Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
Vom Netzwerk:
den dortigen Fürsten, sondern er schickt seine Vasallen, die die Sachsen hart malträtieren, die rauben, morden und ihre Frauen vergewaltigen. Herzog Otto von Northeim erzählte mir in Tribur davon. Du weißt vielleicht, dass der Herzog von Baiern einer vom Volk der Sachsen ist?«
    »Glaubt Ihr, es gibt Krieg in Sachsen, Herr? «
    »Ja, Waldo, das glaube ich. Zumindest, wenn Heinrich so weitermacht. Er hält sich an kein Recht, scheut die Plünderung keiner Kirche und unterstützt seine Leute sogar noch darin, sich auf dem Gebiet des Reiches zu benehmen, als seien sie in Feindesland, wenn es nur seinen Interessen dient. Der König rafft an sich, was er kann, um seine Kassen zu füllen und seine Macht zu stärken. Was ihm gefällt, nimmt er sich und schafft es in seine geliebte Harzburg oder in andere Burgen. Möge der Herr verhüten, dass er etwas Ähnliches gegen die Schwaben, die Alemannen oder die Burgunder plant.«
    »Werdet Ihr mit dem König ziehen, an seiner Seite kämpfen, wenn es Krieg geben sollte?«
    Rudolf von Rheinfelden antwortete nicht sofort. »Ich schwor ihm Treue«, erwiderte er dann zögernd. »Und nur, wenn ich ihm die Treue halte und auch weiter seine Pläne kenne, kann ich verhindern, dass Heinrich seine Schergen auch hierherschickt. «
    Ich wunderte mich damals über diese etwas ausweichende Antwort. Den Grund erfuhr ich erst Jahre später. Die Sachsen, erbost über die Plünderungen und Verwüstungen und später auch über den rücksichtslosen Bau von königlichen Burgen in ihrem Land, verhandelten bereits zu dieser Zeit im geheimen mit den Schwaben über ein Bündnis. Denn auch diese sollten nach dem Willen des Königs Zins auf ihre Erbgüter entrichten. Keines der Völker werde Heinrich IV. bei der Unterdrückung eines anderen Hilfe leisten, so sollte die Vereinbarung lauten. Dies alles sagte Rudolf mir jedoch nicht. Denn er traute mir nicht ganz.

 
     
    Doch da man seinem Verderben nicht entrinnen kann,
    erhobst du dich wiederum und ruhtest nicht, obwohl du
    besiegt.
     
    Carmen de bello Saxonico
     
     
    In der Osterzeit des Jahres io66 herrschte allenthalben große Aufregung und auch große Angst im Reich. Fast vierzehn Nächte hintereinander wurde ein Komet am Himmel gesehen. Die Menschen fürchteten sich sehr. Sie glaubten, er kündige großes Unheil an. Viele meinten auch, der Komet sei ein Zeichen des Himmels, ein Menetekel für den jungen König Heinrich, seinen losen Lebenswandel aufzugeben. Denn seine Hochzeit mit Bertha von Turin, der Schwester meiner Herzogin Adelheid von Rheinfelden, rückte näher. Andere glaubten gar, das Himmelszeichen wolle dem König bedeuten, von seiner Verehelichung mit der Fürstentochter aus dem Piemont abzusehen.
    Auf jeden Fall rückten die Menschen näher zusammen und begannen, wieder mehr zu Gott zu beten. Ich tröstete die Verängstigten, so gut ich konnte. Viele kamen aber auch zu mir, um mehr über ihre Zukunft zu erfahren. Adelheid von Rheinfelden kniete in diesen Ostertagen oft über Stunden, im Gebet versunken, in der Burgkapelle. Sie hatte sich nur langsam von der letzten Geburt erholt. Doch es hieß beim Gesinde, der Herzog habe wenig Rücksicht auf die Gesundheit seiner Gattin genommen und ihr schon kurz nach seiner Rückkehr vom Hoftag zu Tribur wieder beigewohnt. Er soll sogar mit Gewalt in ihr Gemach eingedrungen sein. So war sie erneut gesegneten Leibes. Vielleicht war es die Hoffnung auf einen Bruder für seinen immer noch schwächlichen Erben, vielleicht hatte der Komet so etwas wie Reue bei ihm hervorgerufen — Rudolf war in jenen Tagen etwas sanfter zu seiner Gemahlin. Selbst mein alter Rivale um die Gunst der Herzogin, des Herzogs Neffe Kuno, begegnete mir freundlicher.
    Aber kaum war der Komet vom Himmel verschwunden, da begannen die Menschen wieder in ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen.
    Doch nicht alle wurden durch den Kometen milder gestimmt: Wilhelm, der Normannenherzog, segelte in diesem Jahr mit Schiffen und Soldaten über das Meer. Er schlug grausame Schlachten unter dem Banner des Papstes mit der ausdrücklichen Billigung Heinrichs und seiner Ratgeber. Wilhelm der Eroberer, Spross der Wikinger, besiegte schließlich König Harold von Britannien und wurde am z 5. Dezember dort selbst zum König gekrönt.
    Doch schon wieder ist meine Feder schneller als der Lauf der Ereignisse. Heinrich, der junge König, lag nach seiner Ankunft in Fritzlar im Mai so krank darnieder, dass ihn die Ärzte aufgaben und die Fürsten

Weitere Kostenlose Bücher