Waldos Lied (German Edition)
vieles geändert.
Doch Kuno erwartete eigentlich gar keine Antwort. »Überlegt Euch einmal, wohin das führen würde. Wo soll die Kirche denn dann mit all den Ehefrauen, Kindern und Bastarden hin? Es gibt sie nun einmal. Wollt Ihr sie alle umbringen lassen?« Das war ein Argument. Doch mir lag nichts daran, dieses Thema zu vertiefen.
»Ihr könnt die Tochter des Herzogs nicht ehelichen«, kam ich unvermittelt auf unser vorheriges Thema zurück. »Ihr seid viel zu eng mit ihr verwandt. Vergesst nicht, Ihr seid der Sohn von Rudolfs Schwester und damit ihr Vetter ersten Grades.«
Kuno nickte, offensichtlich aufrichtig betrübt. »Da habt Ihr wohl recht. Es gibt nur einen Menschen, der einen Dispens für diese Ehe erteilen könnte, und das ist der Papst selbst. Ich hörte, Ihr habt über Agnes, die Mutter des Königs, gute Verbindungen zum Apostolischen Stuhl ...?«
Aha, das war es also, weshalb er mich in seine Herzensangelegenheiten eingeweiht hatte. »Ihr irrt«, erwiderte ich schroff. Außerdem war noch Alexander II. Papst, als sie sich wegen der Anklage gegen Herzog Rudolf nach Rom wandte. »Auch Alexander hätte Euch niemals den Dispens erteilt. Um so weniger wird es Hildebrand tun, der neue Papst Gregor VII., zumindest nach allem, was ich über ihn weiß.«
Kuno antwortete nicht darauf. So ritten wir noch eine ganze Weile stumm nebeneinanderher. Dann lenkte er sein Pferd wieder zu seinen Männern. Ich dachte, das sei das letzte, was ich in dieser Sache von ihm hören würde. Doch wieder einmal irrte ich mich.
Berthold von Zähringen empfing uns in allen Ehren. Kuno von Genf begrüßte er fast wie einen Sohn. Wir ruhten uns bei ihm einige Tage aus und brachen dann mit großem Gefolge zur wesentlich längeren Etappe auf. Es ging zum König nach Goslar. Am 29. Juni, dem Fest der Apostelfürsten Petrus und Paulus, sollte dort über den Feldzug gegen die Polen und Liutizen verhandelt werden.
Berthold von Zähringen war ein angenehmer Reisegefährte, rundlich und den guten Dingen des Lebens nicht abgeneigt. Er scherzte gern und wusste immer einen lustigen Spruch. Das erstaunte mich, denn das Leben hatte ihm gerade jetzt übel mitgespielt.
»Weißt du, Waldo von St. Blasien, was nützt es denn, wenn ich grüble und mich beklage und dabei vergesse, welche Schönheiten dieses Leben zu bieten hat. Das ändert doch nichts. Da lache ich lieber und freue mich meines Lebens. Wer weiß, wie es morgen aussieht.«
»Ich wünschte, unser König Heinrich wäre ebenso weise wie Ihr«, antwortete ich ihm.
Er lachte herzlich. »Der arme Junge! Bei allem, was ihm im Leben schon an Bösem widerfahren ist, da musste er einfach bei jedem an Verrat denken. Doch wenn Gott es will, dann werde ich mir in Goslar mein Herzogtum Kärnten wieder holen.«
Zu Kuno von Genf hatte Berthold eine große Zuneigung gefasst und sprach von ihm als einem ernsten und besonnenen jungen Mann, der es noch schwer haben würde, an das Erbe zu kommen, das seine Mutter, die verstorbene Schwester Rudolfs, mit in die Ehe mit Gerold von Genf, seinem Vater, gebracht hatte. Denn dessen zweite Frau tat immer noch alles, um den Sohn aus erster Ehe vom Erbe auszuschließen. Sie wollte die Allodien, eben alles, was zum Erbteil der Schwester des Rheinfelders gehörte, für ihre eigenen Kinder. Auch von Rudolf von Rheinfelden sprach Berthold nur in lobenden Worten. Durch seine Schilderungen lernte ich einen ganz anderen Rudolf kennen. Einen fröhlichen jungen Mann, einen tapferen Krieger und verlässlichen Waffengefährten. »Wir haben so manch guten Kampf Seite an Seite ausgefochten. Einmal hat der Rheinfelder mir sogar das Leben gerettet. Deshalb war ich ihm auch nicht gram, als er statt meiner zum Herzog von Schwaben ernannt wurde. Denn wäre er nicht gewesen, hätte aus mir auch kein Herzog von Schwaben werden können. Toten verleiht man eine solche Macht für gewöhnlich nicht, es sei denn, sie sind Heilige. Doch damit kann ich nicht dienen.«
Ich war tief beeindruckt von diesem Mann. Ich hatte nicht gewusst, dass Rudolf von Rheinfelden ihm ein Herzogtum weggenommen hatte. Und dennoch sah er es auf eine gelassene, ja sogar philosophische Weise. Berthold von Zähringen war nicht das, was man einen tiefgläubigen Menschen nannte. Aber auf seine Art war er ein besserer Christ als viele andere.
So verging die Reise sehr angenehm. Denn Berthold hatte auch dafür gesorgt, dass es uns an keiner Bequemlichkeit mangelte.
Als wir die königliche Pfalz in Goslar
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