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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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ihren Forderungen, die sie dem König schon in Goslar gestellt hatten. Sie nahmen dabei kein Blatt vor den Mund: Er solle endlich das Gesindel vom Hof verjagen, durch dessen Ratschläge er sich und das Land zugrunde gerichtet habe, und die Verwaltung der Reichsgeschäfte den Fürsten überlassen, denen sie zustehe. Außerdem sei es höchste Zeit, wenigstens jetzt in reiferem Alter den ruchlosen Schändlichkeiten zu entsagen, durch die er als junger Mann die königliche Würde entehrt habe. Sie baten ihn sogar dringend darum, auf ihre Wünsche einzugehen. Dann würden sie ihm bereitwillig die Treue halten und ihm dienen, wie freie, in einem freien Reich geborene Menschen ihrem König dienen. Alles andere bedeute Krieg. Aber sie wollten als Christen nicht in einer Gemeinschaft mit einem Menschen sein, der den christlichen Glauben durch gemeine Verbrechen verraten habe. Ihm würden sie nicht folgen, sich auch nicht mehr durch ihren Eid gebunden fühlen. Lieber würden sie bis zum letzten Blutstropfen gegen ihren barbarischen Feind und Unterdrücker kämpfen. Für die Kirche Gottes. Für den christlichen Glauben. Und auch für ihre Freiheit.
    Heinrich war tödlich beleidigt. Diese Worte würde er den Sachsen niemals verzeihen. Dennoch beeindruckte ihn die Entschlossenheit sehr, die hinter alledem zu spüren war. Doch er fand sich nicht zum Einlenken bereit. Er war überzeugt davon, dass die Gemüter der Sachsen sich schnell abkühlen würden, wenn es zu den ersten Kämpfen käme.
    Währenddessen zog sich der Ring der Belagerer immer enger um die Harzburg zusammen.
    Mich nahmen die Versammelten bei den Beratungen in der Burg kaum zur Kenntnis. Besonders der König benahm sich, als sei ich nicht vorhanden. Aber das kam meinen Absichten entgegen. So hörte ich vieles, was mir sonst vielleicht verborgen geblieben wäre.
    Dann kam wieder eine Nacht, in der mich eine raue Hand unsanft aus dem Schlaf rüttelte. Ich hatte keine Waffe bei mir, dennoch wäre ich der dunkelgekleideten Gestalt beinahe an die Kehle gefahren. Doch es war dem Angreifer ein leichtes, mich davon abzuhalten. Er presste mir die Hand auf den Mund, so dass ich fast daran erstickte, hielt mir ein Messer an den Hals und band mir ohne große Umstände die Hände zusammen. Dann zwang er mich, den Mund zu öffnen, und stopfte mir ein stinkendes Stück Stoff hinein, um mich am Schreien zu hindern. Mir wurde speiübel, und ich bekam kaum noch Luft. Ich hatte Todesangst. In diesem Moment glaubte ich, König Heinrich habe einen seiner Schergen geschickt, um zu vollenden, was ihm kurz vor Fruttuaria nur fast gelungen war.
    Um meiner Ehre willen hätte ich gerne berichtet, dass es zehn Männer waren, die mich da auf so entwürdigende Weise wie ein verschnürtes Bündel wegschafften. Doch es war nur einer, der allerdings Bärenkräfte hatte. Laufen musste ich jedoch selbst. Mit großer Ungeduld zerrte mein Entführer mich in den Innenhof der Burg und von dort aus weiter bis zu einem dunklen, feuchten Gang, der immer weiter bergab führte. Der Eingang war so gut im Schatten einer Mauer versteckt, dass er für einen Fremden kaum zu erkennen war. Dieser Mann musste sich in der Burg sehr gut auskennen.
    Ich keuchte hinter meinem stinkenden Knebel, mir wurde schon schwarz vor Augen, da ließ ich mich einfach auf den Boden fallen. Ich hätte keinen Schritt mehr weitergehen können. Mein Entführer brummte etwas. Dann bückte er sich und zog mir den Stofffetzen aus dem Mund. Mit einem tiefen Atemzug sog ich die muffige Luft des Ganges ein. Der Dunkle ließ mir Zeit, wieder zu Atem zu kommen.
    »Wenn Ihr mich umbringen wollt, dann tut es lieber gleich«, brachte ich schließlich, immer noch keuchend, hervor.
    Wieder brummte der Mann etwas Unverständliches. Dann riss er mich gnadenlos an meinen Handfesseln hoch und zog mich weiter. Wenigstens bekam ich jetzt Luft. Und dann, endlich, atmete ich wieder klare Nachtluft.
    Bis dahin hatte mein Entführer kein Wort gesprochen. Doch jetzt machte er den Mund auf. »Otto von Northeim schickt mich. Ich soll Euch nach Hoetensleben bringen. Steigt auf das Pferd.«
    »Dann bindet mir die Hände los«, fuhr ich ihn ebenso wütend wie erleichtert an. Ich hatte schon mein letztes Stündlein kommen sehen. So hatte ich mir die von Otto angekündigte Botschaft auf jeden Fall nicht vorgestellt. Die Antwort meines Entführers war ein erneutes mürrisches Brummen. Aber er tat, was ich von ihm wollte. Er hob mich sogar auf das Pferd.
    Während des

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