Waldos Lied (German Edition)
sich bald wieder eine Frau zu nehmen. Er gab nur ausweichende Antworten.
Im Kampf der Könige war wieder für einige Monate Ruhe eingekehrt. Die Schwerter waren beiseite gelegt, die Wölfe leckten ihre Wunden. Aber noch immer tobte die Schlacht der Worte um die Gunst des Mannes auf dem Heiligen Stuhl. Wieder kamen und gingen die Gesandten. Wieder füllten sich ihre Schatztruhen.
Zu Anfang des Jahres 1079, während die Königin noch um ihr Leben kämpfte, hatte es beinahe so ausgesehen, als habe sich die Waagschale zugunsten König Rudolfs gesenkt. Im November I078 waren die Kirchenfürsten in Rom nämlich zu einer Synode zusammengekommen, deren Ergebnis ein Brief Gregors an die Kleriker und Fürsten im Reich war. Er warnte beide Parteien davor, sich gegen die Legaten zu stellen, die im Reich für Ruhe sorgen sollten. Bis die Königsfrage geklärt sei, müssten beide Seiten Frieden bewahren. Das Schreiben enthielt erneut die deutliche Warnung Gregors, dass jedem, der sich nicht daran halte, der Bann drohe.
Das war der offizielle Brief, den der König mir nach meiner Ankunft in Goslar zeigte. Außerdem berichtete er mir von den vielen Versprechungen der Legaten. Nach all den Missetaten Heinrichs neige der Papst immer stärker der Seite Rudolfs zu, hatten sie ihm versichert. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis Gregor Heinrich erneut mit dem Bann belege. Wieder übte sich Rudolf in Geduld.
Im Februar hatte ihn dann ein Schreiben Gregors aus Italien erreicht, das schließlich alle seine Hoffnungen zunichte machte. Rudolf gab es mir zu lesen.
Bischof Gregor, Knecht der Knechte Gottes, entbietet König Rudolf und allen, die mit ihm im Sachsenreich weilen, den Bischöfen und auch den Herzögen, Grafen, Vornehmen und Geringen, Lossprechung der Sünden und apostolischen Segen. Da die Wahrheit, die Heilige Schrift, selbst sagt, dass all derer, die Verfolgung leiden, um der Gerechtigkeit willen das Himmelreich ist, und da der Apostel uns zuruft, dass nur der gekrönt werden kann, wer recht gekämpft hat, darum, meine Söhne, ermattet nicht in Folge des Kriegssturms, der euch schon seit langer Zeit nicht zur Ruhe kommen lässt; zweifelt nicht auf die Lügen irgendeiner trügerischen Person hin an unserer treuen Hilfe, sondern widmet euch noch mehr zum Schutz der christlichen Wahrheit und zur Verteidigung eurer adligen Freiheit der Mühe, die nun bald ein Ende haben soll; erhebt euch aus dem Unglück und macht euch und eure Leiber zu einer Mauer um das Haus Israel.
Das, was bereits in unseren beiden Synodalvereinbarungen über König Rudolf und über Heinrich festgesetzt und das, was dort über Frieden und Eintracht beschlossen wurde, könnt ihr durch unsere Briefe und unsere Legaten, falls sie nicht abgefangen wurden, genau erfahren, und wenn noch etwas zweifelhaft bleiben sollte, so werdet ihr das durch die Bischöfe von Metz und Passau und den Abt der Reichenau, die bei uns noch das Ende der Sache abwarten, unmittelbar hören, sobald sie zu euch gelangen. Schließlich sollt ihr versichert sein, dass wir ohne Wanken, mit allem nötigen Nachdruck, mit unserem inständigen Gebet, mit dem ganzen Gewicht unseres Amtes auf eure Bedürfnisse schonende Rücksicht nehmen. «
Das war der Brief, den Rudolf so sehnsüchtig erwartet hatte. Er brachte ihn keinen Schritt weiter. Der König hatte alle Mühe, nicht zu fluchen, als ich ihm das Pergament zurückgab. »Das sagt nichts, aber auch gar nichts«, donnerte er. »Ich verstehe das nicht. Erst macht Gregor große Versprechungen. In mehreren Synoden wurde die Angelegenheit verhandelt, alle kamen zu dem Ergebnis, dass Heinrich als König nicht haltbar sei. Dann machten uns die päpstliche Gesandten große Hoffnungen. Und nun das. Ich hätte mich niemals zum König wählen lassen, hätte ich gewusst, wie wankelmütig dieser >falsche Mönch Hildebrand< ist, wie er von vielen genannt wird.«
»Die Mutter Heinrichs steht ihm sehr nahe. Ebenso seine Kusine Mathilde von Canossa-Tuszien. Auch der Pate Heinrichs, Hugo von Cluny, wird wahrscheinlich für ihn sprechen. Und seine Stimme zählt viel«, erinnerte ich ihn.
»Das macht Heinrich auch nicht zu einem besseren König«, grollte Rudolf. »Ich verstehe Papst Gregor nicht. Heinrich bricht alle seine heiligen Eide, verhöhnt ihn offen, versucht alles, um ihn absetzen zu lassen — und der Papst lässt es sich gefallen, hört sich neue Lügen an und hält uns alle hin. Dabei wäre es so wichtig, dass er dieser
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