig sah ihn Lucas aus seinen braunen Augen an. Martin nickte zustimmend.
„Ich auch.“
Joachim kamen die Tränen.
„Kommt ja gar nicht infrage.“ Er schnüffelte gerührt von dem selbstlosen Angebot.
„Ihr bleibt auf jeden Fall bei mir. Das kriegen wir irgendwie geregelt. Und um mich und Micha macht euch mal keine Gedanken. Das renkt sich bestimmt wieder ein, okay?“
Die beiden nickten, obwohl sie nicht wirklich überzeugt aussahen. Mühsam riss sich Joachim zusammen.
„Ab ins Bett mit euch. Und der Schreihals hier geht ebenfalls schlafen.“
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Es klingelte. Hartnäckig. Michael schlug mit der flachen Hand auf seinen Wecker, aber es klingelte weiter. Müde zog er sich die Decke über die Ohren und wühlte sich tiefer in sein Bett. Das Klingeln wurde auf diese Weise zwar ein wenig abgeschirmt, hörte jedoch nicht auf. Mit einem Stöhnen linste er unter der Decke hervor und schaute auf den Wecker. Zwei Uhr morgens. Und es war das Telefon, das diesen Terror veranstaltete, nicht der Wecker. Gähnend griff er danach und nahm das Gespräch an.
„Ja?“, brummte er verschlafen in den Hörer. Am anderen Ende ertönte gedämpftes Gebrüll.
„Micha, ich brauche deine Hilfe“, hörte er Jos Stimme.
„Verdammt noch mal, weißt du eigentlich wie spät es ist?“, fragte Michael grantig.
„Ja, sicher. Tut mir ehrlich leid. Ich würde dich um die Zeit sicherlich nicht anrufen, wenn ich nicht vollkommen am Ende wäre. Hör mal.“
Für einen Augenblick wurde das Hintergrundgeschrei lauter.
„Hennie heult, seitdem du das Haus verlassen hast. Ich kann sie einfach nicht beruhigen.“ Jos Stimme klang verzweifelt.
„Das soll ich dir glauben? Dass sie seit Stunden heult?“
„Wenn ich es dir sage.“
„Na, dann viel Vergnügen. Du wolltest ja Kinder. Sieh zu, wie du fertig wirst.“ Er wusste, dass er eben richtig gehässig war und genoss für einen Moment schadenfroh die nervenaufreibende Situation, in der Jo gerade steckte.
„Micha, bitte. Ich weiß, du bist verärgert. Aber dafür kann Hennie schließlich nichts. Ich flehe dich inständig an: Komm und beruhige dieses Kind. Bitte! Bitte, Micha.“
„Du kannst mich mal“, knurrte Michael in das Telefon. Obwohl er Jos Betteln in vollen Zügen genoss, legte er ohne ein weiteres Wort auf und gähnte erneut. Was bildete sich Jo eigentlich ein? Glaubte der Arsch tatsächlich, er schlug sich die Nacht wegen seiner Brut um die Ohren? Ehe Michael es richtig mitbekam, hatte er auch schon seine Jeans an und zog sich einen dicken Pulli über. Mit nackten Füßen schlüpfte er in seine Turnschuhe, ergriff den Hausschlüssel und war einen Moment später unterwegs, um sein Rad aus der Garage zu holen. Kopfschüttelnd fuhr er zwischen den Pferdeweiden entlang. Er musste total bekloppt sein.
Fünf Minuten später klingelte Michael an Jos Haustür. Bis hierher konnte er Hennies Geplärr hören. Völlig entnervt öffnete Jo die Tür.
„Danke“, sagte er bei Michaels Anblick bloß erleichtert.
Ohne einen Kommentar ging Michael an ihm vorbei und lief die Treppe zu den Kinderzimmern hinauf. Nebenbei registrierte er die neugierigen Gesichter von Lucas und Marty.
„Geht schlafen. Sofort!“, herrschte er sie an und war
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