Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
Vom Netzwerk:
lass’ ich mein Leben, eh’ das geschieht," antwortete Dietleib unwillig.
    "Dann musst du so lange hier bleiben, bis du andern Sinnes wirst." Und schnell sprang Laurin hinaus, schlug die Türe zu und schon den Riegel vor. Dann kehrte er in den Saal zurück zu seinen Gästen. Er hiess neuen Wein auftragen; heimlich mischte er einen Zaubertrank darunter und nötigte zu eifrigem Trinken; bald sanken die vier, vom Schlaf überwältigt, auf die Bänke; da legte Laurin ihnen Fesseln an und warf sie in einen Kerker. Als sie erwachten und merkten, dass die gebunden waren, geriet Dietrich in grossen Zorn; sein Feueratem versengte seine Fesseln; Hand und Füsse machte er los und befreite auch seine Genossen. Aber ihr Kerker war fest verschlossen; sie konnten nicht heraus.
    Kunhild schlich an Dietleibs Kammer und schob den Riegel fort; grimmen Zornes voll sprang der heraus: "Wo sind meine Genossen? Auf deine Treue, sage mir das, vielliebe Schwester!"
    "Gefangen und gebunden liegen sie in einem tiefen, dunklen Kerker."
    "Schaffe mir meine Waffen zur Hand, dass ich sie befreien kann." Sie gab ihm einen Goldreif und sprach: "Nimm diesen Ring und steck’ ihn an deinen Finger; dann wirst du die vielen Zwerge hier im Berg sehen."
    Er tat so und sah sie ...
    "Hätt’ ich nur meine Waffen! Ich erschlüge sie alle! Es ist ein ungetreues Volk."
    "Komm," sprach Kunhild und führte ihn in den Saal, wo die Waffen noch lagen und half ihm, sich waffnen; den Helm band sie ihm auf, das Schwert gab sie ihm in die Hand.
    "Hüte dich vor Laurin," warnte sie besorgt und sprach noch einen Segen übet ihn. Dietleib nahm auch die Waffen seiner Gesellen und trug sie – Kunhild wies den Weg – an den Kerker; – der Riegel flog zurück, und er warf die Waffen in das Gewölbe vor seine Genossen hin, dass es im Berg erklang. Das hörte Laurin und blies in sein Heerhorn; durch den Berg erscholl es und rief die Zwerge zu den Waffen. Sie griffen nach Brünne, Helm und Schwert und kamen gelaufen, dreitausend an der Zahl oder mehr.
    "Keiner von meinen Gästen bleibt am Leben," befahl Laurin und zog an ihrer Spitze vor den Kerker; da stand Dietleib, der schwang sein Schwert, sprang unter die Zwerge und erschlug ihrer viele. Darob erzürnte Laurin und lief Dietleib an; er schlug ihm tiefe Wunden, während eine Schar Zwerge ihn im Rücken anfiel. Dietleib konnte Laurin nichts anhaben, und soviel er der Zwerge erschlug, gleich waren wieder andre da; sie drängten ihn zuletzt in das Kerkergewölbe. Unterdessen hatten Hildebrand und Dietrich die Waffen angelegt und kamen nun herzu.
    "Ich höre von Waffenlärm den Berg ‘erdosen’ und sehe doch keine Feinde," rief Dietrich.
    "Nimm hier Laurins Gürtel," antwortete Hildebrand, "umgürte dich damit, dann wirst du ihrer genug sehen." Dietrich tat so und sah die Zwerge und wie sie Dietleib bedrängten. Da sprang er mit gezücktem Schwert unter sie und trieb sie hinweg: "Bleibt zurück, Genossen," sprach er, "ihr seht die Zwerge nicht."
    "Herr," bat Hildebrand, "Laurin trägt an der rechten Hand ein Ringlein; davon hat er die grosse Stärke; schlag’ ihm die Hand ab und gib mir den Ring."
    Dietrich trat nun vor die Kerkertür, da sprang ihm Laurin entgegen und schlug ihm Wunde auf Wunde. Heiss und heisser entbrannte des Berners Kampfzorn; sein Feueratem versengte Laurins Brünne, und mit sausendem Hieb schlug er ihm den Ringfinger ab; da erschrak der Zwerg, aber hurtig griff Dietrich nach dem Ring und warf ihn Hildebrand zu, der ihn ansteckte und alsogleich die Zwerge ringsum schaute.
    Voller Schrecken war da ein Zwerglein vor den Berg gelaufen und blies in ein schallendes Horn; da stampften fünf Riesen herzu, die waren den Zwergen dienstbar; mit langen Stangen kamen sie gelaufen gegen Dietrich und Dietleib.
    "Riesen seh’ ich kommen, da muss ich euch helfen," rief Hildebrand und trat an Dietleibs Seite.
    Tief im Kerker sprach Wittig: "Wollen wir nun müssig stehen, Wolfhart?"
    "In den Kampf sollen wir gehn!" rief Wolfhart. "Wo wir Lärm schallen hören, dorthin lass uns dringen und blind mit dem Schwert drein hau’n."
    Sie rückten die Helme und Schilde zurecht und stürmten dem Lärm nach. Da rief Kunhild sie an: "Ihr Helden, wartet; nehmt jeder einen Goldreif an den Finger, dass ihr eure Feinde sehen könnt."
    Freudig nahmen sie die Gabe und sahen vor sich die unzählbar vielen Zwerge; mit scharfen Schwerthieben fegten sie sich Bahn durch die dichten Reihen, bis sie zu ihren Genossen vor die Riesen kamen.

Weitere Kostenlose Bücher