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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Rheinfelden. Selbst Otto von Northeim tat dies, allerdings mit mürrischer Stimme und verdrossenem Gesicht. Denn auch er hatte wohl König werden wollen. Aber er sah, dass nur ganz wenige ihn zum Regenten haben wollten, besonders unter den Sachsen. Die Erinnerung an seinen Abfall und den vertrauten Umgang mit Heinrich, ihrem größten Feind, war bei vielen noch zu lebendig.
    An diesem Abend nahm die Herzogin mich zur Seite und bat mich, später zu ihr zu kommen. Sie war im Gegensatz zu Rudolf mit ihren Frauen und den Kindern im Königshof zu Forchheim untergebracht, um ihre angegriffene Gesundheit durch ein Leben im Lager nicht noch mehr zu gefährden. »Wie wird es ausgehen, Waldo? Werden sie dieses Mal zu ihm halten?« fragte sie mich, als ich in ihre Räume trat. Ihre Töchter Adelheid und Agnes sowie des Herzogs Sohn Berthold standen bei ihr und sahen mich bei den Worten ihrer Mutter besorgt an.
    »Ich fürchte, ich kann gar nicht so gut in die Zukunft schauen, wie jedermann glaubt«, gestand ich ihnen mit einem Lachen. »Doch in diesem Fall ist das Zweite Gesicht wohl auch nicht notwendig. Habt Ihr nicht gesehen, Herrin, wie sie ihn alle anblickten während dieser beiden Tage? Beinahe konnte man glauben, sie hielten Ihn für den Erlöser selbst. Rudolf wird König werden. Und Ihr eine Königin.«
    »Dies alles ist nicht leicht für mich, Waldo. Ich liebe meine Schwester Bertha sehr. Sie war die engste Vertraute meiner Kindertage, auch wenn sie jünger ist als ich. Sie hat mit ihrem Gemahl Heinrich kein leichtes Leben. Ich musste oft an sie denken, als sie in diesem Winter in Kälte und Schnee mit ihm über die hohen Berge zog. Und nun dies! Ich wusste, was mein Herr und Gemahl plante. Dennoch durfte ich sie nicht warnen. Denn eine Frau gehört nach der Vermählung zur Familie ihres Ehemannes und schuldet ihm Gehorsam. Ich bin zufrieden mit meinem Stand. Ich strebe nicht danach, Königin zu sein. «
    »Der Herzog von Schwaben hatte keine andere Wahl, als zu handeln«, erinnerte ich sie. Jemand musste etwas gegen diesen Despoten, Dieb und Mörder tun, der das Reich in unsagbares Elend gestürzt hat. «
    »Ich weiß«, erwiderte sie. »Dennoch macht mir dies alles angst. Gerade weil all diese Menschen glauben, wenn sie den Herzog von Schwaben zum König wählen, dann wären auch ihre Probleme gelöst. Aber auch er ist nur ein Mensch mit Stärken und Schwächen.«
    »Und auch er wird den Preis für sein Handeln zahlen müssen«, bestätigte ich. »Doch er ist der beste, den sie wählen könnten. Das wissen auch die Fürsten. Auf seine Weise ist er ein großer Mann. Er wird ein besserer König sein als Heinrich.«
    »Auch das weiß ich, Waldo von St. Blasien«, antwortete Adelheid. »Ich fürchte nur, der Preis, den er und den wir, seine Familie, dafür zahlen müssen, wird sehr hoch sein.«
    Damals wusste keiner von uns, wie hoch der Preis sein würde. Doch selbst mir, der ich Rudolf zu alldem geraten, ihn sogar dazu angestachelt hatte, war an diesem Abend bang ums Herz. Seit ich diese Pilatusflur gesehen hatte, hatte mich eine dunkle Vorahnung in den Klauen und ließ mich nicht mehr los. Das konnte ich der Herzogin jedoch nicht sagen. Sie hatte genügend eigene Sorgen.
    Schließlich lachte sie und schüttelte sich ein wenig, als wolle sie damit alle düsteren Gedanken fortjagen. Dann nickte sie ihrem Sohn Berthold zu. Der Junge ähnelte seinem Vater sehr. Er würde einmal ein ebenso hochgewachsener Mann werden wie er. Nur die dunklen Augen hatte er von seiner Mutter und nicht von seinem Vater, dessen ganzer Stolz er war. Manchmal dachte ich, Rudolf ließ seinem einzigen Erben zu viel durchgehen, während er seine Töchter kaum beachtete, die ihn doch ebenfalls sehr liebten und alles taten, um ihn zufriedenzustellen. Selbst Adelheid, die noch immer hoffte, ihr Vater würde sie vielleicht, wenn er König war, mit Kuno von Genf vermählen. Immer wieder hatten die beiden diese Tage in Forchheim für ihre eigenen, allerdings heimlichen Treffen genutzt. Es schien aber keinem anderen aufzufallen als mir, wenn sie sich einen verstohlenen Blick zuwarfen und dann nacheinander davonstahlen.
    Berthold wusste sofort, was seine Mutter wollte. Er ging zu einer hölzernen, mit kunstvoll geschnitzten Weinreben verzierten Truhe, die unter dem Fenster der Kammer der Herzogin stand und drehte den Schlüssel in dem großen Schloss. Dann holte er einen Gegenstand hervor, der in einen wertvollen Brokatstoff eingeschlagen war und reichte

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