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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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Akteneinsicht.
     
    Der Bewohner einer Adresse in der Waldstadt konnte zu Hause nicht angetroffen werden. Auch in seiner Schule in Neureut, die von einer hilfreichen Nachbarin genannt worden war, fand ihn das Einsatzteam nicht. Die Schulleitung gab als Auskunft, der Kollege sei momentan nicht im Dienst.
    Oskar Lindt hörte die Funkmeldung mit. »Bitte später noch mal versuchen, ich kenne ihn persönlich – auch die näheren Umstände. Hat gerade eine unangenehme Sache am Hals. Ist so ein sportlicher junger Typ, der dreht bestimmt eine Runde auf seinem Mountainbike.«
     
    Gegen halb sieben wurde Tilmann Conradi unruhig. Nicht dass er sich etwa hätte drücken wollen, aber er war eben ein Mensch mit festen Gewohnheiten. Einigermaßen pünktlich Feierabend zu haben und den Abend zusammen mit seiner Frau bei einem stilvollen Menü zu genießen, gehörte dazu.
    Ebenso eine kleine Runde bis hinüber zum Wald, wo sich Alba noch ein wenig austoben durfte. Das kleine, fast reinweiße Temperamentsbündel wartete jeden Tag sehnsüchtig auf seine Rückkehr, begrüßte ihn mit wilden Freudensprüngen und schielte schon während des Abendessens andauernd zur Garderobe. Dort hing die kunstvoll bestickte Ausgehleine immer am vordersten Haken.
    Nachdem sich die Zahl der Observationen bis kurz vor sieben gerade mal auf vier erhöht hatte und insgesamt nur noch 12 Personen fehlten, getraute er sich, die Kollegen der Kriminalpolizei nun alleine zu lassen.
    »Über Handy können Sie mich jederzeit …«
    Lindt nickte lächelnd. »Kein Problem, wenn wir ihn haben, schicke ich einen Wagen.« Er hatte sich schon gewundert, dass Conradi es überhaupt so lange aushalten konnte.
    Kaum hatte er das Präsidium verlassen, drückte der Staatsanwalt die Eins auf seinem Mobiltelefon. Seit 17 Uhr war es schon das vierte Mal: »Jetzt konnte ich endlich wegkommen.«
    »Sie wartet schon so sehr – am besten ihr geht noch vor dem Essen.« Die Stimme seiner Frau klang leicht vorwurfsvoll.
     
    20 Minuten später waren ein kleiner weißer Jack-Russell-Terrier und ein kleiner leicht angegrauter Hundebesitzer bereits unterwegs. Mit aller Kraft zog die Hündin an der Leine. Hin zum Wald, endlich richtig Auslauf – ›Frauchen macht mich ja nie los‹ – endlich Stöckchen apportieren, in Kaninchenlöchern buddeln und voller Freude in die Höhe springen.
    Auf dem Gehweg strebten die beiden vorwärts, mal begrenzten Jägerzäune, mal dichte Hecken oder grüner Maschendraht die Grundstücke dahinter. Die Villa hinter der hohen, weiß gekalkten, mit mediterran anmutenden Mönch- und Nonnenziegeln gedeckten Mauer war vor Kurzem verkauft worden. In den letzten Tagen hatten öfter die Kastenwagen verschiedener Handwerker davor geparkt. Einer musste wohl vergessen haben, das schmale schmiedeeiserne Gartentörchen zu schließen. Alba schnupperte neugierig hinein. Conradi zog sie zurück, dachte ›Schlamperei‹, doch, was dann geschah, dauerte nur Sekunden.
    Ein dunkler Schatten löste sich aus dem riesigen Rhododendronbusch hinter der Mauer, schnellte mit vier langen Schritten nach vorne. Muskulöse Arme stülpten dem kleinen Staatsanwalt die Schlinge über den Kopf und rissen ihn rückwärts durch das offene Tor ins Halbdunkel. Der schmale, leichte, vor Schreck erstarrte Mann gab keinen Widerstand. Er flog fast, so kräftig zerrte ihn der Schwarze hinein. Wie glühend schnitt das Metall in den Kehlkopf, ihm wurde schwarz vor Augen, doch gleichzeitig hörte er einen grässlichen Schrei, der Druck gab nach, der Draht riss sich wieder aus seiner Haut. Er fiel rückwärts, kaum gewahrte er den schwarz maskierten Kopf, dann schlug er hart auf.
    Wütendes Kläffen holte ihn zurück. Er fühlte Nässe in seinem Gesicht, gleichzeitig wahnsinnige Schmerzen. Kopf, Hals, überall. Er schlug die Augen auf, seine Hand krampfte um die verzierte Leine. Schemenhaft erkannte er zwei Personen. Die Hündin bellte, geiferte, fletschte die Zähne, schäumte gleichzeitig. Die Schatten wichen erschrocken zurück. Blieben in sicherer Entfernung auf dem Gehweg. »Alba – aus!«, wollte er befehlen, aber er brachte keinen Ton heraus. Langsam kam er hoch, fühlte an seinen schmerzenden Hals, starrte auf die Hand voller Blut, hörte noch: »Ein Arzt, die Rettung!«, dann kippte er wieder nach hinten.
    Martinshörner weckten ihn zum zweiten Mal. Grün, zwei weiße Mützen, etwas flog durch die Luft, das wilde Kläffen klang gedämpfter. Eine Hand löste die Leine aus seinen erstarrten

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