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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Widerworte und ohne spitze Zunge. Immer ist sie bestrebt, das Gesinde der Burg zur Arbeit, zum Gebet und zu einem gottgefälligen Lebenswandel anzuhalten. Und dafür ist sie selbst das beste Beispiel. Sie ist ihrer Tochter Adelheid und Berthold, dem Erben des Herzogs, eine liebevolle Mutter, den Bediensteten eine gute und gerechte Herrin. Nie hörte ich von ihr ein böses oder beleidigendes Wort.«
    Die Falten auf Heinrichs Stirn wurden wieder tiefer. Es war klar, er hatte auf eine andere Beschreibung gehofft.
    »Mich dünkt, die Herzogin ist fast eine Heilige.« Das klang nicht sonderlich erfreut.
    Ich nickte.
    »Und was spricht sie von ihrer Schwester Bertha? «
    »Meine Herrin liebt ihre Schwester innig. Ja, sie spricht nicht nur mit großer Zuneigung, sondern sogar mit Bewunderung von ihr. Bertha sei eine Frau mit tiefem und aufrichtigem Glauben an den Allmächtigen, seinen Sohn und die Heilige Jungfrau Maria. Und sie lerne eifrig von ihrer Mutter Adelheid von Turin, um Euch eine gute Gattin und dem Reich eine gute Königin zu sein. Doch ich bin nur ein einfacher Diener meines Herrn. Die Gattin meines Herrn Rudolf hat mich in dieser Sache nicht weiter ins Vertrauen gezogen.«
    Das war viel Lob. Heinrichs Mienenspiel wurde immer ungnädiger. Ich war jedoch nicht im mindesten geneigt, das Zünglein an der Waage für eine solch weitreichende Entscheidung zu sein.
    »Und was ist mit dem Himmelszeichen, das jedermann in Schrecken versetzt? «
    Der König griff auch nach dem letzten Strohhalm.
    Ich bat um seine linke Hand und studierte die Linien der Handfläche ausgiebig. Ich sah, wie aufgewühlt Heinrich sein musste, denn die Hand war feucht von Schweiß und zitterte. Ich tat, als würde ich es nicht bemerken. Nach einer Weile blickte ich von der Hand auf und schaute ihn ernst an. Ich brauchte diese Zeit, um meine Worte wohl abzuwägen. Mir war bewusst, dass ich dabei war, in höchste Ungnade zu fallen.
    »Ihr habt recht, mein Herr und König. Der Komet war wirklich eine Warnung«, erwiderte ich bedächtig.
    Heinrich zog mit einem erfreuten Lächeln seine Hand zurück. Ich stand auf, denn meine innere Erregung war so stark, dass es mich nicht mehr auf meinem Schemel hielt.
    »Doch es war wohl eine andere Art von Warnung, als Ihr meint. Der Komet, die Verbindung der Sterne zum Tag Eurer Hochzeit und die Linien Eurer Hand sagen, dass Ihr mit Bertha von Turin viele Kinder haben werdet, darunter einen Sohn und Erben, der Euch auf dem Thron nachfolgt. Dies ist Eure Bestimmung, und der Himmel schickte einen Stern, um Euch davon abzuhalten, von diesem Wege abzuweichen.«
     
    Heinrich sprang auf. Er war außer sich vor Zorn. »Ich habe dich nicht gerufen, Zwerg, um dasselbe von dir zu hören, was die Kaiserinwitwe, der Bischof von Köln und andere predigen.«
    Wieder verneigte ich mich. Auch in meinem Inneren kochte langsam die Wut hoch. Der König benahm sich wie ein verzogener kleiner Junge. »Verzeiht dem niedrigsten Eurer Diener, mein König, wenn er Euch mit seinen Worten erzürnt haben sollte. Doch es ist nicht meine Botschaft, die ich weitergab, sondern ich deutete nur die Zeichen des Himmels und die Linien in Eurer Hand. Euch und dem Reich werden Gerechtigkeit und Frieden beschert sein, wenn Ihr Eurer künftigen Gemahlin Zuneigung und Respekt entgegenbringt. «
     
    Ich hätte mir am liebsten auf die Lippen gebissen. Mein ungestümes und trotziges Wesen hatte mir wieder einmal einen üblen Streich gespielt.
    Heinrich war kurz davor, mich zu schlagen, aber er beherrschte sich. Der König hatte sich in ein trotziges Kind verwandelt, das sich gegen das Schicksal und seine Pflicht auflehnt. »Ich hasse sie, hörst du, Zwerg, ich hasse sie. Ich will dieses Weib nicht. Geh mir aus den Augen. Du bist nichts als ein törichter Schwätzer und dumm wie Stroh. Wage dich künftig nicht in meine Nähe. Sonst könnte es geschehen, dass ich mich vergesse.«
    Ich duckte mich, als sei ich wirklich geschlagen worden. Dann verneigte ich mich und hinkte so würdevoll wie möglich aus dem Raum. Ich fürchte, ich konnte vor dem König nicht verbergen, dass es in mir brodelte wie in einem Kessel voller Suppe, der über dem Feuer hängt.
    Als sich meine Wut gelegt hatte, wurden mir die Folgen der Unterredung klar. Nun hatte ich einen weiteren Feind. Dieses Mal war es der König. Es hatte schon manchen das Leben gekostet, auch enge Vertraute und Freunde, Heinrich widersprochen zu haben. Meine einzige Hoffnung war, dass ich zu gering und

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