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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Ringmauer der Burg Canossa gestanden. Weiter war er nicht vorgelassen worden. Sein Gefolge musste vor der äußersten Ringmauer bleiben. Heinrichs Kusine, Mathilde von Tuszien, die ihn einst bei seiner Schwertleite mit so viel Zuneigung betrachtet hatte, versuchte zusammen mit Abt Hugo von Cluny alles, um den Papst zu bewegen, den reuigen Sünder zu empfangen. Schließlich gab Gregor nach. In einem feierlichen Gottesdienst und nachdem Heinrich alles versprochen hatte, was der Papst forderte, löste Gregor ihn von seinem Bann.
    »Er darf nur noch einfache Gewänder tragen, sich weder König nennen noch sich mit den königlichen Insignien schmücken. Er darf mit keinem aus seiner Umgebung zusammenkommen, über den der Bann verhängt ist. Er muss sich bei einer Versammlung in Augsburg dem Urteil des Papstes und der versammelten Fürsten stellen und sich für alle seine Schandtaten der Vergangenheit rechtfertigen.
    Und er muss dem Papst künftig in allen Angelegenheiten, die die Kirche und den Glauben betreffen, bedingungslos gehorchen.«
    Das schrieb uns Adelheid von Turin. Rudolfs Gesicht wurde immer düsterer, als ich ihm diese Sätze vorlas.
    »Wartet, es ist noch nicht zu Ende.« Ich las weiter.
    »Die lombardischen Bischöfe, die im Streit mit Gregor liegen und die er deshalb ebenfalls mit dem Bann belegte, hatten Heinrich bei seiner Ankunft in Italien freudig begrüßt und ihn mit vielen Männern empfangen. Als sie jedoch hörten, dass mein Schwiegersohn sich vor dem Papst auf den Boden geworfen und seinen Nacken vor ihm gebeugt hatte, waren sie aufs höchste erzürnt und beschlossen, meinen Enkel, Heinrichs unmündigen Sohn Konrad statt seiner zum König von Italien zu wählen. Da fiel der Mann meiner Tochter wieder in seine alten Sitten zurück und scherte sich keinen Deut mehr um die Versprechungen, die er dem Papst in Canossa gemacht hatte. Im Gegenteil, er treibt es jetzt noch schlimmer als zuvor. Alle, die ebenfalls gebannt waren und die der Papst in seiner Güte auch losgesprochen hat, haben sich wieder um ihn geschart: Liemar von Bremen, die Bischöfe Eppo von Zeitz, Benno von Osnabrück, Burchard von Lausanne, Burchard von Basel, Udalrich von Godes-heim, Eberhard von Nellenburg, Berthold, der Bruder von Luitpold von Meersburg — und fast alle anderen, die die päpstlichen Legaten in Tribur wegen seiner Exkommunikation vom Umgang mit ihm ausgeschlossen hatten. Heinrich zerreißt also alle Abmachungen wie Spinnweben und stürzt sich mit ungezähmter Hemmungslosigkeit auf alles, was ihm in den Sinn kommt. Außerdem reist er in die italienischen Städte und spricht dort Recht, als sei er noch immer der legitime König. Papst Gregor selbst aber verweigert er noch immer das sichere Geleit zu Euch, damit er wie besprochen zur Versammlung der Fürsten nach Augsburg kommen kann, auf der sich Heinrich verantworten soll.«
    »Wir müssen handeln. Jetzt, solange Heinrich noch in Italien ist«, knurrte der Herzog schließlich, nachdem er eine Weile über die Worte seiner Schwiegermutter nachgedacht hatte.
    »Ihr habt recht, Herr. Außerdem schreibt sie nichts davon, dass Gregor den König wieder in seine alten königlichen Rechte eingesetzt hätte. Er hat ihn nur vom Bann gelöst. Und sie sagt auch nicht, wie Gregor darüber denkt, dass Heinrich in seine alten, schlimmen Sitten zurückgefallen ist.«
    Rudolf nickte. »Wir müssen verhindern, dass er schnell zurückkehrt, und in der Zeit seiner Abwesenheit vollendete Tatsachen schaffen. Das heißt, wir müssen sofort eine Versammlung zur Wahl eines neuen Königs einberufen. Jetzt reut es mich, dass ich in Tribur für Heinrich sprach.«
    Ich versuchte ihn aufzumuntern: »Ihr tatet, was Euer Gewissen Euch befahl, Herr. Damit habt Ihr einmal mehr gezeigt, dass Ihr der würdigere König wärt. Ein Mann, dessen Handeln bewirkt, dass viele in Euch den künftigen Regenten sehen.«
    »Ich wollte, ich wäre mir dessen so gewiss wie du, Waldo von St. Blasien«, erwiderte Rudolf. »Doch was tun wir, um Heinrich von einer schnellen Rückreise abzuhalten? Wir könnten wieder die Alpenpässe sperren. Aber das alleine wird nicht ausreichen. Denn er hat in Italien mit Hilfe der lombardischen Bischöfe inzwischen ein großes Heer um sich versammelt, wie Adelheid von Turin schreibt. «
    »Vielleicht will er ja gar nicht zurück? « wandte ich ein.
    Der Herzog schüttelte den Kopf. »Er weiß sehr gut, dass es um seine Sache im Reich schlechtsteht, allerdings ...«
    »Wenn er glaubt,

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