Waldstadt
Aufkleber mit Nummer und Strichcode angebracht. »Diese Nummern finden sich auf der Liste dort wieder. Jede ist einer bestimmten Person zugeordnet. Auf keinen Fall durcheinanderbringen!«
Oskar Lindt fuhr fort: »Ihr bittet um eine freiwillige Speichelprobe. Dadurch soll ein Abgleich mit den DNA-Spuren des zweiten Mordfalls erfolgen. Das müsst ihr den Probanden aber nicht gleich auf die Nase binden. Sagt halt was von Routineuntersuchung oder so.«
»Wenn sich einer weigert«, ergänzte Tilmann Conradi, »dann zeigen Sie ihm das hier.« Er hielt ein Papier mit dem Siegel der Staatsanwaltschaft hoch. »Diese Anordnung hat jedes Team in den Unterlagen.«
»Wenn er sich dann immer noch weigert?«, fragte eine frischgebackene Kommissarin, die von der Verkehrspolizei zur SoKo abgeordnet worden war.
»Dann ist derjenige dringend verdächtig. Bringen Sie ihn mit hierher«, antwortete Conradi.
Die Kommissarin bohrte weiter: »Es könnte ja sein, einer weigert sich und lässt die Probe erst nehmen, nachdem er diese Verfügung gelesen hat. Müssen wir den auch festnehmen?«
»Danke fürs Mitdenken«, lächelte Lindt, »die Frage ist, ob Fluchtgefahr besteht. Wir gehen sehr stark davon aus, dass einer dieser 142 Männer unser Täter ist. Wenn er jetzt merkt, dass er dem DNA-Test nicht entgehen kann, gibt er vielleicht doch eine freiwillige Probe ab und überlegt dabei schon, wie er sich danach aus dem Staub machen könnte. Aber auch daran haben wir gedacht. Jeder, der sich zuerst weigert und dann doch zustimmt, muss anschließend lückenlos observiert werden.«
»Von wem?« Die Kollegin blieb penetrant. »Der kennt uns dann doch.«
»Keine Sorge, unser MEK ist in Bereitschaft und wird durch fünf Zivilfahrzeuge vom LKA aus Stuttgart verstärkt«, konnte sie der SoKo-Chef beruhigen. »Ihr müsst nur sofort Meldung machen und so lange dranbleiben, bis die Kollegen übernommen haben.«
KTU-Chef Willms gab danach eine kurze Anleitung, wie mit den langstieligen Wattestäbchen durch den Mund der Probanden zu fahren wäre. »Unbedingt Handschuhe tragen und den Deckel des Röhrchens sofort verschließen.«
Abschließend informierte Jan Sternberg noch über technische Einzelheiten: »Alle Beteiligten schalten auf diesen Einsatzkanal.« Er zeigte auf die Vorderseite des Aktenbündels. »Sämtliche Meldungen laufen bei uns im Lagezentrum zusammen. Dort sind wir ständig mindestens zu viert. Auch der Herr Staatsanwalt ist dabei.«
Conradi nahm den Ball auf: »Schluss ist erst, wenn wir entweder 142 Speichelproben oder den Mörder haben!«
Die Kommissarin meldete sich ein letztes Mal: »Und wenn einer so schlau ist, dass er gleich freiwillig mitmacht und dann flüchtet?«
»Restrisiko«, nickte Lindt. »Aber alle können wir eben nicht observieren.«
Die Jagd begann um elf Uhr. Lindts engste Mitarbeiter besetzten zusammen mit dem Staatsanwalt und zwei Beamten der Schutzpolizei drei Funktische in einem separaten Raum neben der Zentrale.
Die erste Meldung kam um halb 12. Freiwillige Probe von Nummer 83. Sternberg markierte den Namen in seiner Tabelle grün. Bis um halb zwei waren bereits 27 Felder in derselben Farbe hinterlegt.
Dann die erste Unregelmäßigkeit. Ein Mitarbeiter im Kontrollcenter der Deutschen Flugsicherung in der Rintheimer Querallee war an seinem Arbeitsplatz aufgesucht worden. »Massiver Eingriff in die Bürgerrechte«, kam über Funk. »Er wollte unbedingt erst die Anordnung der Staatsanwaltschaft durchlesen.«
Lindt und Conradi schauten sich an. »Hört sich zwar harmlos an, aber trotzdem erst mal observieren – vielleicht könnt ihr unauffällig rausbringen, wann er Dienstschluss hat.«
Eine Viertelstunde später war der Wagen des Mannes auf dem Parkplatz gefunden und ein verbeulter Fiat Croma bezog in der übernächsten Reihe Posten. Ein Ford Fiesta mit getönten Scheiben stand auf dem Parkstreifen gegenüber der Ausfahrt.
Gegen 16 Uhr kam die Polizeipräsidentin persönlich ins Lagezentrum. »Die Hälfte haben wir schon«, informierte Lindt. »74 Freiwillige und erst zwei, die beschattet werden.«
Gegen halb sechs rief eine erboste Rechtsanwältin an. Ihr Mandant, ein Architekt aus der Oststadt, sei in seinem Büro von zwei Polizisten ›bedrängt‹ worden. Der Freiberufler wollte der Polizei zwar gerne helfen, aber sichergehen, dass seine Daten nach der Aktion umgehend wieder gelöscht würden. Staatsanwalt Conradi konnte die Juristin schließlich überzeugen und vereinbarte
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