Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
Vom Netzwerk:
schnell.«
    »Eines können wir nun jedenfalls zum Täterprofil hinzufügen«, äußerte sich Polizeipsychologe Eschenberg. »Er will, dass die Taten bekannt werden. Es ist ihm wichtig, seine Werke öffentlich zu machen.«
    »Sonst hätte er kaum einen solchen Hinweis gegeben«, stimmte ihm Lindt zu.
    »Außerdem weicht er auch in seinem Vorgehen von dem ab, was bei Serienmördern sonst üblich ist.«
    »Sie meinen diese bekannten Grausamkeiten? Abschlachten, zerstückeln, ausweiden, verzehren?«
    »Es muss ja nicht gleich Kannibalismus sein, aber missbrauchen, sich am Leiden des Opfers aufgeilen, in blinder Wut 100 Mal darauf einstechen oder mit einer Eisenstange den Kopf zu Brei zertrümmern – das fehlt hier alles.«
    Lindt wiegte seinen Kopf: »Nur umbringen, möglichst schnell und möglichst sicher, darauf scheint es ihm anzukommen.«
    »Deshalb vermute ich, dass wir die Tatmotive nicht bei den Getöteten suchen dürfen. Die Ursache steckt sicherlich im Täter selbst, tief drin, eingebrannt.«
    »Kindheit?«, wollte Paul Wellmann wissen.
    »Denkbar«, antwortete Eschenberg. »Wie ich schon vor einiger Zeit gesagt habe, ist unsere Fachliteratur voll von prügelnden Vätern, betrunkenen Müttern, sexuellem Missbrauch, aber auch schon ein Aufwachsen in absoluter Gefühlskälte kann für ein Trauma aus Kindertagen sorgen.«
    »Und das bricht Jahrzehnte später einfach unkontrolliert aus?« Lindt zweifelte.
    »Es gab schon völlig unerklärliche Fälle, manchmal konnte man auch einen konkreten Anlass zuordnen. Eine kleine unbedeutende Begebenheit vielleicht, aber doch der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.«
    »Also, was können wir Ihrer Meinung nach jetzt noch tun? Ganz konkret?«
    »Tja«, kratzte sich der Profiler am Hinterkopf und zeigte zu den bereits durchgearbeiteten Aktenstapeln: »Sie waren ja schon sehr fleißig.«
    »Richtig«, meinte Paul Wellmann. »Bevorzugt haben wir Entlassene unter die Lupe genommen, besonders, wenn sie nicht aus dem Gefängnis, sondern aus der forensischen Psychiatrie kamen.«
    »Unser Chef misstraut den sogenannten erfolgreichen Therapien«, vervollständigte Jan Sternberg.
    »Sie haben nicht ganz unrecht«, musste Eschenberg zugeben und schaute dabei Oskar Lindt an. »Diese Fälle gibt es leider. Gute Prognose, Aussicht auf Resozialisierung, seitenweise wird in den Gutachten darüber geschrieben. Manchmal stimmt es, aber immer wieder stellt man erst zu spät fest, dass sich das Innerste eines Menschen auch nach Jahrzehnten nicht umkrempeln lässt.«
    »Nehmen Sie es mir bitte nicht übel«, antwortete Lindt. »Jeder sehnt sich nach Erfolgen, auch die Leute Ihres Berufsstandes. Das ist völlig verständlich, aber die Euphorie über den neuen Menschen, der angeblich aus der Behandlung hervorgeht, blendet manchmal vor der Realität.«
    Dann griff er in seine Aktentasche und legte die aktuelle Lokalseite der ›Badischen Neuesten Nachrichten‹ auf den Tisch. »Entwarnung für die Fächerstadt?«, stand dort groß und breit zu lesen. »Hardtwaldwürger mordet jetzt im Schwarzwald.«
    »Schön wärs«, knurrte der Leiter der SoKo »Waldstadt« und verzog sich in sein Büro, um eine Pressemitteilung für die Karlsruher Medien zu verfassen.
     
    Ein junger durchtrainierter Mountainbiker hatte an diesem Morgen schon um halb sieben Uhr sein Rad vor dem Freudenstädter Hauptbahnhof festgekettet. Mit einem dicken Bündel von Zeitungen verließ er wenige Minuten später wieder die Bahnhofsbuchhandlung. In der Bäckereifiliale auf der anderen Seite der Schalterhalle kaufte er noch eine Tüte mit Frühstücksbrötchen.
    Kurze Zeit später war er wieder daheim im kleinen niedrigen Haus am Manbachweg. Die Mutter schlief noch, das beruhigte ihn. Er legte die Brötchen auf den Küchentisch und verzog sich leise nach oben. Nach eineinhalb Stunden hatte er die ganze Tagespresse vollständig gesichtet.
    Stolz glättet er den Stapel von akkurat ausgeschnittenen Artikeln, zog einen schwarzen ledernen Aktenkoffer unter seinem Bett hervor, schloss ihn auf und legte die Blätter zu den übrigen in eine ebenso schwarze Sammelmappe aus Pappe. Er verstaute die Berichte über seine Werke wieder im Koffer, packte zwei dicke gebundene Bücher als Beschwerung obenauf, daneben die kleine Pappschachtel mit den feinen Pinseln und den sieben Farbdöschen. Sorgfältig schloss er ab.
    Vorsichtig öffnete er die Zimmertür und horchte nach unten. Immer noch war nichts zu hören. Befriedigt machte

Weitere Kostenlose Bücher