Waldos Lied (German Edition)
Eskorte mit auf den Weg zu geben. Er ließ meinen Einwand nicht gelten, dass ein einzelner Mönch sehr viel weniger auffallen würde als ein Mönch in fürstlicher und dazu noch bewaffneter Begleitung. Er ließ einfach nicht mit sich reden. Als Führer meiner Eskorte hatte er einen Mann bestimmt, der mir nicht sonderlich angenehm war. Ich fügte mich zähneknirschend, denn der Herzog hatte jeden Widerspruch barsch zurückgewiesen. Kuno von Genf würde für meine Sicherheit sorgen. »Nun, dann werden wir wohl miteinander auskommen müssen«, meinte er trocken, als wir aufbrachen. Dem gab es nichts hinzuzufügen. Ich war ihm jedenfalls dankbar, dass er keine spöttische Bemerkung machte, als ich ungeschickt auf meine Stute Praxeldis kletterte, die mich auf dieser Reise wieder einmal tragen sollte.
Obwohl die Stimmung zwischen Kuno und mir besser geworden war, suchten wir während der Reise nicht gerade die Nähe des anderen. An einem Vormittag, die Sonne schien, und es war ein sehr angenehmes Reisen, lenkte er sein schweres Streitross neben meine zierliche Stute. Ich weiß nicht, was ihn gerade an jenem Tag auf die Idee brachte. Vielleicht stimmte ihn die Wärme der Sonnenstrahlen mitteilsam und friedlich. Wir unterhielten uns über Belanglosigkeiten, und ich dachte, dass er eigentlich gar kein so übler Kerl sei, wie ich immer geglaubt hatte. Er machte sich über vieles seine Gedanken.
»Adelheid liebt Euch sehr«, bemerkte er plötzlich.
»Nun, ich hatte die Gelegenheit, der Herzogin hin und wieder einen kleinen Dienst erweisen zu können«, erwiderte ich. »Aber von Liebe kann sicherlich nicht die Rede sein«, fügte ich hastig an. »Ich bin ihr Diener. Mehr nicht. «
»Ich spreche nicht von der Gemahlin Rudolfs«, stellte er richtig.
»Ihr meint ihre Tochter?«
»Ja, genau diese.«
»Warum kommt Ihr auf sie zu sprechen?«
»Wir trafen uns des Öfteren in der letzten Zeit. Sie wird einmal ein schönes Mädchen und eine noch schönere Frau werden. Ich fand sie immer sehr aufmerksam und bereit zuzuhören. Eine Frau, wie sie ein Mann sich wünscht. Und von Euch spricht sie mit einer solchen Verehrung und Zuneigung, dass man fast eifersüchtig werden könnte. «
»Sie ist doch noch ein Kind«, widersprach ich ihm. »Was sie für mich empfindet, ist nichts als die unschuldige Zuneigung für einen Diener ihrer Mutter, den sie bereits ihr Leben lang kennt. «
»Sie ist weniger ein Kind, als Ihr glaubt, Waldo von St. Blasien. Und sie ist schon fast mannbar. Manche Mädchen werden schon viel früher einem Mann versprochen. Mathilde, die Schwester des Königs, war zehn Jahre alt, als Rudolf von Rheinfelden sie an seinen Hof holte, und vierzehn, als er sie zur Frau nahm. In vier, fünf Jahren könnte dieses Kind, wie ihr sie nennt, einem Mann schon das Bett wärmen und ihm Erben schenken.«
»Und ihm eine gute Mitgift in die Ehe bringen. Sagt, habt Ihr besondere Absichten? « Der Verlauf dieses Gespräches gefiel mir gar nicht.
»Die Tochter Rudolfs ist ein Mensch, der leicht in Ehren gehalten werden kann. Außerdem hat es noch in keinem Fall geschadet, wenn eine Frau ihrem Gemahl eine gute Mitgift in die Ehe brachte. Aber ich würde sie auch ohne das nehmen, wenn sie das richtige Alter erreicht hat.« Plötzlich sprach er ganz offen und voller Gefühl.
Ich konnte kaum fassen, was ich da hörte. So hatte mich mein Eindruck doch nicht getrogen, als ich die beiden bei meinem Eintreffen auf der Burg zum ersten Mal zusammen gesehen hatte.
»Das sind ungewöhnliche Worte für einen Krieger, der bereits ein Mann ist, während ihr die Kindheit noch die Wangen rundet. Habt Ihr denn keine Kebsweiber, die Euch auf andere Gedanken bringen?« fragte ich grob. Ich wünschte mir in diesem Moment meinen Feind Kuno von Genf zurück.
Doch er ging mit keinem Wort auf die Beleidigung ein. »Waldo von St. Blasien, Ihr versteht wohl mehr von der Welt, als ich dachte. Doch die Lust im Bett und die Verbindung zweier Familien sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Selbst Bischöfe und Kardinäle heiraten nicht die Frauen, mit denen sie ihr Bett teilen.«
Ich wurde langsam ungehalten. »Und wie viele unglückliche Bastarde kommen aus diesen Ehen zur linken Hand auf die Welt? Es wird Zeit, dass sich wenigstens hier etwas ändert. «
»Also wollt auch Ihr den Zölibat?« fragte er mich erstaunt.
Ich dachte an Sophia. Noch vor kurzer Zeit hätte ich diese Frage mit einem überzeugten Ja beantwortet. Aber inzwischen hatte sich
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