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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Beichte ab. Immer mehr Adlige schickten ihre Söhne zur Unterweisung in unsere Schule, deren Lehrer, besonders aber der große Philosoph und Gelehrte Bernard, berühmt waren.
    Natürlich musste ich den Brüdern von meiner großen Reise erzählen. Sie schüttelten oft den Kopf vor Verwunderung, wenn ich ihnen von meinen Eindrücken berichtete. Vor allem meine Schilderungen von dem großen Meer, das ich gesehen hatte, wollten sie kaum glauben. Doch Abt Giselbertus konnte das Erzählte bestätigen, denn inzwischen hatte sich zwischen ihm und Abt Almodus von St. Sauveur bei Redon ein reger Briefwechsel entwickelt. So wusste er schon einiges von dem, was in der Bretagne geschehen war. Darunter auch, dass ich meine Familie dort gefunden hatte. Er war jedoch der einzige in St. Blasien, dem ich von meinem Zweikampf mit Sophias Bruder berichtete. Dass ich dabei meinen Glauben verloren hatte, wagte ich ihm nicht zu sagen. Ich hoffte immer noch, ich könnte vielleicht eines Tages einen Weg zurückfinden zu diesem harten Gott, der so viel Schreckliches geschehen ließ.
    »Du hast dich sehr verändert, mein Sohn. Ich habe nicht geglaubt, dass wir dich in St. Blasien wiedersehen würden, Waldo, sondern dachte, dass du in diesen unruhigen Zeiten vielleicht lieber bei deinen Leuten in Frieden leben wolltest«, meinte er, als wir eines Abends im Scriptorium miteinander sprachen. Giselbertus machte sich große Sorgen über den Zustand des Reiches. Er fürchtete, dass die Menschen am Rhein bald unter Heinrichs Truppen leiden müssten wie die Sachsen, sollte Rudolf von Rheinfelden zum König gewählt werden. Als gutem Abt lagen ihm die Geschicke seiner Schäflein sehr am Herzen. Voller Besorgnis fragte er mich deshalb immer wieder nach meiner Meinung.
    »Ich glaube, dass sie den Herzog von Schwaben am Ende zum König wählen werden. Ich kann nicht sagen, wie viele Fürsten von ihrem Bündnis abfallen, nun, da der Papst Heinrichs Bann gelöst hat. Es gibt sicher einige, die sich jetzt schnell wieder vom Herzog abwenden. Doch die, auf die es ankommt, wie Welf von Baiern oder der Zähringer, wanken sicher nicht. Obwohl es für Welf auch um sein Herzogtum geht. Aber ich halte ihn für einen Mann, der zu seinem Wort steht. Wenn Rudolf ihre Unterstützung hat, dann wird er unser künftiger König. Denn wenn sie ihm die Treue brechen wollten, hätten sie es schon getan. Doch sie halten mit ihren Leuten ebenso die Pässe der Alpen besetzt, um Heinrich den Rückweg abzuschneiden, wie Rudolf es tut. Sie wissen alle, dass sie schon zu weit gegangen sind, um nun wieder umzukehren. Jetzt gibt es für sie nur noch den Weg nach vorne. Das gilt ebenso für die Sachsen und die Thüringer. Wenn Heinrich nicht vom Thron gestürzt wird, ist keiner von ihnen mehr seines Lebens sicher. Denn unter diesem König herrscht kein Gesetz, sondern nur nackte Gewalt und Willkür.«
    Das war damals meine Überzeugung. Ich musste erst noch erkennen, dass Gewalt, immer nur noch größere Gewalt gebiert, selbst wenn sie im Dienste einer guten Sache steht. Vielleicht hätte mich der Name des Ortes vorwarnen müssen, an dem Rudolf schließlich sein Ziel erreichte. Dieses Mal war seine Gemahlin Adelheid mit dabei.
    Vielerlei sprach für Forchheim, als es um die Frage ging, wo der neue König des Reiches gewählt werden sollte. Es gehörte zwar zum Gebiet des Bischofs Rupert von Bamberg, also einem der einst engsten Freunde Heinrichs. Es ist jedoch ein alter Königshof, den schon die fränkischen Herrscher gerne als Pfalz genutzt hatten. Und dieser Königshof in der Nähe der Regnitz hatte nicht zum ersten Mal die Wahl eines Königs gesehen. Hier war im Jahr 900 im Alter von sieben Jahren Ludwig das Kind zum König gewählt und elf Jahre später der Grundstein für die Herrschaft Konrad I. über das ostfränkische Reich gelegt worden. Damit sollte allen gezeigt werden, dass sich diese Wahl auf alte Überlieferungen und Sitten stütze. Denn zu früheren Zeiten waren Könige nicht aufgrund ihrer Abstammung, sondern aufgrund ihrer Fähigkeiten zum Herrscher bestimmt worden.
    Doch Rudolf von Schwaben weigerte sich, die Versammlung der Fürsten im Königshof selbst durchzuführen. Dieser war ohnehin zu klein. Jedes Haus in den vierzehn Dörfern um den Königshof, jede Hütte und fast jedes Stück Erde waren deshalb von den erschienenen Fürsten oder ihrem Gefolge in Anspruch genommen worden, so dass die eigentlichen Bewohner kaum noch wussten, wo sie ihr Haupt zur Ruhe betten

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