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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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trocken und keineswegs erfreut fest.
    »Ja, ich bin auch hier, um dem Herzog zur Seite zu stehen. Mein Oheim Rudolf schickte mich damals zu seinem Verwandten, dem Abt Adelgaud von Ebersheimmünster, damit ich standesgemäß erzogen würde. Später dann versah ich bei Berthold, dem Zähringer, meinen Ritterdienst. Jetzt bin ich zu Rudolf zurückgekehrt. Denn er braucht jeden im Umgang mit Waffen geübten Arm, da es wohl bald Krieg gibt. Ihr seht mich an, als hättet Ihr gerade in einen sauren Apfel gebissen. Ist es nicht die Aufgabe eines Heiligen, alle Menschen zu lieben?«
    »Nicht alle, nur die, die es verdienen«, erwiderte ich und musste gegen meinen Willen über seinen Spott lachen. Die alte feindselige Spannung zwischen uns schien trotz seiner rauen Sprache verschwunden zu sein. Aus zwei unreifen Jungen waren Männer geworden. Er muss es wohl ähnlich empfunden haben.
    »Nun, während ich den Umgang mit Schwert und Schild übte, habt Ihr Euch im Gebrauch der Worte geschult, wie ich merke. Ich glaube zwar, dass das Schwert die schnelleren Lösungen bringt, die Worte dafür die dauerhafteren«, meinte er versöhnlich. »Und wer weiß, vielleicht seid Ihr in der Zwischenzeit wirklich ebenso ein Heiliger geworden wie ich ein Krieger. Mit Heiligen soll man es sich im Krieg ja nicht verscherzen. Doch da hinten kommt jemand, der mir ein Stelldichein gewährt hat. Ihr entschuldigt mich, Waldo von St. Blasien. Manchmal hat der Minnedienst Vorrang vor der Unterhaltung mit einem Mönch. Aber das werdet Ihr wohl nicht verstehen.« Damit eilte er lachend davon.
    Ich sah mit Erstaunen, dass es Adelheid war, die Tochter Rudolfs, die mit einigen ihrer Gefährtinnen, wohl Töchtern von Rudolfs Vasallen, aus der Burg getreten war und nun auf ihn zuging. Sie war noch ein Kind. Gerade neun Jahre alt. Doch in der Art, wie sie ging, erkannte ich die verschämte Scheu einer jungen Frau, die gerade die Liebe entdeckt hat. Sie sah mich noch nicht einmal, und das gab mir einen Stich. Dann schalt ich mich einen Narren. Liebe, das war etwas anderes. Sophia hatte mich dies gelehrt.
    Ich fand die Herzogin sehr beschäftigt. Sie war mit ihren Frauen dabei, alles für den Aufbruch ihres Gemahls vorzubereiten.
    »Waldo, es tut meinem Herzen gut, dich zu sehen. Ich habe die Gespräche mit dir sehr vermisst.«
    Ich verneigte mich. »Auch ich habe Euch schmerzlich vermisst und bin glücklich, Euch so wohl — und gesegnet — wiederzusehen.«
    Früher hätte ich es niemals gewagt, meine Zuneigung zu Adelheid von Rheinfelden so unbefangen und offen zu zeigen. Sophia hatte auch das bewirkt. Ich hielt die Herzogin noch immer für die schönste Frau, die ich jemals gesehen hatte, obwohl sie durch die Geburten ihrer Kinder fülliger geworden war. Auch jetzt trug sie wieder ein Kind unter dem Herzen.
    Sie hielt einen Moment lang in ihrer Arbeit inne und betrachtete mich aufmerksam. »Du hast dich verändert, mein Freund, seit wir uns das letzte Mal sahen.«
    »Ich bin wieder ein wenig älter geworden«, antwortete ich scheinbar leichthin. Doch ich wusste genau, was sie meinte. Ich fühlte es ja auch.
    Sie sah meinen fragenden Blick und nickte. »Ja, Waldo, ich befinde mich wohl. Der Herzog, mein Gemahl, hat mich in Ehren wieder aufgenommen und behandelt mich, wie es sich geziemt. Ich hoffe, du verzeihst, wenn ich unsere Begegnung kurz halte, denn wie du siehst, haben wir Frauen noch einiges zu tun. Wir kämpfen unseren Kampf, bevor die Männer aufs Schlachtfeld ziehen und sich gegenseitig die Glieder zerhacken. Doch ich wollte dich wenigstens kurz begrüßen. Deshalb ließ ich dich rufen.«
    »Ich verstehe, was Ihr meint, wenn ich mich hier so umsehe, Herrin. In diesem Raume sieht es wirklich aus wie auf einem Schlachtfeld«, bestätigte ich lachend. »Dann will ich wohl besser gehen. Herrin?«
    Sie sah noch einmal auf.
    »Ich bin wirklich froh, dass es Euch gutgeht.«
    »Ich danke dir, Waldo, mein Freund«, antwortete sie leise und schenkte mir zum Abschied wieder ihr wunderschönes strahlendes Lächeln.
    Es steht einem Mann nicht an zu weinen. Doch als ich in jener Nacht auf meiner Strohmatte lag und zum ersten Mal die Muße hatte, darüber nachzusinnen, was ich mit dem Abschied von St. Blasien, vor allem aber von Sophia hatte aufgeben müssen, da weinte ich. Und ich schäme mich meiner Tränen nicht.
    Schon am nächsten Tag brach ich auf, um zu Berthold, dem Zähringer, auf seine Feste Limburg zu reisen. Herzog Rudolf bestand darauf, mir eine

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