Waldos Lied (German Edition)
Adelheid vorstellen, ohne ihr Lächeln, die Art, wie sie es verstand, zuzuhören, Streitigkeiten zu schlichten oder einfach nur Trost zu spenden.
»Ich gehe in eine andere, eine bessere Welt«, brachte sie mühsam und mit vielen Unterbrechungen heraus. Dann wandte sie sich an mich. »Waldo, mein Freund, wenn ich nicht mehr bin, dann sorge dafür, dass ich nach St. Blasien komme. Ich möchte dort begraben werden. Neben Otto, meinem kleinen Sohn. Gib acht auf meine Kinder, ich stelle sie unter deinen Schutz. Ich bin glücklich darüber, dass wir uns begegnen durften. Grüße meinen Gemahl von mir. Sage ihm, dass ich ihm nichts nachtrage. Und dass ich ihn um Verzeihung bitte für alles, was ich ihm unwissentlich an Leid ...«
Sie sprach diesen Satz nicht mehr zu Ende. Es waren ihre letzten Worte. Danach tat sie noch einen erschöpften, jammervollen Atemzug. Ihr Körper bäumte sich auf, ihr Gesicht verzerrte sich vor Schmerzen und wurde dann glücklich und friedlich, als habe sie etwas Wunderschönes gesehen. Danach war es vorbei. Sie starb nicht lange vor Ostern im Jahr des Herrn 1079. Wir sandten Rudolf sofort Nachricht. Denn er wollte das Osterfest in der Lieblingspfalz Heinrichs, in Goslar, feiern.
Ich konnte den Sinn des Todes Adelheids von Rheinfelden nicht begreifen. Warum nahm dieser grausame Gott einen Menschen zu sich, der so voller Güte und Großherzigkeit gewesen war? Warum holte er sich nicht einen Mörder und Dieb wie Heinrich?
Drei Tage später brachten wir Adelheid heim, während die Sonne auf uns niederschien, der Frühlingsregen die Welt zum Grünen brachte und die Vögel zwitscherten. Überall sah man Anzeichen von neuem Leben. Ich hatte kein Auge für diese Schönheit, denn der Tod reiste mit.
Die Heimreise wurde noch bedrückender durch die sichtbaren Spuren der Verwüstung, die die Männer Heinrichs in unserer blühenden Heimat hinterlassen hatten. Doch trotz Not und Hoffnungslosigkeit kamen die Menschen herbei, um Königin Adelheid zum Abschied ein Stück des Weges zu begleiten, mit ihr war ein Licht erloschen, das ihnen Wärme und Hoffnung gegeben hatte.
Die kleine Agnes war in den schweren Tagen am Sterbebett ihrer Mutter erwachsen geworden. Still ritt sie zusammen mit ihrem Bruder Berthold neben ihr her. Auch dieser, der Jüngste, der Erbe des Hauses, sagte auf dieser Reise seiner Kindheit Adieu. Als habe er es schon immer getan, übernahm er die Verantwortung, gab Befehle und bemühte sich, seinen Vater in allem würdig zu vertreten. Er und seine Schwester hatten sich geweigert, im sicheren Schloss Burgdorf zu bleiben, während ihre Mutter zur letzten Ruhe an den Rhein zog.
Manchmal kamen sie auch zu mir. Denn sie wussten, dass zwischen der Königin und mir eine besondere Freundschaft bestanden hatte. Sie standen mir zwar nicht so nahe wie Adelheid, die Älteste, doch ich fand auch in ihnen vieles von ihrer Mutter wieder. Es tröstete mich sehr, mit ihnen von ihrer Mutter zu sprechen, und so hielten wir Adelheid mit unseren Erinnerungen an sie lebendig.
Schließlich kamen wir in St. Blasien an. Ich war glücklich, zu sehen, dass hier noch Frieden herrschte. Alles stand noch so da, wie ich es zum letzten Mal gesehen hatte. Wahrscheinlich hatte der Winter das Kloster gerettet, das hoch oben, zwischen weiten Wäldern gelegen, zu dieser Zeit nur schwer zu erreichen war. Die eisige Kälte hatte die Mordgelüste und die Gier der Männer Heinrichs auch in anderen Teilen des Reiches merklich abgekühlt.
An einem klaren, sonnigen Frühlingstag trugen wir die Königin in St. Blasien zu Grabe, legten sie, wie sie es sich gewünscht hatte, neben ihren kleinen Sohn Otto und ihre kleine Tochter Bertha, die beide schon bald nach der Geburt gestorben waren. Danach begleiteten Beringo, Meginfried, Kuno mit seinen Männern und ich Agnes und Berthold zu König Rudolf.
Ich weiß nicht, ob der König um seine Gemahlin weinte. Vielleicht wenn er allein war. Er sprach nur einmal über sie. »Erst jetzt, da sie nicht mehr unter uns ist, begreife ich, dass sie der Mittelpunkt meines Lebens war«, sagte er.
»Das war sie für uns alle«, antwortete ich ihm.
Die große Verantwortung, die auf ihm lastete, das Zögern des Papstes und der Verlust seiner Königin hatten ihn zu einem alten Mann gemacht.
Doch bald trafen die ersten Gesandten der großen Fürstenhäuser des Reiches in Goslar ein. Es gab viele, die dem König gerne eine ihrer Töchter zur Ehe gegeben hätten. Er wurde von allen Seiten bedrängt,
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