Waldos Lied (German Edition)
widerstrebt mir zutiefst, meine Truppen in einen Krieg zu führen, der noch mehr Unrecht über das Volk der Sachsen bringt.«
Ich war zutiefst erschüttert und hatte meinen eigenen Kummer längst vergessen. »Was tut der König gegen solche Massaker? «
»Nichts. Im Gegenteil. Er sieht dieses Treiben offenbar mit Freude und stachelt seine Männer sogar noch dazu an. Er will dieses Land. Und wenn er etwas will, dann versucht er alles, um es zu bekommen. Hast du denn noch nie von der Festung Lüneburg gehört? «
Ich schüttelte den Kopf.
»Es war vor zwei Jahren, glaube ich. Da sah der König die herrliche Burg, die Ordulf von Sachsen sich baute, und begehrte sie für sich. Er ließ nichts unversucht, um sie zu bekommen. Um sich gegen den König wehren zu können, verbündete sich Ordulfs Sohn, Magnus mit Namen, mit Otto von Northeim, den du ja kennst. Doch Magnus wurde gefangengenommen und sitzt seitdem im Verlies der Harzburg. Alle Vermittlungsversuche seines Oheims Hermann, alles Gold, das dieser anbot, um seinen Neffen freizubekommen, nutzen nichts. Magnus ist noch immer der Gefangene des Königs. Denn Heinrich glaubt, dass die Sachsen es nicht wagen werden, gegen ihn in den Krieg zu ziehen, solange er einen ihrer Vornehmsten in seiner Gewalt hat. Es gibt noch viele andere Fürsten der Sachsen, die er um ihr Eigentum brachte, das er dann seinen Höflingen gab.
Wenn es so weitergeht, gibt es bald niemanden mehr, der diesen König aufhalten kann. Selbst der greise Bischof Anno von Köln hat um seinen Abschied als Berater Heinrichs gebeten, angeblich weil er sich der Last der Amtsgeschäfte nicht mehr gewachsen fühle. Der König tat nach außen hin zwar sehr bedauernd, aber es war ihm nichts lieber, als diesen Mann endlich los zu sein, der ihm ständig ins Gewissen redete.«
Rudolf lief bei diesen Worten im Raum hin und her, als sei er wirklich der Wolf, von dem er gesprochen hatte.
»Könnt Ihr nicht mit dem König reden? Ihm vor Augen führen, dass er unrecht tut? Nach ihm seid Ihr der erste Mann im Reich!«
Der Herzog lachte rau. »Aber ich bin auch der letzte, auf den er hört. Erst will er die Sachsen ausrotten oder vertreiben und dann mich. Er ist zwar einmal gescheitert, aber er wird es wieder versuchen. Vielleicht dieses Mal gleich mit Mord. Und dann plant er, meine Schwaben in Sachsen anzusiedeln. «
»Aber ich hörte, Ihr wärt beim König wieder in Gnaden aufgenommen? Wollte er nicht letztes Jahr zu Weihnachten sein Urteil verkünden?«
»Was Heinrich sagt und was er tut, sind immer zweierlei Dinge. Wohl bestellte er mich zum Fest der Geburt des Herrn zu sich in seine Pfalz nach Bamberg. Doch ich hütete mich, diesem Ruf zu folgen. Fast wäre es dadurch zum offenen Krieg zwischen uns gekommen. Doch einige der anderen Fürsten haben es geschafft, ihn angesichts des Festes des Friedens zur Milde zu mahnen. Ein Urteil wurde nicht gesprochen. Und weil er an mich nicht herankommen konnte, entzog er meinem alten Freund und Waffengefährten Berthold, dem Zähringer, sein Herzogtum Kärnten und gab es seinem Verwandten Markward. Ohne den Rat der Fürsten dazu zu hören. Nun behauptet er Berthold gegenüber, Markward habe es sich mit Gewalt genommen. Er könne gar nichts dafür. Es ist einfach lachhaft. Wer soll diesem König noch glauben?«
Ich ließ nicht locker. »Aber hat er Euch denn nicht schließlich zu Pfingsten doch wieder in Ehren aufgenommen? Wir hörten so etwas in St. Blasien und waren alle glücklich, dass der Krieg nun abgewendet zu sein schien. Es hat sogar einen Dankgottesdienst gegeben.«
»In Ehren! Dieser König weiß ja nicht einmal, was Ehre ist. Er braucht mich, um den Krieg gegen die Sachsen führen zu können. Nur deshalb machte er seinen Frieden mit mir. Doch ich traue diesem Frieden nicht. Wenn er mit meiner Hilfe die Sachsen geschlagen hat, dann wird er auf mich losgehen.«
»Das ist wahrlich ernst«, entgegnete ich bedachtsam. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
»Um das zu wissen, brauchte ich dich nicht zu holen, Waldo von St. Blasien. Also, was rätst du mir?«
»Verzeiht, Herr, wenn ich tölpelhaft erscheine. Doch mir war das ganze Ausmaß der Feindseligkeiten nicht klar. Ich muss erst einmal meine Gedanken ordnen.«
»Dann tue das, aber schnell. Ich komme nicht zur Ruhe, ehe wir nicht einen brauchbaren Plan haben.«
Da kam mir ein Gedanke. »Ich glaube, jetzt ist ein Mächtigerer gefragt als ich. «
»Nun komme mir nicht mit Gebeten, auch wenn du ein
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