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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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unters Kopfkissen legen, sondern kommen um ihrer Freundschaft willen. Da ritt Dietrich zu Etzel mit fünfhundert Kriegern und allen seinen Genossen.
    Gemeinsam brachen nun die beiden Fürsten ins Wilkinenland. Oserich kam ihnen entgegengezogen mit einem gewaltigen Heere; da ward eine männervernichtende Schlacht geschlagen. Hildebrand trug das Löwenbanner Dietrichs; er ritt voran; zu beiden Seiten hauend, warf er einen Toten auf den andern. Hinter ihm folgten Dietrich und seine Gefährten in übermütiger Kampflust, einer stets dem andern beispringend in Not und Gefahr; keine Schar widerstand ihrem Ansturm. Da kam ihnen Widolf entgegengelaufen. Wittig war weit vor seinen Genossen; der Riese hub die Eisenstange und schlug ihn damit so grimmig auf den Kopf, dass er betäubt auf die Erde stürzte. Heime war in der Nähe und sah ihn fallen; rasch sprang er hinzu, nahm dem Betäubten das Schwert Mimung und eilte fort. Über Wittigs Fall siegjauchzten die Wilkinen und drangen immer weiter vor. Aber Dietrich rief den Seinen zu: "Lasst nun den Übermut; schliesst eure Reih’n und zeigt den Wilkinen Amalungenhiebe."
    Um ihren König geschart ritten die Berner nun so ungestüm in den Feind, dass Oserich sich zur Flucht wandte. Dietrich und Etzel verfolgten ihn. Da kam Hertnit, König Oserichs Brudersohn, mit seiner Schar aufs Schlachtfeld, seinem Ohm Hilfe zu bringen; aber er kam zu spät, auch er musste fliehen. Er sah den immer noch betäubt daliegenden Wittig; er erkannte dessen Wappen und ihn selber vom Sehen und Sagen. Rasch banden sie den Wehrlosen und nahmen ihn mit. Die Wilkinen hielten ihre Rosse nicht eher an, als bis sie zu Hause waren. Den Gefangenen liess der König in den Kerker seiner Burg werfen.
    König Dietrich kehrte nach Bern zurück, voll des Grams um Wittigs Verlust. Wildeber bat ihn um Urlaub; nicht wolle er nach Bern zurückkehren, erlange er nicht sichre Kunde von Wittigs Leben oder Tod. So blieb er an Etzels Hof, und bald gesellte sich zu ihm Isung, der Spielmann. Ihn hatte Dietrich auf Kundschaft geschickt nach Wittig; denn Spielleute konnten frei und unbehindert durch aller Herren Länder ziehen. Einen ganzen Tag lang ergötzte er durch seine Kunst Etzel und alle Burgleute. Am Abend aber, als alle schliefen, suchte Wildeber den Spielmann und bat ihn um Beistand zur Ausführung seines Vorhabens: "Durch deine Kunst und List, Isung, hilf mir dazu, dass ich mit dir in Oserichs Halle komme, ohne dass man mich erkennt."
    "Wohl, morgen früh bin ich bereit zur Reise; rüste auch du dich bis dahin."
    Wildeber hatte auf einer Jagd, als er allein im Walde zurückblieb, einen übergrossen Bären erlegt; dem hatte er die Haut abgezogen und sie an einem nur ihm bekannten Ort verborgen. Die Bärenhaut nahm er nun heimlich mit. Zu König Etzel sagte er: "Ich will heimfahren nach Amalungenland; bald komm’ ich zurück; allein, ohne meine Mannen geh’ ich; nur Isung der Spielmann zieht mit mir."
    So gingen die beiden fort, und als sie auf einsame Strasse kamen, zog Wildeber die Haut hervor und zeigte sie Isung: "Nun sieh hier, kluger Spielmann, meine Jagdbeute, die nahm ich mit; vielleicht dient sie uns zu einer List?"
    Isung betrachtete die Haut von allen Seiten, dann lachte er: "Fahre hinein, Wildeber, gerüstet wie du bist; ich führe dich als Bären zu König Oserich." Wildeber fuhr in den Balg, und der Spielmann nähte die Haut fest zusammen an Händen und Füssen und wo es not war; und tat das mit so viel Geschicklichkeit, dass Wildeber darin wirklich einem ungeheuren Bären gleichsah. Dann legte er ihm noch einen eisernen Reifen um den Hals und führte ihn am Seile hinter sich her. So kamen sie ins Wilkinenland; dicht vor der Königsburg trafen sie einen Mann. Isung knüpfte ein Gespräch an und erfuhr gar bald, was er wissen wollte; dass Wittig in der Königsburg im Kerker lag und dass Hertnit nicht dort war.
    König Oserich empfing den Spielmann freundlich: "Was kannst du denn so vieles spielen?" fragte er, "dass man dich preist über alle andern Sänger?"
    "Herr König, hier im Land wird wenig gespielt werden, das ich nicht besser zu singen verstünde!" Und nun schlug er die ihm gereichte Harfe so wunderbar schön, wie nie zuvor ein Saitenspiel erklungen war im Wilkinenland. Sein Bär aber hub sich auf die Hinterfüsse und tanzte und hüpfte dazu. "Weisleu" nannte ihn der Spielmann; alle staunten über das seltne Schauspiel. "Kommt ihm nicht zu nahe," warnte Isung: "er kratzt und zerreisst alles, was

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